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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bingtown, und er hatte immer noch keine Ahnung, warum sie ihn nach Hause gerufen hatten. Sein Großvater lag im Sterben, das begriff er natürlich, aber er konnte nur schwer verstehen, was er jetzt ihrer Meinung nach tun sollte, ja, er wusste nicht einmal, welche Reaktion sie von ihm erwarteten.
    Im Sterben war der alte Mann noch furchteinflößender als im Leben. Als Wintrow noch klein gewesen war, hatte ihn die bloße Lebenskraft dieses Mannes eingeschüchtert. Und jetzt war es die Schwärze seines Todes, die aus ihm herausströmte und mit ihrer Dunkelheit den Raum verfinsterte. Auf dem Schiff nach Hause hatte Wintrow sich ernsthaft vorgenommen, wenigstens etwas über seinen Großvater zu erfahren, bevor der alte Mann starb. Aber dafür war es jetzt zu spät. In seinen letzten Wochen schien Ephron Vestrit nur noch aus dem verzweifelten Bemühen bestanden zu haben, sich um jeden Preis am Leben zu halten. Er hatte um jeden Atemzug gerungen, und das nicht wegen seines Enkelsohnes. Nein. Er wartete nur auf die Rückkehr seines Schiffes.
    Nicht dass Wintrow viel Zeit mit seinem Großvater verbracht hätte. Direkt nach seiner Ankunft hatte seine Mutter ihm kaum die Zeit gelassen, sich den Staub von Gesicht und Händen zu waschen, bevor sie ihn hineingeführt und seinem Großvater präsentiert hatte. Desorientiert von der langen Seereise und der ratternden Fahrt durch die heiße und hektische Stadt, konnte Wintrow kaum begreifen, dass diese kleine, dunkelhaarige Frau die Mutter war, zu der er einmal aufgesehen hatte. Der Raum, in den sie ihn drängte, war gegen die Helligkeit und die Hitze der Sonne mit dunklen Vorhängen geschützt. Drinnen saß eine Frau auf einem Stuhl neben dem Bett. In dem Raum roch es säuerlich und stickig, und er konnte nur still dastehen, als die Frau sich erhob und ihn umarmte. Sie packte seinen Arm, kaum dass seine Mutter ihn losgelassen hatte, und zog ihn neben das Bett.
    »Ephron«, sagte sie ruhig. »Ephron, Wintrow ist da.«
    In dem Bett rührte sich ein Schatten, hustete und murmelte etwas, das ein Erkennen ausdrücken mochte. Wintrow stand da, von dem Griff seiner Großmutter wie gefesselt, und sagte:
    »Hallo, Großvater, ich bin zu Besuch gekommen.«
    Wenn der alte Mann es überhaupt gehört hatte, machte er sich nicht die Mühe zu antworten. Nach einigen Augenblicken hustete er erneut und fragte heiser: »Schiff?«
    »Nein. Noch nicht«, antwortete seine Großmutter liebevoll.
    Sie blieben noch eine Weile stehen, er, seine Mutter und seine Großmutter. Als der alte Mann sich nicht weiter bewegte und auch offensichtlich keine Notiz von ihnen nahm, sagte seine Großmutter: »Ich glaube, er will jetzt ruhen, Wintrow Ich lasse später nach dir schicken, wenn er sich besser fühlt.«
    Aber das war nicht passiert. Jetzt war sein Vater da, und die Nachricht von Ephron Vestrits bevorstehendem Tod war offenbar alles, was er begreifen konnte. Er hatte Wintrow einen Blick zugeworfen, als er seine Frau umarmte. Seine Augen hatten sich kurz geweitet, und er nickte seinem Ältesten zu, doch dann hatte seine Mutter Keffria ihr Lamento begonnen und den Schwall von schlechten Nachrichten und den entsprechenden Konsequenzen über ihn ausgegossen. Wintrow stand abseits wie ein Fremder, als erst seine Schwester Malta und dann sein jüngerer Bruder Seiden ihren Vater mit einer Umarmung begrüßten. Wenigstens hatte Keffria eine kurze Pause in ihrem Wehklagen eingelegt, und er trat vor, verbeugte sich und schüttelte seinem Vater die Hand.
    »So. Mein Sohn, der Priester«, begrüßte ihn sein Vater, und Wintrow war sich nicht sicher, ob da nicht ein verächtlicher Unterton in seiner Stimme mitschwang. Die nächsten Worte jedenfalls überraschten ihn nicht. »Deine kleine Schwester ist größer als du. Und warum trägst du eine Kutte wie eine Frau?«
    »Kyle!« tadelte seine Mutter ihren Ehemann, doch der wandte sich ab, ohne auf eine Antwort zu warten.
    Nachdem er mitverfolgt hatte, wie seine Tante zum Hafen lief, folgte er den anderen wieder ins Haus. Die Erwachsenen diskutierten bereits, wie sie Ephron am besten zum Schiff bringen konnten und was man später dort noch brauchte. Malta und Seiden liefen hinterher und versuchten vergeblich, von ihrer Mutter Antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Sie wurden ständig von ihrer Großmutter zum Schweigen aufgefordert.
    Und hinter allen schlich Wintrow her, fühlte sich weder als Erwachsener noch als Kind und diesen Leuten auch nicht wirklich zugehörig.
    Auf der

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