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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Zehnjähriger.«
    Zwölfjähriger. Fast ein Mann, verdammt noch mal, und wenn du auf dieser Reise nicht lernst, dich wie ein Mann zu benehmen, dann wirst du niemals ein Mann, du wertloser, weinerlicher Waschlappen! Er schlug die Hände vors Gesicht, auf die Stelle, wo seine Augen waren, an die Stelle, von der die verräterischen Tränen gekommen wären. Dann presste er eine Hand fest auf den Mund, damit er nicht aufschluchzte. Bitte. Lass sie mich nicht ansehen! betete er. Gib, dass sie mich jetzt nicht sieht!
    Amber redete immer noch mit sich selbst. »Ich weiß manchmal wirklich nicht, wie ich dich behandeln soll. Ah, hier ist die Krabbe. Jetzt habe ich sie alle. Du solltest dich schämen, dass du sie weggeworfen hast wie ein Baby, das mit Dingen um sich wirft. Und jetzt sei geduldig, während ich die Schnur wieder zusammenbinde.«
    Er ließ die Hand von seinem Mund sinken und holte bebend Luft. Dann äußerte er das, was er am meisten fürchtete. »Habe ich… Sind sie zerbrochen?«
    »Nein. Dafür verstehe ich zuviel von meinem Handwerk.«
    Sie war wieder zu ihrer Decke am Feuer zurückgegangen. Er hörte, wie sie arbeitete und wie die Holztiere leise aneinanderstießen. »Als ich sie gemacht hatte, wusste ich ja, dass sie Regen und Wind ausgesetzt sein würden. Deshalb habe ich sie mit viel Wachs und Öl behandelt. Und außerdem sind sie auf Sand gelandet. Aber sie werden es nicht aushalten, wenn sie gegen Felsen geworfen werden, also würde ich das an deiner Stelle nicht noch einmal versuchen.«
    »Das mache ich auch nicht«, versprach er. Vorsichtig fragte er dann: »Bist du böse auf mich?«
    »Eben war ich es noch«, gab sie zu. »Aber jetzt bin ich es nicht mehr.«
    »Du hast mich nicht angeschrien. Du warst so ruhig, dass ich schon glaubte, du wärst gegangen.«
    »Das hätte ich auch beinahe gemacht. Ich hasse es zu schreien. Und ich mag es auch nicht, wenn man mich anschreit. Was allerdings nicht bedeutet, dass ich niemals wütend werde.«
    Nach einer kurzen Pause redete sie weiter.
    »Oder dass man mich nicht verletzen könnte. ›Nur mein Schmerz ist noch stiller als meine Wut.‹ Das ist ein Zitat von dem Poeten Tinni. Oder eine Paraphrase. Das heißt, eigentlich ist es eine Übersetzung.«
    »Sag mir das ganze Gedicht auf«, bat Paragon und wechselte rasch zu diesem sicheren Thema. Er wollte nicht weiter über Wut und Hass und verzogene Kinder sprechen.
    Vielleicht vergaß sie ja, dass er sich nicht entschuldigt hatte, wenn sie ihm das Gedicht aufsagte. Sie sollte auf keinen Fall erfahren, dass er sich nicht entschuldigen konnte.

    »Nana hat gesagt, dass sie lieber hier bleiben und dafür nur das halbe Gehalt bekommen würde, wenn wir uns das noch leisten können.«
    Ronica sprach die Worte in das Schweigen hinein. Keffria saß ihr gegenüber auf dem anderen Stuhl vor dem Kamin. Auf ihm hatte immer ihr Vater gesessen, wenn er zu Hause gewesen war. Auf dem Schoß hatte sie einen kleinen Strickrahmen, und an der Armlehne hingen Knäuel aus bunter Wolle. Aber sie tat nicht mehr so, als arbeite sie. Ronica hatte ebenfalls innegehalten.
    »Können wir es uns leisten?«, fragte Keffria.
    »Gerade so. Wenn wir bereit sind, einfach zu essen und einfach zu leben. Es ist mir beinahe peinlich zugeben zu müssen, wie dankbar ich über ihr Angebot bin. Ich hatte ein so schlechtes Gewissen, weil ich sie habe gehen lassen. Die meisten Familien wollen eine junge Frau, die auf ihre Kinder aufpasst. Es wäre ihr vielleicht sehr schwer gefallen, eine neue Position zu finden.«
    »Ich weiß. Und Seiden wäre untröstlich gewesen.«
    Sie räusperte sich. »Was machen wir mit Rache?«
    »Genau dasselbe wie mit Nana«, erwiderte ihre Mutter knapp.
    »Wenn unsere finanzielle Situation so angespannt ist«, meinte Keffria vorsichtig, »dann ist es vielleicht nicht unbedingt erforderlich, Rache ein Gehalt zu zahlen…«
    »So sehe ich das nicht«, unterbrach Ronica sie abrupt.
    Keffria verstummte und blickte sie an.
    Nach einer Weile musste Ronica den Blick abwenden »Entschuldige. Ich weiß, dass ich in letzter Zeit zu heftig reagiere.«
    Sie zwang sich zu einem Plauderton. »Ich finde, dass es wichtig ist, Rache etwas zu bezahlen. Wichtig für uns alle. Es ist nicht so wichtig, dass ich Malta deshalb einem Risiko aussetzen würde, aber allemal wichtiger als ein neues Kleid und neue Haarbänder.«
    »Dem kann ich nur zustimmen«, meinte Keffria ruhig.
    »Aber ich wollte mit dir darüber sprechen. Also, da wir uns auf diese

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