Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
weiter die Lustkräuter zu bekommen, mit denen Chalced ihn so großzügig bedachte. Dieselben alten Klagen, dachte Althea, aber nur ganz wenige in Bingtown würden aufstehen und etwas dagegen unternehmen.
Als sie das letzte Mal mit ihrem Vater in das Alte-Händler-Konzil gegangen war, war er aufgestanden und hatte ihnen einfach geraten, es zu verbieten. »Bingtown ist unsere Stadt«, hatte er entschlossen gesagt, »nicht die des Satrap. Wir sollten alle unseren Teil zu einem eigenen Patrouillenboot beitragen und Sklavenschiffen einfach den Zugang zu unserem Hafen verwehren. Und schickt auch die Getreideschiffe der Chalcedeaner zurück, wenn sie sich weigern, eine Steuer auf Wasser und Lebensmittel zu zahlen. Sollen sie ihre Vorräte doch woanders auffüllen, vielleicht in einer der Piratenstädte, und herausfinden, ob sie dort besser behandelt werden.«
Ein brüllender Aufschrei erhob sich bei seinen Worten, gespeist sowohl aus Entsetzen als auch aus Zustimmung, aber als es zur Abstimmung kam, hatte das Konzil es nicht geschafft, die Initiative zu ergreifen. »Warte noch ein Jahr oder zwei«, hatte ihr Vater Althea gesagt, als sie gingen. »So lange braucht eine Idee, bis sie hier Wurzeln schlägt. Selbst heute Abend schon wussten die meisten, dass ich recht hatte. Sie wollen nur nicht den Schritten ins Auge sehen, die getan werden müssen, und scheuen sich zu akzeptieren, dass es Konfrontationen geben muss, wenn Bingtown Bingtown bleiben und nicht zu Süd-Chalced verkommen soll. Bei Sas Schweiß, die verdammten Chalcedeaner stellen schon unsere nördliche Grenze in Frage. Wenn wir das auch ignorieren, werden sie auf andere Arten hier eindringen: mit tätowierten Sklaven, die auf den Feldern von Bingtown arbeiten, Frauen, die schon mit zwölf verheiratet werden, und dem ganzen Rest ihres korrupten Lebenswandels. Wenn wir das zulassen, wird es uns zerstören. Und das wissen die alten Händler, jedenfalls in ihrem Herzen. In einem oder zwei Jahren werde ich das erneut zur Sprache bringen, und du wirst sehen, dass alle plötzlich mit mir übereinstimmen. Du wirst es erleben.«
Er sollte nicht mehr dazu kommen. Ihr Vater war jetzt für immer gegangen. Bingtown war eine schwächere, ärmere Stadt als vorher, und die Leute merkten es nicht einmal.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie wischte sie mit dem Ärmel weg. Beide Manschetten waren bereits durchnässt, und sie hegte keinen Zweifel daran, dass ihr Gesicht und ihr Haar katastrophal aussahen. Keffria und ihre Mutter würden sicher schockiert sein, wenn sie sie so sahen. Nun, sollten sie doch.
Mochte sie auch eine Schande sein, die beiden waren noch schlimmer. Sie hatte impulsiv gehandelt, als sie sich betrunken hatte, aber sie hatte Pläne und Ränke geschmiedet, und zwar nicht nur gegen sie, Althea, sondern auch gegen das Familienschiff. Sie mussten doch begreifen, was es bedeutete, die Viviace an Kyle zu übergeben, an einen Mann, der nicht einmal mit ihr blutsverwandt war. Es überlief sie kalt, als ihr ein Zweifel durch den Kopf schoss. Ihre Mutter war schließlich auch keine geborene Vestrit. Sie hatte in die Familie eingeheiratet wie Kyle. Vielleicht hatte sie wie er auch keine wahren Gefühle für das Schiff. Nein. Nein, das konnte nicht sein, nicht nach all den Jahren mit ihrem Vater. Althea verbot sich streng den Gedanken und jedes mögliche Körnchen Wahrheit darin. Sie mussten doch wissen, alle beide, was die Viviace ihrer Familie bedeutete. Sicher war das nur eine merkwürdige und schreckliche, aber lediglich zeitweilige Rache an ihr. Wofür allerdings wusste sie nicht genau:
Vielleicht weil sie ihren Vater mehr geliebt hatte als jeden anderen in der Familie.
Erneut traten ihr Tränen in die Augen. Es machte nichts, nichts von all dem war wichtig. Sie würden ihre Meinung ändern, sie würden ihr das Schiff zurückgeben müssen. Selbst wenn das bedeutet, sagte sie sich, dass ich unter Kyle als Kapitän segeln muss. So sehr sie diesen Gedanken auch hasste, plötzlich akzeptierte sie ihn trotzdem. Ja, das war alles, was sie wollten.
Ein paar Versicherungen, dass die Geschäfte so betrieben wurden, wie es ihm und ihnen gefiel. Nun, im Augenblick kümmerte sie das überhaupt nicht. Er konnte eingelegte Eier und Farbnüsse transportieren soviel er wollte, solange sie an Bord der Viviace sein durfte und ein Teil von ihr blieb.
Althea straffte sich. Sie seufzte erleichtert, als ob sie plötzlich ein Problem gelöst hätte. Aber nichts hatte sich
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