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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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stellte er fest, dass es ihm gelang. Er bog an der nächsten Ecke ab und wählte einen anderen Weg den Berg hinauf. Er würde ihre Worte von sich abprallen lassen, aber er würde sich nicht von ihrem Verhalten einschüchtern lassen. Er hatte vor, sich die Idishi-Halle anzusehen.
    Er wanderte eine Weile, ohne die Führung durch die Erinnerung seines Großvaters, weil der niemals diesen Weg durch die Stadt genommen hatte. Zweimal wurde er aufgehalten. Einmal von einem Jungen, der ihm irgendwelche Rauchkräuter verkaufen wollte, und einmal, was bestürzender war, von einer Frau, die sich ihm selbst anbot. Noch nie hatte sich jemand Wintrow so genähert, und was die ganze Sache noch schlimmer machte, waren die deutlichen Spuren einer Hautkrankheit um ihren Mund. Er zwang sich dazu, ihr Angebot zweimal höflich abzulehnen. Als sie sich jedoch nicht wegschicken ließ, sondern nur ihren Preis senkte und ihm versprach: »Wie Ihr wollt, und alles, was Ihr wollt«, wurde er schließlich deutlich. »Ich habe nicht den Wunsch, Euren Körper oder Eure Krankheit zu teilen«, sagte er. Während er die Worte aussprach, bemerkte er bestürzt, wie grausam sich die Wahrheit anhörte. Er wollte sich entschuldigen, aber sie gab ihm dazu keine Zeit. Stattdessen spuckte sie ihn an und rannte davon. Wintrow ging weiter, aber diese Frau hatte ihn mehr verängstigt als die Wachen.
    Schließlich gelangte er in das Zentrum der Stadt. Hier waren die Straßen gepflastert, und jedes Gebäude zierte Stuck oder Schmuck. Offenbar waren das hier die öffentlichen Gebäude von Cress, in denen die Gesetze gemacht, Verfahren durchgeführt und die wichtigeren Geschäfte der Stadt abgewickelt wurden. Er ging langsam weiter und ließ seinen Blick schweifen. Manchmal trat er auf die Straße zurück, um ein Gebäude im Ganzen sehen zu können. Die steinernen Bögen gehörten zum Schönsten, was er an Steinmetzarbeit je gesehen hatte.
    Schließlich gelangte er zu einem kleinen Tempel Odavas, des Schlangengottes. Er hatte die typischen runden Türen und Fenster der Sekte. Für diese besondere Manifestation von Sa hatte sich Wintrow bisher nicht sonderlich interessiert. Genauso wenig hatte er jemals einen Anhänger von Odava getroffen, der zugegeben hätte, dass die Schlangengottheit nur eine weitere Facette des Juwelgesichts von Sa war. Dennoch verkündete das elegante Gebäude seine Göttlichkeit, und auf den vielen Wegen spazierten Menschen herum, um sie ebenfalls zu finden. Der Stein dieses Tempels war so fein gearbeitet, dass Wintrow kaum den Saum finden konnte, den der Maurer gelassen haben musste, als er die Hand darauf legte. Eine Zeit lang blieb er stehen und tastete, wie man es ihn gelehrt hatte, um die Struktur und die Spannungen in dem Gebäude zu erfassen. Was er entdeckte, war eine mächtige Einheit, deren Harmonie den Tempel beinahe organisch wirken ließ. Er schüttelte verwundert den Kopf und achtete nicht auf die Gruppe von Männern in weißen Roben mit grünen und grauen Bändern. Sie traten aus einer Tür hinter ihm, gingen um ihn herum und musterten ihn mit verärgerten Blicken.
    Nach einer Weile kam er wieder zu sich und bemerkte, dass der Nachmittag bereits weiter fortgeschritten war, als er erwartet hatte. Er durfte keine Zeit mehr verschwenden. Höflich fragte er eine Matrone nach dem Weg zur Idishi-Halle. Sie trat ein paar Schritte von ihm weg, bevor sie antwortete. Und dann war es nur eine kurze Handbewegung, mit der sie eine allgemeine Richtung andeutete. Dennoch dankte er ihr und eilte weiter.
    Mehr Fußgänger bevölkerten die Straßen in diesem Teil der Stadt. Mehr als einmal bemerkte er, wie die Leute ihn seltsam ansahen. Vermutlich wiesen seine Kleider ihn als Fremden aus.
    Er lächelte und nickte ihnen zu, ging aber eilig weiter, weil er keine Zeit hatte, ein Schwätzchen mit ihnen zu halten.
    Die Idishi-Halle lag inmitten eines freien Geländes. Eine Senke in einem Hügel schien das Gebäude beinahe zärtlich in die Hand zu nehmen. Von seinem Standort aus konnte Wintrow darauf hinabsehen. Der grüne Wald dahinter betonte noch das strahlende Weiß der Türme und der Kuppel. Der Kontrast zwischen dem üppigen und wilden Wald und den scharfen Linien der Halle nahm Wintrow den Atem. Er stand fasziniert da. Es war ein Bild, das er für immer in sein Gedächtnis einprägen wollte. In der Halle herrschte reger Verkehr, Leute kamen und gingen, und die meisten trugen geraffte Roben in Blau-und Grüntönen. Es hätte nicht schöner sein

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