Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
Luft und stieß dann hervor: »Ich wollte Mistress Vestrit helfen. Die Heilerin hat ihr geraten, aufzustehen und ein bisschen spazieren zu gehen.«
»Dafür sorge ich selbst«, verkündete Reyn ruhig, als hätte er jedes Recht der Welt, allein mit ihr in ihrem Schlafzimmer zu sitzen und sie in den Armen zu halten. Malta blickte auf ihre Hände, die sie im Schoß gefaltet hatte. Sie konnte nichts dagegen tun, dass ihre Wangen sich rot färbten.
»Ich. Das ist.«
»Ihr könnt der Heilerin sagen, dass ich mich darum kümmere«, meinte er nachdrücklich. Die Frau schoss förmlich aus dem Raum und ließ die Tür offen stehen. »Und meiner Mutter auch«, fügte er mit einem spöttischen Unterton hinzu. »Und meinem Bruder. Und allen anderen, denen Ihr unterwegs begegnet und mit denen Ihr über mich tratschen wollt.« Er schüttelte den Kopf, sodass der Stoff seines Schleiers gegen ihr Haar strich. »Da werde ich mir aber einiges anhören müssen. Einige Stunden lang!« Er drückte Malta kurz und ließ sie dann los. »Kommt. Macht mich wenigstens nicht auch noch zum Lügner, wenn ich schon als Heimlichtuer gelte. Steht auf und geht mit mir spazieren.« Er hob sie von seinem Schoß. Sie stellte sich hin und reichte ihm ihre Decke. Sie trug einen Hausmantel, durchaus ein anständiges Kleidungsstück, aber nicht gerade eines, in dem sich eine sittsame junge Dame Menschen außerhalb ihrer Familie zeigen sollte. Sie fasste sich ins Haar und strich es sich aus der Stirn. Dabei berührte sie die Narbe und zuckte zusammen.
»Tut es noch weh?«, fragte Reyn sofort.
»Nicht besonders. Ich bin nur überrascht, dass sie immer noch da ist. Ich muss schrecklich aussehen. Ich habe mich heute nicht einmal gekämmt. Reyn, sie geben mir keinen Spiegel. Ist es so schrecklich?«
Er betrachtete sie mit geneigtem Kopf. »Ihr würdet sicher sagen ja. Ich würde sagen nein. Sie leuchtet jetzt sehr stark und ist geschwollen, aber mit der Zeit verblasst sie.« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich werde niemals vergessen, dass ich dafür verantwortlich bin.«
»Reyn, nicht.«, bat Malta.
Er holte tief Luft. »Ihr seht nicht schrecklich aus. Eher wie ein zerzaustes Kätzchen.« Mit seinem behandschuhten Daumen strich er sanft eine letzte Träne von ihrer Wange.
Malta trat ungelenk an den Tisch mit ihren Toilettenartikeln. Die Haarbürste kannte sie nicht. Zweifellos hatte Reyns Familie sie damit versorgt, genauso wie mit dem Raum, in dem sie schlief, der Nahrung, die sie aß, und der Kleidung, die sie trug. Ihre Familie war mit nichts aus Bingtown geflüchtet. Mit gar nichts. Sie lebten nur durch die Mildtätigkeit der Regenwildleute, seit sie hier angekommen waren.
»Lasst mich das tun«, bat Reyn sie und nahm ihr die Bürste aus der Hand. Malta starrte aus dem Fenster, während er sanft ihr Haar bürstete. »Es ist so dicht. Wie Stränge aus schwerer Seide und so schwarz. Wie schafft Ihr das? Meine Munter hat sich schon, als ich noch klein war, über mein Haar beschwert. Trotzdem denke ich, dass langes glattes Haar noch schwerer zu pflegen ist als Locken.«
»Ihr habt lockiges Haar?«, erkundigte Malta sich beiläufig.
»Wie Knoten, behauptete meine ältere Schwester immer. Wenn Tillamon es kämmen musste, hat sie mir mindestens so viel ausgerissen, wie sie übrig gelassen hat, das schwöre ich Euch.«
Sie drehte sich unvermittelt zu ihm um. »Ich möchte Euch ansehen.«
Er sank auf einem Knie vor ihr zu Boden, die Bürste in der Hand. »Malta Vestrit, wollt Ihr mich heiraten?«
Das überrumpelte sie. »Habe ich denn eine Wahl?«, stellte sie die Gegenfrage.
»Selbstverständlich.« Er stand nicht auf.
Sie holte tief Luft. »Das kann ich nicht, Reyn, noch nicht.«
Geschmeidig richtete er sich wieder auf. Er ergriff ihre Schultern und drehte sie von sich weg. Dann bürstete er erneut ihr Haar. Wenn sie ihn verletzt haben sollte, war das seiner Stimme jedenfalls nicht anzumerken. »Dann dürft Ihr auch mein Gesicht nicht sehen.«
»Ist das eine Sitte in der Regenwildnis?«
»Nein. Es ist Reyn Khuprus' Sitte, was Malta Vestrit angeht. Ihr dürft mich sehen, wenn Ihr einwilligt, mich zu heiraten.«
»Das ist doch lächerlich!«, protestierte sie.
»Nein. Es ist verrückt. Fragt nur meine Mutter und meinen Bruder. Sie werden Euch bestätigen, dass ich verrückt bin.«
»Zu spät. Mein kleiner Bruder hat mir noch mehr Neuigkeiten überbracht. Reyn Khuprus ist verrückt, weil er zu viel Zeit in der Stadt verbringt. Ihr >ertrinkt in
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