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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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das passieren? Wie war es möglich, dass Kapitän Kennit so etwas erleiden musste? Nun. Es wurde Zeit. Zeit zu sehen, was dieses Miststück ihm angetan hatte, Zeit, wieder das Kommando zu übernehmen. Zeit. Er stemmte seine Fäuste in sein Bett und richtete sich zu einer sitzenden Position auf. Als das verwundete Bein gegen das Bettzeug scheuerte, wurde ihm beinahe schlecht vor Schmerz. Erneut brach ihm der Schweiß aus. Zeit. Er riss das Bettzeug fort und sah auf das Bein, das sie ruiniert hatte.
    Es war weg.
    Sein Nachthemd war sorgfältig darübergefaltet worden. Da waren seine Beine, braungebrannt und haarig wie immer. Aber das eine hörte einfach früher auf. Es endete in einem schmutzigbraunen Verband direkt unterhalb des Knies. Das konnte nicht sein. Er streckte die Hand aus, brachte es aber nicht fertig, es zu berühren. Stattdessen legte er albernerweise seine Hand auf das leere Leinenlaken, wo der Rest seines Beins hätte sein sollen. Als läge die Schuld daran an seinen Augen.
    Er holte tief Luft und hielt dann den Atem an. Er würde kein Geräusch mehr machen, keinen Laut von sich geben. Wie hatte es dazu kommen können? Warum hatte er dieses Miststück überhaupt an Bord gebracht, und warum hatten sie überhaupt Sklavenschiffe angegriffen? Handelsschiffe, die brachten Geld.
    Und die hatten keine Herden von Seeschlangen im Schlepptau, die nur darauf warteten, einem Mann das Bein abzubeißen. Das war ihr Fehler, die Schuld von Sorcor und Etta. Aber für sie beide war er immer noch ein ganzer Mann.
    Ruhig, ruhig. Er musste ruhig bleiben, alles durchdenken. Er war hier gefangen, in seiner Kabine, und konnte weder gehen noch kämpfen. Und Etta und Sorcor waren beide gegen ihn. Was er jetzt noch herausfinden musste, war, in welcher Weise sie unter einer Decke steckten. Und warum hatten sie ihm das angetan? Warum? Hofften sie vielleicht, auf diese Weise das Schiff von ihm übernehmen zu können? Er holte tief Luft und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. »Warum hat sie mir das angetan?«
    Ein anderer Gedanke kam ihm.
    »Warum hat sie mich nicht einfach getötet? Hatte sie Angst, dass die Mannschaft sich gegen sie wendet?«
    Wenn ja, dann machten sie und Sorcor vielleicht gar nicht gemeinsame Sache…
    »Sie hat es getan, um dir das Leben zu retten.«
    Die winzige Stimme an seinem Handgelenk klang ungläubig.
    »Wie kannst du dich nur so benehmen? Erinnerst du dich nicht? Eine Seeschlange hatte dein Bein gepackt und versuchte, dich von der Reling zu lösen, um dich in die Luft zu werfen und zu verschlingen. Etta musste dein Bein abschlagen. Es war der einzige Weg, um zu verhindern, dass die Seeschlange dich ganz auffraß.«
    »Ich kann das kaum glauben«, erwiderte er verächtlich.
    »Und warum nicht?«
    »Weil ich sie kenne. Deshalb.«
    »Ich kenne sie auch. Aus diesem Grund macht deine Antwort auch wenig Sinn«, bemerkte das Gesicht liebenswürdig.
    »Ach, halt doch den Mund.«
    Kennit zwang sich, auf den bandagierten Stumpf zu sehen. »Wie schlimm ist es?«, fragte er das Amulett leise.
    »Nun, zunächst mal ist es weg!«, erklärte das Amulett herzlos. »Ettas Hieb mit dem Beil war der einzige saubere Teil der ganzen Verwundung. Der Teil, den die Seeschlange im Maul hatte, war halb zerkaut und halb weggeschmolzen. Das Fleisch erinnerte mich an geschmolzenen Talg. Der größte Teil der braunen Soße ist auch kein Blut, sondern Eiter.«
    »Klappe!«, sagte Kennit schwach. Er starrte auf die weiche, schmierige Bandage und fragte sich, was wohl darunter war. Sie hatten ein gefaltetes Handtuch darunter gelegt, aber trotzdem war ein Streifen Eiter auf seinem schönen, sauberen Leinen. Es war widerlich.
    Der kleine Dämon sah ihn grinsend an. »Nun, du hast gefragt.«
    Kennit holte tief Luft. »Sorcor!«, brüllte er.
    Die Tür flog beinahe augenblicklich auf, aber es war Etta, die da stand. Sie weinte und war offensichtlich aufgelöst, als sie in den Raum stürzte. »Oh, Kennit, habt Ihr Schmerzen?«
    »Ich will Sorcor!«, erklärte er, und selbst auf ihn wirkten seine Worte wie das Jammern eines launischen Kindes. Dann stand der massige Erste Maat in der Tür. Kennit bemerkte bestürzt, dass er genauso bemüht aussah wie Etta. »Gibt es etwas, das ich für Euch tun kann, Käpt’n?«
    Sorcors Haar stand wild ab und sein Gesicht war unter den Narben und den Falten gelblich.
    Kennit versuchte sich daran zu erinnern, warum er Sorcor gerufen hatte. Er blickte auf die widerliche Schweinerei in seinem Bett. »Ich

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