Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
entscheiden. Er hatte einen so schrecklichen Handel abgeschlossen, nur um bei ihr zu sein. Aber sie konnte nicht so einfach sagen, dass sie ihn heiraten wollte. Sie wusste so wenig von ihm. Wie konnte er an ihr zweifeln und trotzdem seine Stadt für sie aufgeben? Es ergab so wenig Sinn. Männer waren ganz anders, als sie angenommen hatte.
Sie reichte ihm ihre Hand. »Geht mit mir spazieren.« Ohne ein Wort zu sagen, ergriff er sie und führte sie aus der kleinen Kammer hinaus. Sie betraten die Treppe, die sich um den Stamm des ungeheuren Baumes wand. Malta hielt Reyns Hand fest und blickte weder nach unten noch zurück.
»Ich kann einfach nicht einsehen, was es uns nützt, wenn wir ihn behalten. Es sieht so aus, als hätten wir ihn entführt.« Der hagere Regenwildhändler lehnte sich unwillig auf seinem Stuhl zurück.
»Händler Polsk, Ihr seid etwas langsam im Kopf. Der Vorteil liegt ziemlich deutlich auf der Hand. Wenn wir den Satrapen behalten, kann er für uns sprechen. Er kann sagen, dass er nicht entführt worden ist, sondern von uns vor dem Mordplan der Neuen Händler gerettet wurde.« Die Frau, die Händler Polsk so derb kritisierte, Händlerin Freye, saß direkt neben ihm. Keffria vermutete, dass sie entweder Freunde oder Verwandte sein mussten.
»Haben wir ihn denn auch vollkommen davon überzeugt, dass dies der Wahrheit in dieser Angelegenheit entspricht? Als ich ihn das letzte Mal reden hörte, schien er noch der Meinung anzuhängen, dass er einem liebenswürdigen Gastgeber entrissen und gewaltsam fortgeschafft wurde. Er hat zwar das Wort >entführt< nicht ausgesprochen, aber ich glaube, es lag ihm auf der Zunge«, erwiderte Händler Polsk.
»Wir sollten ihn in eine andere Kammer bringen. Da wo er jetzt untergebracht ist, muss er sich ja wie ein Gefangener vorkommen«, meinte Händler Kewin. Sein Schleier war so dicht mit Perlen besetzt, dass sie klapperten, wenn er den Mund bewegte.
»Da wo er jetzt ist, ist er am sichersten. Dem haben wir alle bereits vor Stunden zugestimmt. Bitte, Händler, lasst uns nicht den Lehm wieder aufwühlen, den wir bereits zu Ziegeln gebrannt haben. Wir können uns nicht mehr damit herumplagen, warum und wo wir ihn festhalten, sondern sollten uns vor allem überlegen, was wir mit ihm vorhaben.« Jani Khuprus klang müde und verärgert. Keffria konnte das gut nachfühlen.
Es gab Momente, da sah Keffria sich um und fragte sich, wo ihr Leben geblieben war. Hier saß sie auf einem großen Stuhl an einem beeindruckenden Tisch, flankiert von den mächtigsten Händlern des Regenwildvolkes. Die Pläne, die sie diskutierten, mündeten in Hochverrat gegen die jamaillianische Satrapie. Dennoch kam ihr das, was sie umgab, längst nicht so fremd vor wie das, was ihr fehlte. Alles. Ehemann, Sohn, Mutter, Wohlstand und Heim waren aus ihrem Leben verschwunden. Sie betrachtete der Reihe nach die leicht verschleierten Gesichter und fragte sich, warum sie sie hier duldeten. Was konnte sie ihrem Rat schon beisteuern? Trotzdem meldete sie sich zu Wort.
»Händlerin Khuprus hat Recht. Je eher wir handeln, desto mehr Leben werden wir retten. Wir müssen Jamaillia in Kenntnis setzen, dass der Satrap lebt und wohlauf ist. Wir müssen nachdrücklich betonen, dass wir ihm nichts Schlimmes antun wollen und dass wir ihn nur im Interesse seiner eigenen Sicherheit festhalten. Weiterhin glaube ich, dass wir diese Botschaft von allen anderen Verhandlungen loslösen sollten. Wenn wir Landschenkungen oder Sklaverei oder auch nur Zölle in derselben Botschaft erwähnen, werden sie vermuten, dass wir das Leben des Satrapen gegen unsere Forderungen eintauschen wollen.«
»Und warum auch nicht?« Händlerin Lorek meldete sich zu Wort. Sie war eine massige Frau und hämmerte mit ihrer kräftigen Faust auf den Tisch. »Beantwortet mir das eine zuerst: Warum halten wir diesen missratenen Bengel in einer schönen Kammer fest, die er wie einen Schweinestall verunstaltet, füttern ihn mit unserer besten Nahrung und dem besten Wein, wo er uns seinerseits verächtlich und ehrlos behandelt hat? Ich sage, holen wir ihn raus und zwingen ihn, uns ins Gesicht zu sehen. Gebt ihm ein oder zwei Schlückchen Regenwildflusswasser und einen Monat harte Arbeit. Dann wollen wir sehen, ob er nicht ein bisschen Respekt vor unserer Lebensart entwickelt. Danach kann er sein Leben für das eintauschen, was wir fordern.«
Ihrem Ausbruch folgte Schweigen. Dann antwortete Händler Kewin direkt auf Keffrias Vorschlag. Sie bemerkte,
Weitere Kostenlose Bücher