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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ihr Nachtquartier ausgesucht. Die Brummbär lag neben ihnen und die Marietta direkt dahinter. Der scharfe Wind war zu einer Brise abgeklungen, die ein schwaches Summen in der Takelage erzeugte. Sie waren so nah an Land, dass der Duft der Bäume und Pflanzen so stark war wie das Salzwasser. »Der Angriff ist gut gelaufen«, sagte sie nach einem Moment.
    »Sagst du mir das, weil du glaubst, ich wüsste das nicht?« Seine Stimme klang eine Spur sarkastisch.
    »Werdet Ihr es wieder tun? Den Kanal für diesen Zweck benutzen?«
    »Vielleicht.« Seine kühle Antwort beendete ihr Bemühen um ein Gespräch.
    Das Schiff schwieg zum Glück, aber Etta empfand ihre Gegenwart trotzdem als Störung. Wären sie doch an Bord der Marietta . Dort hätte sie ihm näher kommen und ihn dazu bringen können, sie wahrzunehmen. Hier jedoch wirkte das Schiff wie eine Gouvernante. Selbst wenn sie allein in seiner Kajüte waren, spürte Etta die Anwesenheit der Viviace . Sie glättete mit einer Hand ihren Rock und genoss das Knistern und das Rascheln des Stoffes.
    »Bevor wir unterbrochen wurden«, sagte Viviace unvermittelt, »besprachen wir gerade die Pläne für morgen.«
    »Ja, richtig«, stimmte Kennit ihr zu. »Bei Morgengrauen lichten wir die Anker und segeln nach Divvytown. Ich muss die Brummbär gut unterbringen, bis das Lösegeld bezahlt wird. Und ich möchte die Sklaven so bald wie möglich an Land bringen.«
    Sie ignorierten sie. Etta war eifersüchtig, aber sie weigerte sich, einfach wegzugehen.
    »Und wenn wir anderen Schiffen begegnen?«, fuhr das Schiff fort.
    »Dann seid Ihr an der Reihe«, erwiderte Kennit ruhig.
    »Ich weiß nicht, ob ich dazu schon bereit bin. Ich weiß es nicht… Das viele Blut. Das Leiden. Menschen empfinden so viel Schmerzen.«
    Kennit seufzte. »Ich hätte Opal wohl besser nicht an Bord gebracht. Ich habe mir Sorgen um den Jungen gemacht und wollte ihn in meiner Nähe haben. Ich dachte nicht, dass es Euch stören würde.«
    »Das tut es nicht, wirklich nicht«, erwiderte Viviace hastig.
    Kennit sprach weiter, als hätte er sie nicht gehört. »Ich sehe mir auch nicht gern Schmerzen an«, fuhr er fort. »Aber welcher Mann könnte einfach davor weglaufen? Soll ich mich von jemandem abwenden, der sich um meinetwillen hat verletzen lassen? Seit vier Jahren ist mein Schiff die einzige Heimat, die er kennt. Er wollte heute unbedingt mit zur Entermannschaft gehören. Ach, ich wünschte, Sorcor hätte ihn aufgehalten! Er hat es nur getan, um mich zu beeindrucken.« Kennits Stimme zitterte. »Der arme Junge. Trotz seiner Jugend war er bereit, alles für das zu riskieren, an was er glaubte.« Seine Stimme klang gepresst, als er weitersprach. »Ich fürchte, ich habe seinen Tod herbeigeführt. Wenn ich diesen Kreuzzug nicht angefangen hätte….«
    Etta trat unwillkürlich näher. Sie hatte Kennit noch nie so reden hören und hätte nicht gedacht, dass er einen solch tiefen Schmerz in sich trug. Sie nahm seine Hand. »Ach, Kennit«, sagte sie leise. »Mein Lieber, Ihr dürft das nicht alles auf Euch nehmen. Das geht nicht.«
    Einen Moment versteifte er sich, als hätte sie ihn beleidigt. Die Galionsfigur sah sie böse an. Dann drehte sich Kennit zu ihr um und legte ihr zu ihrem Schreck seinen Kopf auf die Schulter. »Und wenn nicht?«, fragte er müde. »Ach, Etta, wenn ich das nicht mache, wer dann?«
    Ihr Herz quoll über vor Zärtlichkeit für diesen starken Mann, der sich jetzt auf sie stützte. Sie hob die Hand und streichelte sein Haar, das sich seidig unter ihren Fingern anfühlte. »Es wird alles gut. Ihr werdet schon sehen. Viele lieben Euch und werden Eurem Beispiel folgen. Ihr dürft das nicht alles auf Eure Schultern nehmen.«
    »Was sollte ich ohne sie tun? Ich könnte nicht weitermachen.« Seine Schultern zuckten, als müsste er ein Schluchzen unterdrücken. Stattdessen hustete er.
    »Kapitän Kennit«, sagte Viviace bestürzt. »Ich meinte nicht, dass ich Eure Ideale nicht teile. Ich habe nur gesagt, dass ich nicht genau weiß, ob ich schon vollkommen…«
    »Es ist schon gut, wirklich, es ist schon gut.« Seine Antwort schnitt dem Schiff die Worte ab, auch wenn sein Tonfall signalisierte, dass er ihre Bemerkung als bloße Floskel abtat. »Wir kennen uns erst seit kurzer Zeit. Es ist noch viel zu früh, Euch zu bitten, Euer Schicksal mit dem meinen zu verbinden. Gute Nacht, Viviace.« Er holte tief Luft und stieß dann einen Seufzer aus. »Etta, Liebes, ich fürchte, mein Bein schmerzt. Würdest du

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