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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gewollt, und Malta hatte ihm nur gesagt, dass sie zu tun hätte, zuviel zu tun hätte, als dass sie sich um ein heulendes Baby kümmern könnte.
    Dann hatte sie ihn einfach auf dem Rand des Bettes sitzen lassen, ohne auch nur eine Dienerin zu rufen, um nach ihm zu sehen. Einen Augenblick lang war Keffria wütend auf ihre Tochter, doch dann sagte sie sich, dass Malta selbst ja kaum mehr als ein Kind war. Es war nicht gerade vernünftig, von einer Zwölfjährigen zu erwarten, sich um ihren sieben Jahre alten Bruder zu kümmern, und das nach diesem Tag, den sie gerade erlebt hatten.
    Also beruhigte sie den Jungen, half ihm in sein Nachtgewand und blieb bei ihm, bis ihm die Lider zufielen. Als sie ihn schließlich verließ, um in ihr eigenes Bett zu gehen, war sie davon überzeugt, dass alle anderen im Haus schon schliefen. Als sie über die vertrauten Flure ging, rief ihr das tanzende Licht der Kerze an den Wänden Geschichten von Geistern und Gespenstern ins Gedächtnis. Ihr schoss plötzlich durch den Kopf, ob nicht vielleicht die Seele ihres Vaters vielleicht noch in dem Zimmer schwebte, in dem er so lange gelitten hatte. Es lief ihr kalt über den Rücken, und das Haar in ihrem Nacken richtete sich auf. Einen Augenblick später jedoch fasste sie sich wieder. Die Seele ihres Vaters war jetzt eins mit seinem Schiff.
    Und selbst wenn sie noch hier herumgeistern sollte, würde sie ihr schwerlich etwas Böses wollen. Trotzdem war sie froh, als sie endlich lautlos in das Zimmer schlüpfte, wo Kyle bereits im Bett lag. Sie blies die Kerze aus, damit sie ihn nicht störte, zog sich im Dunkeln aus und ließ ihre Gewänder einfach auf den Boden fallen. Sie tastete nach dem Nachthemd, das die Kinderfrau ihr herausgelegt hatte, und schlüpfte in das kühle Leinen. Schließlich legte sie sich in ihr eigenes Bett, nachdem sie die Laken zurückgeschlagen hatte, und sank neben ihren schlummernden Ehemann.
    Der jedoch nahm sie in die Arme. Er war nicht einfach ohne sie eingeschlafen, sondern hatte auf sie gewartet. Trotz des langen Tages und trotz ihrer Müdigkeit und Trauer erfreute sie das. Keffria hatte das Gefühl, als schneide Kyles Berührung durch die schmerzhaften Knoten, sie sie schon seit Tagen zu erwürgen drohten. Eine Weile hielt er sie einfach dicht an sich gedrückt. Er streichelte ihr Haar und rieb ihren Hals, bis sie sich in seinen Armen entspannte. Dann liebte er sie, einfach und zärtlich und ohne Worte, während das Mondlicht durch die hohen Fenster in ihr Schlafzimmer schien. Dieser Sommermond war so hell, dass er den Dingen beinahe Farbe verlieh, die er berührte; die cremefarbenen Laken des Bettes, Kyles Haar, das wie Elfenbein glänzte, seine Haut, die den Ton von mattem Gold hatte, wo die Sonne sie nicht gebräunt hatte.
    Als sie hinterher ihren Körper an seinen schmiegte und ihre Hand auf seine Schulter legte, schwiegen sie eine Zeitlang. Sie hörte sein Herz schlagen und das Geräusch, wie die Luft durch seinen Brustkorb strömte, und war froh darüber und über seine Wärme.
    Dann jedoch kam sie sich egoistisch und gedankenlos vor, dass sie all dies besaß und es genoss, und das in derselben Nacht, in der ihre Mutter ihren Vater verloren hatte und mit ihm alle Möglichkeiten dieser körperlichen Nähe. Entspannt und erhitzt von ihrem Liebesakt kam es ihr plötzlich entsetzlich vor, wenn man so etwas verlor. Sie rückte nicht von Kyle ab, sondern noch näher an ihn heran, als sich ihre Kehle schmerzhaft zusammenzog und eine einzelne heiße Träne über ihre Wange rollte und auf seine nackte Schulter tropfte. Er tupfte sie weg und streichelte dann ihr Gesicht.
    »Nicht«, bat er sie liebevoll. »Nicht. Es hat heute schon genug Tränen gegeben und auch genug Trauer. Lass es ruhen, wenigstens für den Moment. Lass nichts anderes in diesem Bett sein außer uns beiden.«
    Sie rang nach Luft. »Ich versuche es. Aber der Verlust für meine Mutter… Ich habe erst jetzt wirklich begriffen, was sie verloren hat. All dies.«
    Mit der freien Hand strich sie über seinen Körper, von der Schulter bis zum Schenkel, bevor er ihre Hand ergriff und sie küsste.
    »Ich weiß. Ich habe auch daran gedacht, als ich dich berührt habe. Und mich gefragt, was du wohl tun würdest, wenn einmal die Zeit kommt und ich nicht mehr zu dir zurückkehre…«
    »Sprich nicht davon!«, bat sie ihn. Sie legte ihre Hand auf sein Kinn, drehte sanft seinen Kopf zu sich herum und musterte ihn im Mondlicht. »Ich weiß immer noch nicht, ob es

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