Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
Verzweiflung gestürzt.
Auf dem Tisch vor Malta standen kleine Töpfchen mit Schminke, Cremes und Parfüm. Nichts davon war neu. Es waren Reste aus dem Zimmer ihrer Mutter. Es ärgerte Malta, dass sie glaubten, sie verdiene nichts Besseres. Die meisten Sachen stammten nicht einmal aus dem Basar. Sie waren zu Hause gemacht worden, in der Küche, hergestellt wie eine Suppe aus Beeren, Blumen und Talg. Ihre Mutter und ihre Großmutter waren so enttäuschend altmodisch, was diese Dinge betraf. Wie konnten sie erwarten, dass die Gesellschaft von Bingtown sie respektierte, wenn sie so sparsam wie die Armen lebten?
Und sie unterhielten sich über ihren Kopf hinweg, als wäre sie nicht in der Lage, sie zu verstehen.
»Nein, darein habe ich mich gefügt.« Ihre Großmutter klang eher wütend als resigniert. »Es gefällt mir nicht, dass wir nichts von Kyle und der Viviace gehört haben. Das macht mir Sorgen.«
Keffria bemühte sich, ihre Stimme unbeteiligt klingen zu lassen, wenn sie über ihren Ehemann und das Familienschiff sprach. »Die Frühlingswinde können tückisch sein. Er wird in einigen Tagen wieder zu Hause sein… Wenn er überhaupt in Bingtown anlegt. Er könnte auch direkt nach Chalced segeln und seine Fracht dort verkaufen, solange sie noch in guter Verfassung ist.«
»Du meinst wohl, solange die Sklaven noch am Leben und verkäuflich sind«, bemerkte Ronica unerbittlich. Sie hatte sich immer dagegen ausgesprochen, das Zauberschiff der Familie als Sklaventransporter zu benutzen. Sie behauptete zwar, dass sie prinzipiell etwas gegen Sklaverei habe, was sie aber nicht daran hinderte, eine Sklavin im Haus zu haben. Ronica behauptete, es wäre schlecht für das Schiff, wenn es als Sklavenschiff benutzt würde, weil ein Lebensschiff nicht mit den finsteren Gefühlen einer solchen Ladung zurechtkommen würde. Die Viviace war erst kurz vor dieser Reise erwacht. Alle sagten, dass Lebensschiffe sehr empfindsam auf die Gefühle der Menschen reagierten, die an Bord lebten. Und das war bei jungen Schiffen noch stärker der Fall. Malta hatte da so ihre Zweifel. Sie hielt die ganze Geschichte mit den Zauberschiffen für albernes Gewäsch. Soweit sie das beurteilen konnte, hatte ihrer Familie der Besitz dieses Zauberschiffs nur Schulden und Ärger eingebracht.
Man brauchte sich ja nur ihre Lage anzusehen! Nachdem sie monatelang darum gebettelt hatte, dass man ihr endlich erlaubte, sich wie eine junge Frau kleiden und benehmen zu dürfen, gab ihre Familie schließlich nach. Und warum? Natürlich nicht, weil sie eingesehen hatten, wie vernünftig ihre Bitte war. Nein. Sondern wegen eines albernen Vertrages, der besagte, dass eines der Kinder der Familie dem Regenwild-Volk statt Gold angeboten werden musste, wenn Großmutter ihre Ratenzahlung für das Schiff nicht leisten konnte.
Die Ungerechtigkeit dieser ganzen Angelegenheit stieg bitter in ihr hoch und erstickte sie fast. Hier saß sie, jung, hinreißend und frisch. Und wer würde ihr erster Freier sein? Ein gut aussehender junger Händler wie Cerwin Trell, ein melancholischer Poet wie Krion Trentor? Nein. Nicht für Malta Vestrit. Nein, sie bekam einen verwarzten alten Regenwild-Händler, einen Mann, der so schrecklich entstellt war, dass er sein Gesicht hinter einem Schleier verbergen musste, wenn er nach Bingtown kommen wollte. Hatten ihre Mutter und ihre Großmutter sich je darum gekümmert? Hatten sie sich jemals Gedanken darüber gemacht, was es für sie bedeutete, wenn man ihr einen solchen Mann aufbürdete? Aber nein, die doch nicht. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich über das Schiff Sorgen zu machen oder darum, was ihrem kostbaren Bruder Wintrow zugestoßen war oder wo ihre Tante Althea war. Malta zählte nicht. Hier saßen sie, halfen ihr in das Kleid, richteten ihr Haar und achteten doch überhaupt nicht auf sie.
»… tut das Beste für die Familie«, sagte ihre Mutter leise. »Das musst du zugeben. Kyle achtet vielleicht nicht auf Gefühle, das muss ich einräumen. Er hat meine mehr als einmal verletzt. Dennoch ist er weder ein böser Mensch noch egoistisch. Ich habe nie erlebt, dass er etwas getan hat, das seiner Meinung nach nicht das Beste für uns alle war.«
Malta war ein bisschen überrascht, dass ihre Mutter ihren Vater verteidigte. Bevor ihr Vater in See gestochen war, waren sie hart aneinander geraten, und ihre Mutter hatte seitdem wenig von ihm gesprochen. Vielleicht lag ihr auf ihre eigene unbeholfene Art doch etwas an ihrem
Weitere Kostenlose Bücher