Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
warmen Tag, um Kleidung zu waschen. Wintrow blieb stehen und betrachtete sie. Einige der jüngeren Frauen standen in dem Becken, hatten die Röcke gerafft und um die Schenkel gebunden, während sie ihre Wäsche bearbeiteten und sie an ihren Beinen auswrangen.
Sie lachten und unterhielten sich, während sie arbeiteten. Junge Mütter saßen auf dem Rand des Beckens, wuschen ihre Kleidung und achteten dabei auf ihre Kinder, die am Rand des Beckens spielten. Körbe lagen überall verstreut herum. In ihnen war sowohl trockene als auch nasse Wäsche. Diese Szene war so einfach und doch so ergreifend, dass Wintrow beinahe die Tränen in die Augen traten. Seit seiner Zeit im Kloster hatte er nicht mehr gesehen, wie harmonisch Menschen in ihrer Arbeit und ihrem Leben sein konnten. Die Sonne schien auf das Wasser, und das glatte Haar der caymarischen Frauen glänzte auf der feuchten Haut ihrer Arme und Beine. Er sah begierig zu und nahm es in sich auf wie Balsam, der seine mitgenommene Seele beruhigte.
»Hast du dich verirrt?«
Er drehte sich rasch herum. Die Worte klangen alles andere als freundlich. Ein Blick in die Augen der beiden Stadtwächter ließ keinen Zweifel an ihrer Feindseligkeit. Der Mann, der gesprochen hatte, war ein bärtiger alter Haudegen mit einem weißen Streifen im Gesicht, eine alte Narbe, die sein dunkles Haar und seine ganze Wange zierte. Der andere war jünger und ziemlich kräftig.
Bevor Wintrow auf die Frage antworten konnte, sprach der Zweite weiter. »Zum Hafenviertel geht es da lang. Dort findest du, was du suchst.«
Er deutete mit einem Knüppel in die Richtung, aus der Wintrow gekommen war.
»Was ich suche…?«, wiederholte Wintrow verständnislos. Er sah von dem großen zu dem kleinen Mann und versuchte, aus ihren Gesichtern und ihren kalten Blicken schlau zu werden.
Wieso hatte er sie beleidigt? »Ich wollte mir die Heldenfriese und die Steinmetzarbeiten in der Idishi-Halle ansehen.«
»Und dabei«, sagte der Erste mit schwerfälligem Humor, »wolltest du kurz mal stehen bleiben und ein paar junge Frauen dabei beobachten, wie sie in einem Brunnen nass werden.«
»Die Brunnen selbst sind Objekte erlesener Schönheit«, erwiderte Wintrow.
»Und wir alle wissen, wie sehr Seeleute an Objekten erlesener Schönheit interessiert sind.«
Die Betonung des Wächters war unmissverständlich sarkastisch. »Warum kaufst du dir nicht ein paar ›Objekte erlesener Schönheit‹ im Wehenden Schleier? Sag ihnen, Kentel schickt dich. Vielleicht bekomme ich ja sogar eine Provision.«
Wintrow blickte verlegen zu Boden. »Das habe ich nicht gemeint. Ich möchte mir ernsthaft Zeit nehmen, die Friese und die Steinmetzarbeiten zu sehen.«
Als keiner der Männer antwortete, fuhr er verteidigend fort: »Ich verspreche euch, dass ich euch keinen Ärger mache. Ich muss bis Sonnenuntergang wieder auf meinem Schiff sein. Ich wollte mich nur ein wenig in der Stadt umsehen.«
Der ältere Mann sog heftig die Luft zwischen den Zähnen ein.
Einen Augenblick dachte Wintrow, er würde es sich anders überlegen. »Nun, wir raten dir ›ernsthaft‹, dass du dorthin zurückgehst, wo du hingehörst. Unten am Hafen können sich die Seeleute ›in unserer Stadt umsehen‹. Die Straße kannst du ganz leicht finden. Wir nennen sie die Matrosengasse. Dort findest du eine Menge zum Amüsieren. Und wenn du nicht sofort dorthin zurückgehst, junger Bursche, dann verspreche ich dir, dass du Ärger bekommen wirst. Und zwar mit uns.«
Er hörte, wie sein Herz schlug. Es war ein gedämpfter Donner in seinen Ohren. Er konnte nicht entscheiden, welches Gefühl stärker war, doch als er sprach, hörte er den Ärger, nicht die Angst. »Ich gehe«, erwiderte er brüsk. Doch obwohl er wütend war, fiel es ihm schwer, den Männern den Rücken zuzuwenden, als er an ihnen vorbeiging. Er hatte eine Gänsehaut, als er erwartete, jeden Moment den Schlag des Knüppels zu spüren.
Er lauschte auf Schritte hinter sich. Doch was er hörte, war noch viel schlimmer. Sie lachten verächtlich, und der jüngere rief ihm eine spöttische Bemerkung hinterher. Er drehte sich nicht um und ging auch nicht schneller, aber er fühlte, wie sich die Muskeln in seinem Hals vor Wut verspannten. Meine Kleidung, sagte er sich. Sie urteilen nicht über mich, sondern über meine Kleidung. Ich sollte mir ihre Beleidigungen nicht zu Herzen nehmen. Lass sie einfach vergehen, lass sie einfach vergehen, lass sie einfach vergehen, sagte er sich, und nach einer Weile
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