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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ermuntert ihn, meine Mutter zu unterhalten.« Er blieb vor der Haustür stehen und sah sie an. »Habe ich etwas vergessen? Habt ihr etwas nicht verstanden?«
    »Es ist alles klar«, erwiderte die Frau schnell. »Wir halten unseren Teil der Abmachung, Kapitän Kennit. Seid unbesorgt.« Sie legte die Hand auf ihren Bauch, als schwöre sie das eher dem Kind in ihrem Bauch als ihm. Dies überzeugte ihn fast mehr als alles andere davon, dass er eine gute Wahl getroffen hatte. Er nickte sehr zufrieden mit sich selbst. Er war Sa'Adar los, ohne das Unglück zu beschwören, das es bedeutete, wenn man einen Priester tötete. Kyle Haven war an einem Ort, über den sich weder er noch Wintrow grämen mussten, und trotzdem war er verfügbar, falls Kennit sich doch entschließen sollte, Lösegeld für ihn zu verlangen. Die anderen war er ebenfalls gut losgeworden. Sie hatten das Boot ans Ufer gerudert und dafür gesorgt, dass weder der Priester noch der Kapitän Ärger machten. Ja, es war eine gute Entscheidung gewesen.
    Er trat ins Haus und sah sich um. Der Priester stand in einer Ecke, die Arme vor der Brust verschränkt. Es sah nicht so aus, als würde er beten. Seine Mutter beugte sich über den Inhalt der Kiste und stieß Freudenschreie aus. Die Türkisohrringe hatte sie bereits angelegt. Als er hereinkam, humpelte Ankle gerade das kurze Stück vom Herd zum Tisch. Sie trug eine Schale mit frischem Brot. Auf dem Tisch standen ein Schüsselchen mit Beerenmarmelade und ein Stück gelber Frühlingsbutter. Neben der Butter dampfte Kräutertee aus dem gesprungenen Deckel eines Topfes. Der Tisch war mit einer bunten Auswahl von Geschirr gedeckt. Keine Tasse passte zur anderen. Kennit ärgerte sich einen Moment. Obwohl die Leute, die hier versammelt waren, diese Insel niemals verlassen würden, gefiel es ihm nicht, dass jemand seine Mutter in solchen Umständen leben sah. Wenn er erst einmal König war, wäre es nicht gut, wenn sich solche Geschichten herumsprachen. »Wenn ich das nächste Mal zu Besuch komme, bringe ich dir ein ordentliches Teeservice mit, Mutter. Ich weiß zwar, wie gern du diese alten Stücke hast, aber wirklich…«
    Er beendete den Satz nicht und nahm sich ein Stück von dem warmen Brot. Seine Mutter plapperte auf ihn ein, als sie ihm eine Tasse Tee einschenkte und ihm den einzigen Stuhl am Tisch anbot. Er setzte sich dankbar hin. Die Krücke tat allmählich wirklich weh. Er bestrich das Brot mit Butter und häufte Marmelade darauf. Der erste Biss löste eine Unzahl von Erinnerungen aus, die ihn beinahe überwältigt hätten. Diese bescheidene Nahrung schmeckte ausgesprochen köstlich. Sie gehörte zu der Welt eines kleinen Jungen, der über alle Maßen verhätschelt und behütet worden war. All das hatte sich vor mehr als fünfunddreißig Jahren zugetragen. Eigenartig, dass ein einziger süßer Bissen so viel bittere Erinnerungen auslösen konnte. Er aß den Rest des Brotes und noch drei weitere Scheiben, ständig hin und her gerissen zwischen Genuss und schmerzlicher Erinnerung.
    Die anderen leisteten ihm Gesellschaft und standen um den Tisch herum. Nur der Priester weigerte sich. Sein geringschätziger Blick schloss alle ein, auch Kennit. Aber es kümmerte den Piraten nicht. Schon bald würde der Hunger ihn eines Besseren belehren. Es war schon eine sehr merkwürdige Gesellschaft, die sich hier versammelt hatte. Seine Mutter plapperte in ihrem unverständlichen Singsang weiter. Die Kartenvisagen reagierten mit Nicken und Lächeln auf sie, sagten aber kaum etwas. Ihre Dummheit schien ansteckend zu sein. Ankle wirkte in dieser Umgebung beinahe kompetent. Sie nahm einen Besen und kehrte die Asche in den Ofen zurück, ohne dass es ihr jemand sagen musste. Ihre Augen hatten schon etwas von dem verwundeten Ausdruck verloren. Kennit dachte kurz über sie nach. Er hatte eine fügsame Dienerin für seine Mutter gewollt. Hoffentlich fand das Mädchen nicht zu viel von seinem alten Charakter wieder.
    Er trank den Tee aus und stand auf. »Ich muss jetzt gehen. Mutter, fang nicht damit an. Du weißt, dass ich nicht bleiben kann.«
    Trotz seiner Worte packte sie seinen Ärmel. Der flehentliche Ausdruck in ihren Augen war mehr als beredt, aber Kennit zog es vor, ihn misszuverstehen. »Ich vergesse die Teetassen nicht, das verspreche ich dir. Ich bringe sie das nächste Mal mit. Und alle mit hübschen kleinen Mustern. Ich weiß ja, was du magst.« Während er ihre Hände entschlossen von seinem Ärmel löste, sprach er über

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