Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
alle anderen Händler. Und sie hat einige brillante Ideen vorgetragen. Zum Beispiel hat sie vorgeschlagen, dicke Eimer aus Grünholz mit Regenwildflusswasser zu füllen und sie als Waffe gegen die Galeonen zu benutzen. Man könnte sie in Katapulte laden, um ihre Decks zu zerstören. Der Schaden tritt zwar nicht sofort ein, aber ihre Schiffe werden trotzdem sehr bald auseinanderbrechen. Ganz zu schweigen davon, was das Wasser mit ihren Ruderern macht.«
»Es sei denn, sie kommen auf die Idee, auf ihre Decks zu pinkeln«, murmelte sie.
Reyn lachte unwillkürlich und drückte sie fester an sich. »Malta Vestrit, es erstaunt mich immer wieder, was Ihr alles wisst. Wie habt Ihr dieses Geheimnis herausbekommen?«
»Selden hat es mir gesagt. Kinder können alles ausspionieren.«
»Das stimmt«, erwiderte er nachdenklich. »Kinder und Diener sind nahezu unsichtbar. Viele unserer Informationen über die Unruhen stammten von Ambers Sklavennetz.«
Sie lehnte sich an seine Schulter. Er schlang beide Arme um sie und hielt sie fest. Es war trotzdem nicht romantisch. Nichts war mehr romantisch. Nur anstrengend. »Amber? Die Perlenmacherin? Was hat sie mit den Sklaven zu tun?«
»Sie hat mit ihnen gesprochen. Sehr viel. Soweit ich das verstanden habe, hat sie ihr Gesicht geschminkt und sich als Sklavin verkleidet. Dann ist sie zum Wasserbrunnen und zu den Waschfontänen gegangen, an die Plätze, an denen sich die Sklaven sammeln, um ihre Arbeit zu tun. Zuerst hat sie nur aus ihrem Klatsch Informationen gesammelt, aber schließlich hat sie einige der Sklaven dazu gebracht, ihr zu helfen. Sie hat dieses Verschwörernetz der Tenira-Familie zur Verfügung gestellt. Grag und sein Vater haben es ausgezeichnet zu nutzen verstanden.«
»Was für eine Art Informationen?«, fragte sie benommen. Sie wusste nicht einmal, warum es sie interessierte. Es lief doch alles auf dasselbe hinaus. Krieg. Leute brachten sich gegenseitig um und zerstörten irgendwelche Dinge.
»Der letzte Klatsch aus Jamaillia. Welche Adligen sich mit wem verbünden, wer von ihnen bedeutende Interessen in Chalced hat. Es waren genau die Informationen, die wir brauchten, damit wir unseren Fall in Jamaillia vortragen können. Wir sind nämlich eigentlich keine aufständische Provinz. Was wir tun, liegt im Interesse der Satrapie. Es gibt eine Gruppe von jamaillianischen Adligen, die den Satrapen absetzen und selbst die Macht ergreifen wollen. Sie haben ihm zugeredet, nach Bingtown zu segeln, und sie haben genau das erhofft, was jetzt eingetreten ist: Aufstände. Anschläge auf das Leben des Satrapen.« Beinahe zögernd gab er zu: »Händler Restate war kein Verräter. Seine Aufdringlichkeit, als die chalcedeanische Flotte ankam, hat die Pläne der Verräter sogar durchkreuzt, denn der Satrap landete in seinem Heim, statt in ihren Händen. Hätte Restate nicht interveniert, wäre der Angriff auf Bingtown viel früher erfolgt.«
»Warum ist das so wichtig?«, wollte sie benommen wissen.
»Es ist eine sehr komplizierte Situation. Im Grunde ist es Jamaillias Bürgerkrieg, nicht unserer. Sie haben nur einfach beschlossen, ihn auf unserem Land auszufechten. Einige der jamaillianischen Adligen sind bereit, Bingtown an Chalced zu übergeben, falls sie dafür gewinnbringende Handelsverträge bekommen. Einen dicken Brocken von dem, was der Satrap schon immer für sich selbst gefordert hat. Außerdem natürlich mehr Macht für sie in Jamaillia. Sie haben viel Mühe aufgewendet, um ihre Familien in Bingtown anzusiedeln und ihre Ansprüche zu festigen. Jetzt haben sie dafür gesorgt, dass es so aussieht, als hätten Bingtowner Händler gegen die Satrapie rebelliert. Aber das ist nur eine Maskerade für ihre eigenen Pläne, einen unfähigen Satrapen zu stürzen und die Macht des Thrones für sich selbst zu gewinnen. Versteht Ihr das?«
»Nein. Und es ist mir auch egal. Reyn, ich möchte einfach nur meinen Vater wiederhaben. Ich möchte nach Hause gehen können. Ich möchte, dass alles wieder so wird, wie es war.«
Er senkte den Kopf, sodass seine Stirn auf ihrer Schulter ruhte. »Eines Tages«, murmelte er, »wollt Ihr vielleicht auch einmal etwas, das ich Euch geben kann. Jedenfalls bete ich dafür zu Sa.«
Einen Moment saßen sie schweigend da. Jemand kratzte an der Tür. Reyn sprang auf, aber er konnte Malta natürlich nicht einfach fallen lassen. Die Tür schwang auf, und die Regenwildfrau, die im Rahmen stand, schien fassungslos. Ihr Mund stand weit offen. Sie holte tief
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