Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
berühren, und verbeugte sich kurz vor Amber. »Es ehrt mich, jemanden kennen zu lernen, den Althea ihre Freundin nennt. Mehr muss ich über Euch nicht wissen.«
»Mein Sohn erinnert mich an meine Manieren. Verzeiht, meine Dame. Ich bin der Kapitän und Bingtown-Händler Tomie Tenira. Eigner des Zauberschiffs Ophelia. Das ist mein Sohn, Grag Tenira.«
Althea fiel auf, dass sie Ambers Familiennamen gar nicht kannte. Doch bevor sie unbeholfen die Vorstellung übernehmen konnte, sprach Amber bereits. »Ich bin Amber, die Perlenmacherin, eine Handwerkerin von der Regenwild-Straße. Ich freue mich darauf, Euer Schiff kennen zu lernen.«
Ohne weitere Umstände ging Kapitän Tenira voraus. Ophelia konnte offenbar ihre Neugier kaum noch beherrschen. Sie musterte Amber mit einer erschrockenen Zurückhaltung, die Althea unfreiwillig grinsen ließ. Doch sobald Ambers Anwesenheit erklärt war, zögerte das Schiff keine Sekunde. Sie wandte sich zu ihr und zeigte ihr die versengten Hände. »Glaubt Ihr, dass Ihr etwas für mich tun könnt?«, fragte sie ernst.
Zum ersten Mal konnte Althea einen genaueren Blick auf den Schaden werfen. Der brennende Teer war an ihren Fingern hängen geblieben. Er bedeckte die Innenseite von Ophelias linkem Handgelenk. Ihre Patrizierhände sahen jetzt aus wie die einer Putzmagd.
Amber ergriff mit beiden Händen die große Pranke des Schiffes. Sie fuhr mit ihren behandschuhten Händen vorsichtig über die versengte Oberfläche und rieb dann fester daran. »Sag mir, ob es weh tut«, erklärte sie etwas spät. Vor Konzentration run- zelte sie die Stirn. »Ein höchst außerordentliches Holz«, murmelte sie. Sie öffnete ihre Tasche und nahm ein Werkzeug heraus. Vorsichtig kratzte sie an den geschwärzten Fingerspitzen. Ophelia schnappte nach Luft.
»Tut das weh?«, fragte Amber sofort.
»Nicht wie bei einem Menschen. Es fühlt sich… falsch an. Wie ein Schaden.«
»Ich denke, unter dieser versengten Oberfläche ist viel unversehrtes Holz. Mit meinem Werkzeug könnte ich das entfernen, was geschwärzt ist. Ich muss dabei allerdings Eure Hände neu gestalten. Ihr hättet am Ende etwas schlankere Finger als jetzt. Ich glaube, dass ich die Proportionen beibehalten kann, es sei denn, der Schaden reicht tiefer, als ich dachte. Allerdings müsstet Ihr dieses Gefühl von Verletzung, ohne zu zucken, ertragen, während ich arbeite. Ich weiß nicht, wie lange es dauert.«
»Was sagst du dazu, Tomie?«, fragte das Schiff den Kapitän.
»Meiner Meinung nach haben wir wenig zu verlieren«, antwortete er liebevoll. »Wenn das Gefühl unerträglich werden sollte, wird Mistress Amber sicher aufhören.«
Ophelia lächelte nervös. Dann wurde ihr Blick nachdenklich. »Wenn Ihr meine Hände erfolgreich repariert habt, könntet Ihr vielleicht auch etwas an meinem Haar ändern.« Sie hob die Hand und berührte die langen Locken ihrer Mähne. »Dieser Stil ist so veraltet. Ich hab oft gedacht, dass Ringellöckchen um mein Gesicht besonders gut…«
»Ach, Ophelia!« Tomie stöhnte, während die anderen lachten.
Amber hatte Ophelias Hand festgehalten. Sie beugte sich immer noch darüber und begutachtete den Schaden. »Ich werde vielleicht große Schwierigkeiten damit haben, die Maserung zu erhalten. Ich habe noch nie eine Beize gesehen, die die Farbe von Haut so gut nachahmt, ohne dabei die Maserung des Holzes zu verbergen. Jemand hat mir einmal gesagt, dass ein Lebensschiff seine eigenen Farben erschafft, wenn es erwacht.« Unbefangen sah sie Ophelia in die Augen. »Wird es wieder passieren, wenn ich so tief hobeln muss, dass ungefärbtes Holz zum Vorschein kommt?«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Ophelia gelassen.
»Jedenfalls ist das keine Arbeit, die an einem Nachmittag erledigt werden kann«, stellte Amber nachdrücklich fest. »Kapitän, Ihr müsstet Euren Wachen den Befehl geben, mich an Bord zu lassen. Ich werde dieselbe Verkleidung beibehalten. Ist das annehmbar?«
»Ich glaube schon«, stimmte der Kapitän zu. »Auch wenn es den anderen Händlern schwer zu erklären sein dürfte, warum eine so heikle Arbeit einer Sklavin anvertraut wird oder warum ich überhaupt eine Sklavin für diese Arbeit einsetze. Ich bin gegen jede Art von Sklaverei, müsst Ihr wissen.«
»Ich auch«, erwiderte Amber ernst. »Und wie noch viele andere Menschen in der Stadt.«
»Ach wirklich?«, erwiderte Tomie verbissen. »Wenn es einen gewaltigen öffentlichen Aufschrei gegeben hat, ist er mir jedenfalls
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