Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
schob das Cindin in seinem Mund herum. Es war ein sehr, sehr gutes Angebot.
»Noch eine Runde«, sagte Reller. »Dann sollten wir lieber aufs Schiff zurückkehren.«
»Warte nicht auf uns«, meinte einer der Matrosen kichernd.
»Geh nur zurück, Reller. Wir kommen schon noch früh genug.«
Er ließ den Kopf auf die Arme sinken.
Reller streckte die Hand aus und schüttelte ihn. »Nichts da, Jord. Hier wirst du nicht einschlafen. Sobald wir auf dem Schiff sind, kannst du dich von mir aus fallen lassen und wie eine Sau schnarchen. Aber nicht hier.«
Sein Tonfall erregte Jords Aufmerksamkeit. Er hob müde den Kopf. »Warum nicht?«
Reller beugte sich über den Tisch. »Ein Matrose von der Tern hat mich vorhin gewarnt. Du kennst doch die Jolly Gal , die leewärts von uns geankert hat? Die Mannschaft hatte die Pocken, bevor sie hierhergekommen ist. Sie haben sieben Leute verloren. Der Kapitän rennt seit drei Tagen durch die Stadt und versucht, Leute anzuheuern, aber ohne Erfolg.
Man munkelt, dass er allmählich verzweifelt, weil sie unbedingt in die Jagdgründe müssen. Jeder Tag, den sie hier verbringen, kostet sie eine Woche länger auf Jagd. Fingers von der Tern meinte, dass unsere Mannschaft klug daran täte, zusammenzubleiben und an Bord zu schlafen. Einer von ihren Jägern wird seit zwei Tagen vermisst, und du weißt, was sie denken. Also gehen wir zusammen, wenn wir zum Schiff zurückkehren. Es sei denn, du möchtest auf der Jolly Gal aufwachen und nach Norden segeln.«
»Presser?«, fragte Jord entsetzt. »Hier in Nook?«
»Wo sonst?«, fragte Reller leise. »Wenn jemand nicht rechtzeitig auf sein Schiff zurückkehrt, wird niemand hier bleiben, nur um nach ihm zu suchen. Es ist leicht, sich in einer Gasse auf die Lauer zu legen und sich ein paar Saufköpfe von einem Schiff zu schnappen, das nach Hause unterwegs ist.
Wenn die armen Kerle aufwachen, finden sie sich in den Jagdgründen wieder. Ich sag dir eins: Es gibt keine Stadt, in der ein Seemann allein herumlaufen sollte.«
Jord zog sich hoch. »Ich hab die Schnauze voll von diesen nördlichen Gewässern. So was riskiere ich nie im Leben.
Kommt, Freunde, gehen wir zum Schiff zurück.«
Reller sah sich um. »Heh, wo ist Brash? Hat er nicht eben noch da drüben gesessen?«
»Ich glaube, er ist mit einem Mädchen mitgegangen.«
Althea sprach zum ersten Mal. Sie hörte die Missbilligung in ihrer Stimme und sah, wie die Leute sie überrascht ansahen.
»Ich dachte, sie hätte es auf mich abgesehen«, fügte sie gereizt hinzu. Sie nahm ihren Krug, nippte daran und setzte ihn wieder ab. »Gehen wir. Das Bier schmeckt sowieso wie Pisse.«
»Aha, du weißt also, wie Pisse schmeckt?«, spöttelte Jord.
»Brauch ich nicht zu wissen. Es reicht, wenn ich weiß, dass dieses Zeug hier so schmeckt, wie deine Koje riecht, Jord.«
»Aha, ein Kojenschnüffler, was?«
Jord lachte trunken. Die anderen fielen mit ein, und Althea schüttelte den Kopf. Ob sie nun an Bord oder an Land waren, der Humor und die Witze waren immer dieselben. Sie hatte es eilig, zum Schiff zurückzukommen. Je eher sie diese Kaschemme verließen, desto eher kamen sie nach Candletown. Sie stieß sich vom Tisch ab.
Jord beugte sich vor und blickte in ihren Krug. »Willst du das nicht mehr trinken?«, fragte er.
»Bedien dich«, sagte sie und folgte den anderen hinaus in den Sturm. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Jord einen Schluck trank und eine Grimasse schnitt.
»Bäh. Vermutlich hast du den Bodensatz des Fasses erwischt oder so was.«
Er wischte sich den Mund am Ärmel ab und folgte ihnen.
Draußen tobte noch immer der Sturm. Althea fragte sich, ob es in diesem gottverlassenen Nest jemals nicht stürmte. Sie kniff die Augen zusammen, als Regenböen ihr ins Gesicht peitschten und an den Kleidern rissen. Nach zwei Schritten hatte sie vergessen, dass sie es warm und trocken gehabt hatte. Zurück zum Leben als Schiffsjunge.
Sie hätte beinahe nicht gehört, wie der Tavernenwirt ihr etwas nachrief. Reller drehte sich um, und als sie sich umwandte, sah sie, wie der Mann ihr aus der Tür hinterherrief: »Bist du Athel?«
Reller deutete auf Althea.
»Du sollst zu Brashen kommen. Er hat zuviel getrunken.
Komm und bring ihn hier heraus.«
»Na wundervoll«, knurrte sie und fragte sich, warum er ausgerechnet sie ausgesucht hatte. Reller bedeutete ihr zurückzugehen.
»Wir treffen uns am Schiff!«, rief sie und er nickte. Müde ging sie zur Kneipe zurück. Die Aussicht, dass Brashen
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