Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
gegen ihn. Er wollte dösen. Er wollte ruhig dasitzen und sich in dem warmen Nachmittag treiben lassen. Stattdessen massierte er seine schmerzende Achselhöhle. Er verachtete sich selbst und fragte sich, ob der Priester so lange brauchte, weil er Kapitän Haven einen Besuch abgestattet hatte. Nein. Das würde Dedge nicht erlauben. Es sei denn, sie hätten die ganze Zeit unter einer Decke gesteckt. Wenn dem so war, würden sie bald kommen und ihn töten. Seine Mutter hatten sie natürlich schon umgebracht. Sie hatten seine Schätze gefunden, die er so sorgfältig in dem großen Haus versteckt hatte. Sie würden kommen und ihn töten, weil er so dumm gewesen war. Was würden sie dann tun? Zum Schiff konnten sie nicht zurückkehren. Was blieb ihnen dann? Gab es in dem Haus genug Schätze, um Sorcor, Etta, Wintrow und Brig zu kaufen? Vielleicht. Sein Inneres wurde kalt vor Zorn über seine eigene Dummheit. Dann jedoch lächelte er böse. Vielleicht gab es dort genug Schätze, um ein menschliches Herz zu kaufen. Nicht aber das von Viviace. Das Schiff liebte ihn bereits. Das wusste er. Man konnte das Herz eines Zauberschiffes nicht kaufen oder stehlen. Das Herz eines Zauberschiffes war treu.
Igrot hatte das vor vielen, vielen Jahren bewiesen.
Kennit lächelte, als er sich vorbereitete und wartete.
Als der Priester schließlich kam, trampelte er wie ein Mann, der wütend war. Also hast du tatsächlich versucht, Dedge auf deine Seite zu ziehen, dachte Kennit. Und bist gescheitert. Er betrachtete Sa'Adar und wurde in seiner Vermutung bestätigt. Der Priester sah aus wie jemand, der einer drohenden Tracht Prügel gerade noch entkommen war. Sein Gesicht war vor Zorn gerötet. Als er sich näherte, kletterte Kennit in die Gig und setzte sich auf den Rudersitz. Er hielt sich nicht erst mit einer Begrüßung auf. »Schieb es ins Wasser.«
Sa'Adar sah ihn finster an. »Es wäre leichter, wenn die Gig leer wäre.«
»Wahrscheinlich«, stimmte Kennit ihm liebenswürdig zu, ohne sich zu bewegen.
Der Mann war nicht schwach, aber er war auch kein erfahrener Seemann. Er legte die Hände gegen das Boot und schob. Nichts passierte. »Warte auf eine Welle«, schlug Kennit vor.
Sa'Adar knirschte mit den Zähnen, gehorchte aber. Der Boden der Gig rutschte schleifend über den Sand. »Schieb weiter, sonst sitzt sie wieder fest«, warnte Kennit, während er die Ruder nahm. Schon bald watete Sa'Adar neben ihm und versuchte sich ins Boot zu ziehen. Kennit ruderte stetig weiter. Es war schon lange her, dass er das letzte Mal ein Boot gerudert hatte, aber sein Körper erinnerte sich noch gut daran. Er drückte sein Holzbein gegen den Boden des Bootes, damit er nicht wegrutschte. Selbst so war es schwierig, gleichmäßig an den Rudern zu ziehen. Verzweiflung überkam ihn, als ihm klar wurde, dass nichts mehr so sein würde wie früher. Er hatte einen Teil seines Körpers verloren, und für den Rest seines Lebens musste er das mit seinen Taten kompensieren.
»Wartet!«, beschwerte sich Sa'Adar, als er versuchte, an Bord zu klettern. Kennit ignorierte ihn und ruderte weiter. Sa'Adar war noch halb im Wasser, als die nächste Welle die Gig anhob. Der Priester kletterte wie eine Landratte an Bord, schnappte nach Luft und zitterte, als der Seewind über seine nasse Kleidung wehte. Sobald er an Bord war, hob Kennit die Ruder hinein. Es freute ihn, dass er sich trotz Holzbein und Krücke immer noch eleganter bewegte als Sa'Adar, als er sich von seinem Platz erhob. Der Priester hatte die Arme um sich geschlungen und sah ihn verächtlich an. »Ihr erwartet, dass ich rudere?«
»Es wird dich aufwärmen«, meinte Kennit.
Er saß im Bug und hielt seine Krücke fest, während er zusah, wie Sa'Adar ruderte. Selbst an einem warmen Tag konnte es schnell eine ziemlich schwere Arbeit sein, ein Boot zu rudern. Und hier herrschten Wind und eine leichte Strömung, die es ihm schwerer machten. Er ruderte sehr ungleichmäßig. Manchmal hüpften sie aus dem Wasser und schlugen auf die Oberfläche. Sie kamen nur langsam vorwärts. Kennit machte sich keine Sorgen. Er spürte Sa'Adars Ungeduld, wieder zum Schiff zurückzukommen. Kennit beschloss, sich mit ihm zu unterhalten.
»Bist du mit der Gerechtigkeit zufrieden, die Kapitän Haven widerfahren ist?«
Sa'Adar rang heftig nach Atem, aber er konnte nicht widerstehen, eine kleine Rede zu halten. »Ich wollte ihn sehen, bevor ich ging. Um ihn anzuspucken und ihm viel Spaß mit seinen Ketten und der Dunkelheit zu
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