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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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geändert, sagte sie sich. Einen Moment später widersprach sie sich auch in diesem Punkt. Denn es hatte sich etwas geändert, und zwar drastisch. Sie hatte herausgefunden, dass sie sich stärker demütigen ließ, als sie geglaubt hatte, dass sie beinahe alles tun würde, um an Bord der Viviace zu bleiben. Alles.
    Sie sah sich um und stöhnte. Sie hatte zuviel getrunken und zuviel geweint. Ihr Kopf schmerzte, und sie wusste nicht einmal genau, in welcher Seemannsspelunke sie eigentlich gelandet war. Jedenfalls in einer der schlimmsten, soviel war sicher. Ein Mann war ohnmächtig geworden, von seinem Stuhl gerutscht und lag auf dem Boden. Das war nicht ungewöhnlich, aber normalerweise zog ihn irgend jemand beiseite. Freundlichere Wirte ließen ihn an der Tür schnarchen, während die herzloseren ihn einfach auf die Straße schoben, wo die Presser ihn fanden und einfach an irgendeinen Seelenverkäufer verschacherten. Es gingen Gerüchte um, dass manche Wirte sogar mit diesen Leuten gemeinsame Sache machten, aber das hatte Althea immer bezweifelt. Nicht in Bingtown. In anderen Seehäfen sicher, aber nicht in Bingtown.
    Sie stand unsicher auf. Die Spitze ihres Kleides blieb an dem rauhen Holz eines Tischbeins hängen. Sie riss sich los, ohne darauf zu achten, dass der Stoff in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dieses Kleid würde sie sowieso nie wieder tragen. Sollte es heute Nacht doch in Fetzen fallen, ihr war es egal. Sie schniefte noch ein letztes Mal und rieb sich mit den Handflächen die müden Augen. Ab nach Hause und ins Bett. Morgen würde sie sich irgendwie dem Ganzen stellen und sich damit auseinandersetzen. Aber nicht heute. Heiliger Sa, heute nicht.
    Hoffentlich schlafen alle schon, wenn ich nach Hause komme, flehte sie.
    Sie ging zur Tür, musste aber über den durchnässten Seemann auf dem Boden steigen. Der Holzboden schien sich unter ihr zu bewegen, oder vielleicht hatte sie auch ihre Landbeine noch nicht wieder. Sie machte einen größeren Schritt, wäre beinahe gefallen und erholte sich erst, als sie den Türpfosten umklammern konnte. Sie hörte, wie jemand über sie lachte, aber sie wollte ihre Würde nicht opfern, indem sie sich umdrehte und nachsah, wer es war. Stattdessen zog sie die Tür auf und trat in die Nacht hinaus.
    Die Dunkelheit und die Kühle waren sowohl verwirrend als auch angenehm. Sie blieb einen Moment auf dem hölzernen Gehweg vor der Taverne stehen und holte mehrmals tief Luft.
    Beim dritten Atemzug glaubte sie, dass ihr schlecht wurde.
    Sie umklammerte das Geländer und stand ganz ruhig da, atmete flacher und starrte mit großen Augen geradeaus, bis die Straße aufhörte, hin und her zu schwingen. Die Tür hinter ihr ging knarrend auf und spie eine andere Person aus. Althea drehte sich um, damit sie sie im Blick hatte. »Brashen«, begrüßte sie ihn dann.
    »Althea«, erwiderte er müde. »Geht es dir gut?«, fragte er widerwillig.
    Einen Moment blieb sie auf der Straße stehen und sah ihn nur an. »Ich will zur Viviace zurück«, sagte sie. Als sie diesen Gedanken aussprach, wusste sie, dass sie es tun musste. »Ich muss das Schiff noch heute Nacht sehen. Ich muss mit ihr reden, ihr erklären, warum ich sie heute allein gelassen habe.«
    »Morgen«, schlug Brashen vor. »Wenn du geschlafen hast und nüchtern bist. Du willst doch nicht, dass sie dich so sieht, oder?«
    Sie hörte den listigen Klang seiner Stimme, als er hinzufügte:
    »Sicher wäre sie nicht erfreuter, als dein Vater es wäre.«
    »Nein. Sie würde es verstehen. Wir kennen uns gut genug. Sie versteht alles, was ich tue.«
    »Dann wird sie auch verstehen, wenn du erst morgen früh kommst, sauber und nüchtern«, meinte Brashen vernünftig. Er klang sehr müde. Nach einem Moment des Schweigens nahm er sie am Ellbogen. »Komm. Ich bringe dich nach Hause.«

8. Nächtliche Gespräche
    Ihre Mutter brach zusammen, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten. Ihre Knie gaben einfach nach. Kyle stand nur kopfschüttelnd da, also brachte Keffria sie ins Bett. Das Schlafzimmer, das sie solange mit ihrem Ehemann geteilt hatte, war eine Kammer der Krankheit und des Todes geworden. Statt ihre Mutter zu der Koje zu bringen, in der sie so viele Nachtwachen verbracht hatte, befahl Keffria Rache, ihr ein Gästezimmer vorzubereiten. Sie saß bei ihr, bis das Bett fertig war und das Dienstmädchen ihre teilnahmslose Mutter hineingelegt hatte. Dann ging sie und sah nach Seiden. Er saß da und weinte. Er hatte zu seiner Mutter

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