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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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waren, konnte man jetzt nur noch durch vergitterte Fenster betrachten. Althea vermisste den Duft von Parfüms, das Klingen der Windspiele und den Geruch seltener Gewürze in der Luft. Die Geschäfte und die Straße waren so belebt wie immer, aber sowohl die Verkäufer als auch die Käufer strahlten eine misstrauische Vorsicht aus, die sehr unangenehm wirkte. Selbst vor Ambers Geschäft stand eine Wächterin und wartete vor der verschlossenen Tür. Die junge Frau trug einen Lederharnisch und jonglierte beiläufig mit zwei Schlagstöcken und einem Totschläger, während sie darauf wartete, dass ihre Herrin die Tür öffnete. Ihr langes blondes Haar war zu einem Zopf geflochten. Sie lächelte Althea strahlend an. Die drückte sich verlegen an ihr vorbei. Das Lächeln hatte etwas von einer großen Katze, die einen Nager betrachtet.
    »Warte draußen, Jek. Ich mache noch nicht auf«, befahl Amber nachdrücklich.
    »Wie es Euch gefallen tut, Herrin«, antwortete Jek. Sie sprach merkwürdig und mit einem fremden Akzent. Als sie hinausging, warf sie Althea noch einen nachdenklichen Blick zu und schloss dann die Tür hinter sich.
    »Wo hast du die denn her?«, fragte Althea ungläubig.
    »Sie ist eine alte Freundin. Wenn sie herausfindet, dass du eine Frau bist, ist sie bestimmt enttäuscht. Und sie wird es merken. Jek entgeht nichts. Aber es besteht keine Gefahr, dass sie dein Geheimnis verrät. Sie ist absolut verschwiegen, sieht alles, sagt nichts. Die perfekte Dienerin.«
    »Das ist seltsam. Ich hätte mir nie vorgestellt, dass du irgendwelche Dienstboten haben könntest.«
    »Ich würde auch lieber darauf verzichten, aber ich fürchte, dass es nötig ist, mein Geschäft bewachen zu lassen. Ich bin umgezogen, und bei der steigenden Anzahl von Einbrüchen in Bingtown brauchte ich einen Nachtwächter für meinen Laden. Jek suchte einen Ort, wo sie wohnen kann. Unser Arrangement funktioniert großartig.« Sie nahm Althea den Holzklotz aus den Armen und legte ihn zur Seite. Zu Altheas Überraschung packte sie sie dann an den Schultern und hielt sie auf Armeslänge von sich. »Du bist ein entzückender Jüngling. Ich kann Jek nicht verübeln, dass sie dir schöne Augen macht.« Sie umarmte Althea herzlich. »Ich bin so froh, dass du unbeschadet zurückgekehrt bist«, sagte Amber, als sie Althea losließ. »Ich habe oft an dich gedacht und mich gefragt, wie es dir wohl gehen mag. Komm mit nach hinten. Ich mache uns einen Tee. Dabei können wir uns unterhalten.«
    Amber ging voraus, während sie das sagte. Das Hinterzimmer war noch genauso unordentlich, wie Althea es in Erinnerung hatte. Überall standen Werkbänke mit Werkzeug und halb fertigen Perlen. Kleider hingen an Haken oder lagen ordentlich zusammengefaltet in Truhen. In einer Ecke stand ein Bett und in der anderen ein ungemachter Strohsack. Im Herd brannte ein kleines Feuer.
    »Ich hätte gern einen Tee, aber dafür habe ich keine Zeit. Jedenfalls im Moment nicht. Zuerst muss ich eine Nachricht überbringen. Aber sobald ich das erledigt habe, komme ich sofort hierher zurück. Ich hatte das sowieso vor, schon bevor du mich auf der Straße gesehen hast.«
    »Es ist auch sehr wichtig für mich, dass du das tust«, antwortete Amber so ernst, dass Althea sie unwillkürlich ansah. »Das ist nicht so schnell zu erklären«, erwiderte Amber auf diesen Blick.
    Altheas Neugier war geweckt. »Ich muss auch mit dir unter vier Augen sprechen. Es ist eine sehr… heikle Angelegenheit. Vielleicht habe ich ja nicht das Recht, mich da einzumischen, aber sie ist…« Sie zögerte. »Vielleicht ist jetzt sogar der beste Zeitpunkt, obwohl ich noch nicht einmal mit Kapitän Tenira darüber gesprochen habe.« Althea hielt kurz inne und sprach dann weiter. »Ich diene auf dem Zauberschiff Ophelia. Sie ist verletzt worden, und ich hoffe, dass du ihr helfen kannst. Eine chalcedanische Galeone hat uns auf unserem Rückweg nach Bingtown angegriffen. Ophelia hat sich die Hände verbrannt, als sie sie abgewehrt hat. Sie behauptet zwar, dass es nicht weh tut, aber sie faltet immer die Hände und versteckt sie, damit niemand sie sehen kann. Ich weiß nicht, wie groß der Schaden ist oder ob ein Holzschnitzer wie du versengtes Holz reparieren kann. Aber…«
    »Ihr seid von einer Galeone angehalten worden? Und sie hat euch angegriffen?« Amber war entsetzt. »In der Inneren Passage?« Sie stieß die Luft aus und starrte an Althea vorbei, als sähe sie in eine andere Zeit und auf einen anderen Ort.

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