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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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jedoch dagegen. »Ich will Wintrow. Was man dir wohl auch gesagt hat.«
    »Später. Wenn wir unterwegs sind und er nicht mehr vom Schiff springen kann.«
    »Jetzt.«
    Er ging ohne ein weiteres Wort.
    Sie wusste immer noch nicht, was sie für Wintrow empfand.
    Einerseits war sie froh, dass er wieder an Bord war. Trotzdem musste sie sich dem Egoismus stellen, der sich in ihrer Freude verbarg. Und der Demütigung, dass sie ihn willkommen hieß, obgleich er sie verschmäht und im Stich gelassen hatte. Wo bleibt dein Stolz? fragte sie sich. Als er an Bord gekommen war, schmutzig, müde und krank vor Verzweiflung, hatte sie augenblicklich ihr Band zu ihm erneuert. Sie hatte sich an ihn geklammert und an all das, was einen Vestrit aus ihm machte, um sich so ihrer eigenen Identität zu versichern. Beinahe augenblicklich hatte sie sich besser gefühlt. Sie gewann eine Sicherheit aus ihm, eine Versicherung ihrer Identität. Das hatte sie zuvor nie so wahrgenommen. Sie wusste zwar, dass sie mit ihm verbunden war, aber sie hatte es für diese Art von »Liebe« gehalten, die die Menschen so schätzten. Jetzt war sie sich dessen nicht mehr so sicher. Unbehagen überkam sie, als sie sich fragte, ob etwas Böses in der Art lag, wie sie sich an ihn klammerte und ihre Selbstwahrnehmung von ihm bezog. Vielleicht war es das, was er in ihrem Band immer gespürt hatte und weswegen er versucht hatte, ihr zu entkommen.
    Es war eine schreckliche Spaltung, ein derartig starkes Bedürfnis nach jemandem zu verspüren, und sich gleichzeitig darüber zu ärgern, dass dieses Bedürfnis existierte. Sie wollte kein Wesen sein, das in ihrer Selbstwahrnehmung von jemand anderem abhing. Sie würde ihn jetzt zur Rede stellen und ihn fragen, ob er sie als einen Parasiten betrachtete und deswegen vor ihr geflohen war. Sie fürchtete, dass er ihr genau diese Annahme bestätigen würde, dass er sagte, sie gäbe ihm nichts, sondern nähme nur. Doch so sehr sie das auch fürchtete, sie würde ihn trotzdem fragen. Weil sie es wissen musste. Hatte sie wirklich ein eigenes Leben und einen eigenen Geist, oder war sie nur ein Schatten der Vestrits?
    Sie gewährte Haven noch einige Minuten. Trotzdem wurde niemand zu Wintrow geschickt.
    Das konnte sie nicht dulden.
    Sie hatte schon vorher bemerkt, dass die Ladung nicht ganz gleichmäßig verteilt war. Die Mannschaft war es nicht gewohnt, Menschen zu verstauen. Es war nicht soviel, dass es wichtig gewesen wäre, aber es konnte bedeutsam werden. Sie seufzte und verschob dann unmerklich ihr Gewicht. Ganz sacht neigte sie sich nach Steuerbord. Es war nur ein kleines bisschen. Aber in gewisser Weise war Kyle ein guter Kapitän und Gantry war ein noch viel besserer Erster Maat.
    Sie würden diese Schieflage bemerken. Sie würden die Ladung neu verstauen, bevor sie ausliefen. Bis dahin würde sie allerdings eine Neigung nach Backbord haben. Und vielleicht auch ihren Anker etwas lockern. Sie starrte mit unbewegtem Gesicht zum Ufer. In dem heraufziehenden Gewitter standen die weißen Türme von Jamaillia-Stadt trübe da. Ihr Weiß erinnerte an leere Muscheln. Sie schwankte mit dem Wiegen des Schiffes, verstärkte die Bewegung. Und wartete.

    Sie saßen in der großen, dunklen Küche zusammen. Früher einmal habe ich diesen Raum geliebt, dachte Keffria. Als sie noch sehr klein gewesen war, war sie gern mit ihrer Mutter hierher gegangen. Damals hatte Ronica Vestrit oft kleine Feste gegeben, und es hatte ihr besondere Freude bereitet, die Speisen, die sie ihren Gästen servieren wollte, selbst zuzubereiten.
    Damals war die Küche ein belebter Ort gewesen, wo die Jungen mit ihren Bauklötzen unter dem großen Holztisch spielten. Sie stand derweil auf einem Stuhl und beobachtete ihre Mutter dabei, wie sie die feinen Kräuter mischte, mit denen sie die Fleischrouladen würzen wollte. Keffria half ihr, die hart gekochten Eier zu schälen oder die gedämpften Mandeln aus ihren braunen Hüllen zu holen.
    Die Blutpest hatte diese Tage für immer beendet. Manchmal dachte Keffria, dass alles, was fröhlich und beschwingt in diesem Haushalt gewesen war, mit ihren beiden Brüdern gestorben war.
    Auf jeden Fall gab es danach nie wieder fröhliche, kleine Feste.
    Sie konnte sich auch nicht daran erinnern, dass ihre Mutter danach noch einmal Leckereien in der Küche zubereitet hätte.
    Nachdem sie jetzt die Zahl ihrer Dienstboten reduziert hatten, kam Keffria gelegentlich in die Küche, um Nana und Rache beim Kochen zu helfen. Ronica jedoch

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