Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
ich deins. Komm und setz dich.« Sie stand graziös auf und zog ihre verblüffte Mutter vor den Spiegel. Dann zog sie die langen Nadeln aus dem dunklen Haar ihrer Mutter. Es fiel auf ihre Schultern herunter. »Du trägst dein Haar wie eine langweilige alte Frau«, verkündete sie. Es war überflüssig, darauf hinzuweisen, dass ihre Großmutter das ihre genauso trug.
Sie beugte sich herunter, legte ihre Wange an Keffrias und begegnete ihrem Blick im Spiegel. »Lass es mich mit ein paar Blumen schmücken, die mit deinen Perlnadeln festgesteckt sind. Es ist Frühling, und es wird Zeit, das Erblühen des Lebens zu feiern.« Malta hob die Bürste mit dem silbernen Handgriff und fuhr ihrer Mutter damit durchs Haar. Sie neigte den Kopf und lächelte ihrer Mutter im Spiegel zu. »Wenn wir es uns nicht leisten können, neue Kleider und Gewänder zu kaufen, bevor Vater zurückkommt, dann sollten wir vielleicht einige ältere mit neuer Stickerei verzieren. Ich bin sicher, dass ihm das gefällt. Außerdem wird es Zeit, dass ich deine Rosenknospenstickerei lerne. Vielleicht kannst du sie mir ja nach Reyns Besuch zeigen.«
Ronica Vestrit betrachtete die plötzliche Freundlichkeit ihrer Enkelin mit Skepsis. Ihr Pessimismus setzte sie zwar sogar in ihren eigenen Augen herab, aber sie wagte nicht, von ihm abzulassen. Sie verwünschte die Umstände, die den Ruf und die Finanzen der Familie in die ungeschickten Hände dieses unberechenbaren Mädchens gelegt hatten. Und noch erschreckender war, dass diese Hände fordernd und habgierig waren und dass Maltas Narrheiten von Hinterlist geprägt waren. Wenn das Mädchen seinen scharfen Verstand nur darauf konzentriert hätte zu tun, was wirklich das Beste für sie selbst und die Familie war, hätte sie die Vestrits mit Stolz erfüllt. So wie es jetzt aussah, war sie eine gefährliche Belastung.
Ronica entfernte sich schweigend aus dem Raum, in dem Malta jetzt das Haar ihrer Mutter in Locken legte. Verbittert dachte sie, dass Reyn Khuprus sie vielleicht von Malta befreien würde, wenn sie Glück hatten. Es war sicherlich sehr erholsam, diese hinterlistige kleine Hexe aus dem Haus zu haben. Doch dann stellte sie sich Malta als Schwiegertochter von Jani Khuprus vor und zuckte zusammen. Nein, Malta war ein Problem der Vestrits. Es war das Beste, sie zu Hause zu halten, bis man ihr beigebracht hatte, sich so zu benehmen, dass es der Familie zum Wohl gereichte. Manchmal glaubte Ronica, dass der einzige Weg, Malta das beizubringen, der Riemen war.
Sie suchte den Frieden ihrer eigenen Gemächer auf. Da der Frühling vor der Tür stand, hatte Ronica ihre Räume gesäubert und aufgefrischt, wie sie es jedes Jahr tat. Es hatte nicht geholfen. Die Erinnerung an den Geruch der Krankheit hing noch immer in der Luft. Das Sonnenlicht, das sich durch die hohen Fenster in den Raum ergoss, wirkte gekünstelt. Das saubere Linnen auf dem Bett wirkte eisig weiß und kalt, nicht frisch und einladend. Sie ging zu ihrem Frisiertisch, setzte sich und betrachtete sich im Spiegel. Malta hatte Recht. Sie wurde eine langweilige alte Frau. Zwar hatte sie sich niemals für besonders hübsch gehalten, aber solange Ephron noch lebte, hatte sie auf ihr Äußeres geachtet. Nachdem er gestorben war, hatte sie es vergessen. Sie hatte aufgehört, eine Frau zu sein. Die Linien in ihrem Gesicht waren tiefer geworden, und die Haut am Hals war eingefallen. Die wenigen Kosmetiktöpfe auf ihrem Tisch hatten Staub angesetzt. Als sie ihren Schmuckkasten öffnete, kam ihr der Inhalt sowohl vertraut als auch fremd vor. Wann hatte sie sich zum letzten Mal geschminkt? Wann hatte sie sich zum letzten Mal überhaupt darum gekümmert, wie sie aussah?
Sie holte tief Luft. »Ephron.« Mehr sagte sie nicht. Sie sprach einfach nur seinen Namen laut aus. Es war teilweise ein Flehen, teilweise eine Entschuldigung, teilweise ein Abschied. Dann griff sie hoch und löste ihr Haar. Sie schüttelte es, bis es auf ihre Schultern fiel. Ronica sah stirnrunzelnd, wie dünn es geworden war. Sie hob die Hände vor das Gesicht, tastete ihre dünne, trockene Haut ab und versuchte, die Linien um ihren Mund zu glätten. Sie schüttelte den Kopf über sich selbst und senkte ihn dann, um den Staub von den Kosmetiktöpfen zu pusten. Sie öffnete den ersten.
Als sie gerade ihre Toilette beendet und Parfüm aufgelegt hatte, klopfte Rache zögernd an der Tür. »Komm herein«, rief Ronica beiläufig. Seit Nanas Abschied war Rache die einzige Dienerin in dem ehemals
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