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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hinterher bei Bettel über mich beschweren würde. Doch es schien seinen Wünschen entgegenzukommen.«
    Sie hielt inne. Wintrow war das Schweigen unangenehm. Er wollte nicht mehr davon hören, und gleichzeitig hoffte er inständig, dass sie weiterredete. Es war Voyeurismus, reiner Voyeurismus, eine beißende Neugier, in allen Einzelheiten zu erfahren, was zwischen einem Mann und einer Frau vorging. Er kannte die körperliche Mechanik; dieses Wissen war ihm niemals vorenthalten worden. Aber auch wenn man die technischen Zusammenhänge kannte, wusste man noch lange nicht wirklich, wie es passierte. Er wartete und sah auf die Planken zu ihren Füßen, weil er es nicht wagte, ihr ins Gesicht zu blicken.
    »Danach lief es jedes Mal auf die gleiche Weise ab. Er kam, wählte mich aus, befahl mir zu baden und benutzte mich. Er machte es völlig kühl. Die anderen Männer, die in das Bordell kamen, spielten ein bisschen herum. Sie flirteten, lachten mit den Mädchen, erzählten Geschichten und beobachteten, wer am besten zuhörte. Sie taten so, als hätten wir etwas zu sagen. Sie brachten uns dazu, für sie miteinander zu konkurrieren. Einige tanzten sogar mit den Huren oder brachten kleine Geschenke mit. Süßliche Parfüms für die, die sie am liebsten hatten. Kennit tat das nicht. Selbst als er mit meinem Namen nach mir fragte, war es immer noch ein reines Geschäft.«
    Sie schüttelte die Hose aus, wendete sie und nähte weiter. Einmal holte sie Luft, als wollte sie weitererzählen. Dann schüttelte sie jedoch unmerklich den Kopf und widmete sich weiter ihrer Näharbeit. Wintrow wusste nicht, was er sagen sollte. Obwohl er von ihrer Geschichte fasziniert war, wurde er plötzlich ungeheuer müde. Am liebsten wäre er wieder schlafen gegangen, aber er wusste, dass er niemals einschlafen könnte, selbst wenn er sich auf den Boden legte. Draußen wurde es allmählich heller. Bald schon würde der Morgen dämmern. Einen Augenblick lang empfand er so etwas wie Triumph. Er hatte Kennit gestern das Bein amputiert, und der Pirat lebte immer noch. Er hatte es geschafft. Er hatte dem Mann das Leben gerettet.
    Dann tadelte er sich. Wenn der Pirat noch lebte, dann nur, weil sein Wille dem von Sa entsprach. Jede andere Annahme wäre Hochmut gewesen. Wintrow warf seinem Patienten einen kurzen Blick zu. Kennits Brust hob und senkte sich noch immer. Aber er hatte gewusst, dass Kennit noch lebte, bevor er hingesehen hatte. Viviace wusste es, und er wusste es durch sie. Wintrow wollte über diese Verbindung nicht nachdenken und sich auch nicht darüber wundern, wie stark sie war. Es war schon schlimm genug, dass er mit dem Schiff auf diese Weise verbunden war. Mit dem Piraten wollte er nicht auch noch ein solches Band knüpfen.
    Etta gab ein leises Geräusch von sich, als ringe sie nach Luft. Wintrow konzentrierte sich wieder auf sie. Die Piratin sah ihn nicht an, sondern hielt den Blick auf ihre Näharbeit gerichtet.
    Dabei strahlte sie einen ruhigen Stolz aus. Offenbar hatte sie über etwas nachgedacht und sich entschlossen, es ihm mitzuteilen. Als sie redete, hörte er schweigend zu.
    »Ich habe aufgehört, Kennit zu hassen, als mir klar wurde, was er mir gab, wenn er kam. Ehrlichkeit. Er bevorzugte mich, und er fürchtete sich nicht davor, das zu zeigen. Vor den anderen entschied er sich für mich, jedes Mal. Er drängte mich nicht dazu, zu lächeln und zu flirten. Er wollte mich, und ich war zu verkaufen, also kaufte er mich. Er zeigte mir, dass das alles war, was wir jemals miteinander teilen konnten, solange ich eine Hure war: ein ehrliches Geschäft.«
    Sie lächelte merkwürdig. »Manchmal bot Bettel ihm andere Frauen an. Sie hatte viele in ihrem Bordell. Einige waren viel vornehmer und hübscher als ich, einige waren Frauen, die exotische Techniken beherrschten, wie man Männer erfreuen konnte. Bettel versuchte, so seine Gunst zu gewinnen. Sie machte das immer bei den Stammgästen des Hauses, damit sie loyal zu ihr hielten. Sie bot ihnen Abwechslung und verführte sie… neue Vorlieben zu entwickeln. Ich wusste, dass es ihr nicht gefiel, dass Kennit immer zu mir kam. Sie fühlte sich dadurch vermutlich weniger wichtig. Einmal hat sie ihn vor allen Leuten gefragt: ›Warum Etta? Sie ist so schlaksig und so unansehnlich. So gewöhnlich. Ich habe Kurtisanen, die in den vornehmsten Häusern von Chalced ausgebildet wurden. Oder wenn Ihr Unschuld vorzieht, dann kann ich Euch süße jungfräuliche Dinger vom Land anbieten. Ihr könntet

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