Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
ungemütlich.
    Aber das schlimmste Gefühl war seine eigene Unentschiedenheit.
    Das hielt ihn davon ab, sich mürrisch zusammenzukauern und zu schlafen.
    Zunächst erkannte er Torg nicht, der langsam vor den Sklavenzellen auf und ab marschierte. Als er es dann tat, war er schockiert, als sein Herz vor Freude beinahe einen Satz machte.
    Aber es war nur Erleichterung, begriff er dann. Torg würde ihn sehen und es seinem Vater sagen. Er musste also keine Entscheidung treffen, die, wie er immer vermutet hatte, eine feige Entscheidung war. Torg würde das für ihn tun. Und wenn sein Vater kam, würde der ihn nicht damit verhöhnen können, dass er geheult und ihn um Hilfe gebeten hatte.
    Wintrow hätte viel Einsicht über sich selbst gewinnen können, wenn er über diese Dinge nachgedacht hätte. Aber er hütete sich, seinen Geist darauf zu konzentrieren. Vielleicht wollte er es selbst gar nicht so genau wissen. Stattdessen stand er unvermittelt auf. Er ging in seine Ecke seiner Zelle und lehnte sich trotzig an die Wand, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete darauf, dass Torg ihn sah.
    Es fiel ihm überraschend schwer, ruhig stehen zu bleiben und darauf zu warten, dass Torg ihn bemerkte. Der Maat ging langsam die Reihe der Sklaven auf der anderen Seite des Ganges entlang, begutachtete jeden Sklaven, feilschte mit dem Wächter und nickte oder schüttelte den Kopf. Der Wächter hatte einen Rechnungsblock in der Hand, auf dem er Markierungen eintrug, während sie gingen. Nach einer Weile war Wintrow verwirrt. Torg kaufte viele Sklaven, aber es waren keineswegs die Künstler und gebildeten Sklaven, die sein Vater seinen eigenen Worten nach erwerben wollte.
    Wintrow beobachtete, wie Torg umherstolzierte. Offenbar beeindruckte ihn seine Wichtigkeit als Käufer menschlicher Ware. Er paradierte vor dem Wächter her, als wäre er ein beeindruckender Mann, und inspizierte die Sklaven mit feiner Missachtung ihrer Würde oder ihrer unsäglichen Situation. Je länger Wintrow ihn beobachtete, desto mehr verachtete er den Mann. Hier war der Gegenpol zu dem verlorenen geistigen Funken der Sklaven: ein Mann, dessen Selbstbewusstsein von der Erniedrigung und Entwürdigung anderer Menschen genährt wurde.
    Dennoch wartete Wintrow voller Angst. Was würde passieren, wenn Torg sich umdrehte, ohne ihn zu bemerken? Was dann?
    Würde Wintrow sich beschämen und den Mann rufen? Oder ihn einfach gehen lassen und sich einem anderen Leben mit anderen Torgs stellen? Gerade als Wintrow soweit war zu rufen, als er sich auf die Zunge biss, damit er sich nicht verriet, sah Torg ihn an. Er blickte wieder weg, und sofort erneut zurück, als könne er seinen Augen nicht trauen. Dann jedoch erkannte er ihn und grinste. Er trat sofort an Wintrows Zelle.
    »Sieh an, sieh an!«, rief er außerordentlich befriedigt. »Ich glaube, ich habe mir gerade einen dicken Bonus verdient. Einen ziemlich fetten Bonus.«
    Er musterte Wintrow, betrachtete das Stroh, das an seiner schäbigen Robe hing, glitt weiter zu den Eisen um seine verschorften Knöchel und vor Kälte weißem Gesicht. »Soso«, sagte er. »Sieht aus, als hätte deine Freiheit nicht lange gedauert, du heiliges Jüngelchen.«
    »Kennt Ihr diesen Gefangenen?«, fragte der Wächter, der sich neben Torg gestellt hatte.
    »Allerdings. Sein Vater ist… mein Geschäftspartner. Er hat sich schon gefragt, wohin sein Sohn verschwunden ist.«
    »Aha. Dann habt Ihr Glück, dass Ihr ihn noch heute gefunden habt. Morgen hätte er als Strafe seine Freiheit verwirkt. Er wäre als Sklave des Satrapen gebrandmarkt und verkauft worden.«
    »Als Sklave des Satrapen.«
    Torg grinste. Seine blassen Augenbrauen hoben sich über seinen grauen Augen. »Das ist eine amüsante Idee.«
    Wintrow konnte beinahe sehen, wie Torgs Gedanken arbeiteten. »Wie hoch ist die Strafe des Jungen?«, wollte er plötzlich von dem Wächter wissen.
    Der alte Mann zog eine Rechnungskordel zu Hilfe, die von seiner Hüfte herabbaumelte. »Zwölf Stück Silber. Er hat einen anderen Sklaven des Satrapen getötet, wisst Ihr.«
    »Er hat was?«
    Einen Augenblick wirkte Torg erstaunt. Dann lachte er laut. »Na, das bezweifle ich irgendwie. Also wenn ich bis heute Abend mit zwölf Silberlingen zurückkomme, dann kaufe ich ihn frei. Und was, wenn nicht? «
    Seine Augen wurden zu Schlitzen und seine Lippen schmal, als er fragte: »Für was könnte ich ihn morgen kaufen?«
    Die Frage galt eher Wintrow als dem Wächter.
    Der alte Mann zuckte mit den

Weitere Kostenlose Bücher