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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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folgte, wegen eines Jungen, der nicht das war, was sein Vater ihm zu sein befohlen hatte. Sie fürchtete, dass Kyle entschlossen war, den einen oder den anderen zu brechen. Und wenn er konnte, beide.
    Sie schwieg. Kyle hatte Wintrow nicht zu ihr gebracht, nachdem er ihn an Bord geschleppt hatte. Er hatte Wintrow in sein Gefängnis geworfen und war dann zu ihr gekommen, um vor ihr mit der Gefangennahme seines Sohnes zu prahlen. Er hatte so laut geredet, dass jeder Mann an Deck mithören konnte und ihr berichtet, wie er seinen Sohn als Sklaven angetroffen und ihn auf das Schiff gebracht hatte. Sobald sie unterwegs wären, würde er ihr den Jungen bringen und sie könnte ihn herumkommandieren, wie sie wollte. Denn sein Vater – bei Sas verdammten Augen! – war fertig mit ihm!
    Sein Monolog dehnte sich in die Länge, gemessen an ihrem sturen Schweigen und ihrem starren Blick auf das Meer. Auch Kyles Stimme wurde immer lauter, bis er vor Wut fast schrie.
    Eine Bö trug seinen whiskeyschwangeren Atem bis zu ihr. Aha.
    Kyle Haven hatte also ein neues Laster entwickelt. Betrunken zu ihr an Bord zu kommen! Sie würde ihm nicht antworten. Er betrachtete sie und Wintrow nur als Teile einer Maschine, eine Art Flaschenzug, der auf eine bestimmte Art zusammengebaut wurde und dann arbeiten musste. Wären wir Geige und Bogen, dachte sie, würde er uns immer wieder aneinanderschlagen und verlangen, dass wir Musik machen.
    »Ich habe dir den verdammten wertlosen Jungen gekauft!«, beendete er schließlich sein Wüten. »Du wolltest ihn und hast ihn bekommen. Er ist mit deinem Mal gebrandmarkt, und er gehört dir für den Rest seines elenden, nutzlosen Lebens!«
    Er wirbelte herum und wollte weggehen. Doch dann überlegte er es sich anders und knurrte sie an: »Und du solltest lieber zufrieden mit ihm sein. Es ist das letzte Mal, dass ich versuche, dir eine Freude zu machen.«
    Erst in diesem Augenblick nahm sie die Eifersucht in seiner Stimme wahr. Früher einmal hatte er sie begehrt, als ein schönes, wertvolles Schiff, die seltenste Art von Schiff. Ein Herr über ein solches Schiff wurde Mitglied der Elite, einer Bruderschaft von Männern, die Zauberschiffe führten und mit den exotischen Gütern des Regenwildflusses handelten. Sie wurden von jedem Mann neiderfüllt betrachtet, der ein anderes Schiff führte. Er hatte ihren Wert gekannt und sie begehrt und ihr den Hof gemacht. Nachdem er Althea ausgeschaltet hatte, glaubte er, jeden ernstzunehmenden Rivalen eliminiert zu haben. Aber am Ende hatten ihr seine Aufmerksamkeiten nicht genügt. Sie hatte sich von ihm ab-und einem wertlosen Jungen zugewandt, der ihren Wert nicht einmal begriff. Wie ein verschmähter Liebhaber musste Kyle mit ansehen, wie sein Traum zerbrach, sie jemals wirklich besitzen zu können. Und die Scherben dieses Traums enthielten nur den bitteren Bodensatz des Hasses.
    Nun, das wenigstens beruht auf Gegenseitigkeit, dachte sie kalt.
    Es war viel schwieriger, die Emotionen zu benennen, die sie Wintrow gegenüber empfand. Vielleicht sind sie ja gar nicht so verschieden von dem, was Kyle für mich empfindet.
    Am nächsten Morgan kam Mild zu ihr und lehnte sich gegen die Reling, während er verstohlen ein Stück Cindin in den Mund steckte. Sie runzelte die Stirn. Es gefiel ihr nicht, dass er die Droge nahm, und ihr gefiel auch nicht, wie es ihre Wahrnehmung von ihm vernebelte. Andererseits konnte sie nachempfinden, warum er glaubte, heute ein Stück davon nehmen zu müssen. Sie wartete, bis er den Rest des Cindins in die gerollte Manschette seines Ärmels zurücksteckte, und sprach ihn dann ruhig an.
    »Mild, sag dem Kapitän, dass ich Wintrow sehen möchte.
    Jetzt.«
    »O Sar!«, fluchte der Junge leise. »Schiff, warum willst du mir das antun? Kannst du ihm nicht einfach ausrichten lassen, dass du mit ihm reden willst?«
    »Nein. Denn das will ich nicht. Ich möchte überhaupt nicht mit ihm sprechen. Ich möchte einfach nur, dass Wintrow zu mir gebracht wird. Und zwar sofort.«
    »Ach bitte«, bat sie der junge Seemann. »Er ist doch schon bis aufs Blut gereizt, weil sich einige der Kartengesichter krank stellen. Torg behauptet, sie tun nur so; sie sagen, sie würden sterben, wenn er sie nicht besser unterbringt.«
    »Mild.«
    Ihr Tonfall sprach Bände.
    »Ja, Madam.«
    Sie wartete, aber nicht lange. Kyle stürmte auf Deck und sprang auf das Vordeck. »Was willst du jetzt?«, wollte er wissen.
    Sie überlegte, ob sie ihn ignorieren sollte, entschied sich dann

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