Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
Ich bezweifle, dass er sich erlauben würde, sie attraktiv zu finden.« Es zögerte. »Deine kleine Vorstellung heute Abend hat ihm einiges zum Nachdenken gegeben. Er wird das Opals Tod gegenüberstellen.«
»Ein sehr unglücklicher Zufall«, murmelte Kennit und verstummte. Wie konnte er Etta Wintrow schmackhafter machen? Vielleicht mit mehr Schmuck? Jungen fühlten sich immer von funkelnden Dingen angezogen. Er würde sie als einen erstrebenswerten Besitz darstellen.
»Warum hast du sie heute nach einem Baby gefragt?«, wollte das Amulett kurz darauf wissen.
»Ein flüchtiger Gedanke. Ein Kind wäre vielleicht nützlich. Das hängt davon ab, wie Wintrow sich entwickelt.«
Das Amulett war perplex. »Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst. Und wenn ich es wüsste, fände ich es vermutlich absolut widerlich.«
»Ich wüsste nicht, warum«, antwortete Kennit. Er schloss die Augen.
»Wie könnte ein Kind nützlich für dich sein?«, wollte das Amulett kurz darauf wissen.
»Ich werde keine Ruhe geben, bis du es mir sagst«, meinte es, als Kennit schwieg.
Kennit seufzte. »Ein Kind könnte das Schiff zufrieden stellen. Sollte Wintrow unerträglich werden, dann könnte er ersetzt werden.«
»Mit deinem und Ettas Kind?«, fragte das Amulett ungläubig.
Kennit lachte leise. »Nein, natürlich nicht. Jetzt bist du albern.« Er streckte sich und drehte sich wieder zu Etta um. Er schmiegte sich an sie und schloss die Augen. »Wintrow müsste das Kind zeugen. Dann gehörte es zur Familie des Schiffes.« Er seufzte befriedigt und runzelte dann die Stirn. »Allerdings vermute ich, dass ein Kind an Bord eine ziemliche Plage ist. Es wäre einfacher, wenn Wintrow lernen würde, sein Schicksal zu akzeptieren. Der Junge verfügt über ein großes Potential. Er kann denken. Ich muss ihn einfach nur so ausbilden, dass er denkt wie ich.
Vielleicht nehme ich ihn zum Orakel der Anderen mit. Vielleicht könnten sie ihn zu seiner Bestimmung bekehren.«
»Lass mich stattdessen mit ihm sprechen«, schlug das Amulett vor. »Vielleicht könnte ich ihn dazu bringen, dich umzubringen.«
Kennit kicherte anerkennend und schlief ein.
21. Rettung
Das laue Lüftchen vom Meer war das Einzige, was die Arbeit erträglich machte. Die Sommersonne brannte aus dem wolkenlosen Himmel herunter. Als Brashen aufs Meer hinausblickte, war es unangenehm hell. Das grelle Licht bohrte sich wie Dornen in sein Gehirn. Doch er runzelte aus einem anderen Grund die Stirn. Die Arbeiter bewegten sich äußerst träge und führten ihre Aufgaben ohne Energie und ohne großen Eifer aus.
Breitbeinig stand er auf dem geneigten Deck des Paragon . Er schloss kurz die Augen, öffnete sie dann wieder und versuchte, die Angelegenheit von einer neuen Perspektive anzugehen. Das Schiff war vor gut dreißig Jahren an Land gezogen worden. Es war aufgegeben und vernachlässigt worden, und die Elemente hatten ihr Spiel mit ihm getrieben. Wäre es nicht aus Hexenholz gebaut worden, dann wäre es jetzt kaum mehr als ein Gerippe. Die Stürme und Gezeiten hatten den Paragon an den obersten Rand der Hochwasserlinie geschoben. Die Jahre hatten Sandhaufen gegen seinen Rumpf geblasen. Er lag jetzt mit dem Kiel zum Wasser schräg auf dem sandigen Strand. Nun konnten ihn nur noch die höchsten Flutwellen erreichen.
Die Lösung war trügerisch einfach. Der Sand musste weggeschaufelt werden. Dann würden Hölzer unter den Rumpf geschoben werden, die als Rutschen dienten. Danach befestigte man ein schweres Gegengewicht an der Spitze des zersplitterten Hauptmastes und legte ihn so noch weiter auf die Seite. Bei der höchsten Flut am Ende des Monats konnte man einen Schleppkahn vor der Küste verankern und ein Tau vom Paragon zur Winde am Heck des Kahns spannen. Wenn ihn dann Männer an Land mit Hebeln die Rutschen hinunterschoben und die Männer auf dem Kahn die Winde bedienten, würde das Schiff auf der Seite ins Wasser gleiten. Das Gegengewicht würde ihn geneigt halten und es ermöglichen, ihn in flacheres Wasser zu ziehen. Sobald sie ihn im tiefen Wasser hatten, konnten sie ihn aufrichten.
Dann würden sie sehen, was als Nächstes passierte.
Brashen seufzte. Man konnte die ganze Operation in einigen Sätzen beschreiben und dann eine ganze Woche arbeiten, ohne der Lösung auch nur einen Schritt näher gekommen zu sein.
Die Männer plagten sich rund um das Schiff mit Schaufeln und Schubkarren. Während der gestrigen Flut hatte man schwere Balken herbeigebracht. Sie lagen sicher
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