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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sich dann jedoch anders. »Das ist eigentlich die beste Lösung. Lasst Brashen Kapitän Vestrit empfangen. Er ist immerhin sein Erster Maat. Ihr könnt weiter dafür sorgen, dass die Fracht Eures Kapitäns entladen wird.«
    »An Bord kann es nur einen Kapitän geben«, erklärte Gantry. Er sah sie nicht an, als spräche er nicht mit ihr, aber sie antwortete ihm dennoch.
    »Das ist richtig, Seemann. Und wenn Kapitän Vestrit an Bord ist, gibt es auch nur einen Kapitän. Ich bezweifle, dass Ihr unter der Besatzung viele Männer findet, die das anzweifeln.«
    Sie richtete den Blick auf den Schiffszimmerer.
    Auch wenn sie den Mann seit dem Vorfall mit Kyle nicht sonderlich schätzte, wusste sie doch, dass er ihrem Vater gegenüber immer absolut loyal gewesen war. Sie sah ihm in die Augen und sprach ihn an. »Helft Brashen, wie er es verlangt. Und beeilt Euch. Mein Vater wird bald hier eintreffen. Und falls dies das letzte Mal ist, dass er seinen Fuß an Bord setzt, möchte ich gern, dass er die Viviace in tadellosem Zustand vorfindet und die Mannschaft bei der Arbeit.«
    Dieser einfache Appell genügte. Plötzliches Verstehen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, und der Blick, den er den anderen Seeleuten zuwarf, trug die Botschaft schnell weiter. Dies hier war ernst, und die Zeit drängte. Der Mann, unter dem sie – zum Teil zwanzig Jahre lang – gedient hatten, kam an Bord, um zu sterben. Er hatte oft damit geprahlt, dass dies die beste Mannschaft war, die je von Bingtown aus in See gestochen war; und Sa wusste, dass sie unter ihm mehr verdient hatten, als sie auf jedem anderen Schiff bekommen hätten.
    »Ich suche Brashen«, versicherte ihr der Zimmerer und ging zielstrebig davon. Gantry holte Luft, als wollte er ihn zurückhalten. Doch stattdessen hielt er einen Moment inne und bellte dann Befehle, um mit der Löschung der Fracht fortzufahren. Er drehte sich gerade soweit um, dass Althea nicht mehr in seiner Blickrichtung stand. Sie war damit entlassen. Ärger wallte in ihr auf, aber sie rief sich ins Gedächtnis, dass sie keine Zeit hatte, auf solch armselige Frechheiten zu reagieren. Ihr Vater lag im Sterben.
    Sie ging zu dem Segelmacher und ließ sich von ihm eine Länge sauberes Segeltuch geben. Als sie wieder an Deck kam, sprach Brashen mit dem Schiffszimmerer. Er deutete auf die Wanten, während sie diskutierten, wie sie die Leinwand aufhängen sollten. Als er sich zu Althea umdrehte, sah sie, dass sein linkes Auge geschwollen war. Er war es also gewesen, mit dem sich der Erste Maat in die Haare gekriegt hatte. Nun, worum es auch gegangen war, anscheinend hatten sie es auf die übliche Art und Weise geklärt.
    Sie konnte jetzt nicht viel mehr tun, als herumzustehen und zuzuschauen. Sie hatte Brashen das Kommando gegeben, und er hatte es akzeptiert. Eines hatte sie von ihrem Vater gelernt:
    Wenn man einem Mann eine Aufgabe übertrug, dann saß man ihm nicht im Nacken, während er sie erledigte. Und sie wollte auch Gantry keine Gelegenheit geben, sie anzuknurren, dass sie nur im Weg war. Da sie nichts mehr tun konnte, ging sie hinunter in ihre Kajüte.
    Sie war vollkommen leer geräumt – bis auf das Gemälde der Viviace . Der Anblick der leeren Regale zerriss ihr beinahe das Herz. All ihre Besitztümer waren sorgfältig und ordentlich in mehreren offenen Kisten im ganzen Raum verstaut. Planken, Nägel und ein Hammer lagen auf dem Boden. Anscheinend war das die Aufgabe gewesen, von der Brashen weggerufen worden war.
    Sie setzte sich auf die dicke Matratze der Koje und starrte auf die Kisten. Ihr Trotz drängte sie, ihre Dinge wieder auszupacken und sie zurück an ihre angestammten Plätze zu stellen.
    Doch plötzlich überkam sie eine tiefe Trauer. Sie konnte nicht schluchzen, ja nicht einmal Luft holen, um die Enge in ihrer Brust zu lindern. Ihr Wunsch zu weinen war ein schrecklicher, erdrückender Schmerz, der sie fast erstickte. Sie saß in ihrer Koje, den Mund geöffnet und rang nach Luft. Als sie schließlich wieder atmen konnte, drangen nur Schluchzer aus ihrem Mund.
    Sie hatte kein Taschentuch, nur die Ärmel ihres Kleides, aber wie herzlos musste sie sein, dass sie in einem solchen Moment an Taschentücher dachte? Sie senkte den Kopf und schlug die Hände vors Gesicht. Jetzt endlich gelang es ihr, einfach nur zu weinen.

    Sie gingen los, einander haltend und Trost zusprechend. Wintrow blieb nichts anderes übrig, als hinterherzugehen. Was hätte er sonst tun sollen? Er war jetzt seit fünf Tagen in

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