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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dass wir noch den Hafen von Bingtown kontrollieren, wenn Ihr dort ankommt. Ansonsten ist der ganze Plan hinfällig.«
    Es war mitten in der Nacht, und dennoch glänzte es silbrig um sie herum. Vermutlich war dieser Anblick auf seine Art wunderschön, aber Malta hatte keine Zeit, sich über Schönheit Gedanken zu machen. Nicht mehr. Der glänzende Mond über ihr, das Rauschen des tödlichen Flusses unter ihr, dazwischen der Nebel und der sanfte Wind. All das waren Dinge, auf die sie nicht achten durfte, während sie sich auf das sanfte Schaukeln der Hängebrücke unter ihren Füßen konzentrierte.
    Es machte sie krank.
    Es gab zwar ein Tau, das als Geländer diente, aber es war schlaff und direkt am Rand der Bohlen befestigt. Lieber hielt sie sich in der Mitte der Brücke, während sie vorsichtig weiterging. Behutsam setzte sie einen Fuß vor den anderen, um zu verhindern, dass die Brücke noch mehr schwankte, als sie es ohnehin schon tat. Die Arme hielt sie vor der Brust gekreuzt. Die Laternen, die in regelmäßigen Abständen an dem Geländer befestigt waren, warfen einen dreifachen Schatten von ihr, was sie an die Trübung ihrer Sehkraft durch ihre Verletzung erinnerte. Sie fühlte sich unwohl.
    Malta hörte Fußgetrappel. Selden kam auf sie zugelaufen. Sie ließ sich auf Hände und Knie fallen und hielt sich an den Planken der Brücke fest.
    »Was machst du denn da?«, wollte der Junge wissen. »Komm schon, Malta, beeil dich, sonst kommen wir nie an. Es sind nur noch drei Brücken und ein Zugwagen.«
    »Zugwagen?«, fragte sie skeptisch.
    »Du setzt dich in eine kleine Kiste und ziehst dich an einer Art Flaschenzug selbst weiter. Es ist sehr lustig. Man kann ganz schön schnell fahren.«
    »Kannst du auch ganz schön langsam fahren?«
    »Weiß ich nicht. Das habe ich noch nie probiert.«
    »Heute Nacht werden wir es versuchen«, erklärte sie entschlossen. Sie holte bebend Luft und rappelte sich auf. »Selden, ich bin noch nicht ganz an diese Brücken gewöhnt. Könntest du langsamer gehen und dafür sorgen, dass sie nicht so schwanken?«
    »Warum denn?«
    »Damit dir deine große Schwester nicht den Kopf abschlägt«, erwiderte sie.
    »Das meinst du gar nicht so«, verkündete er. »Außerdem würdest du mich sowieso nicht einholen. Hier, nimm meine Hand und denk nicht so viel nach. Komm.«
    Seine Hand war schmutzig und feucht. Trotzdem hielt Malta sie krampfhaft fest und folgte ihm, während ihr das Herz bis zum Hals schlug.
    »Warum willst du eigentlich in die Stadt gehen?«
    »Ich bin neugierig. Und ich möchte sie gern sehen.«
    »Warum nimmt Reyn dich nicht mit?«
    »Er hatte heute keine Zeit.«
    »Könnte er dich nicht morgen hinbringen?«
    »Könnten wir nicht einfach weitergehen und nicht reden?«
    »Wie du willst.« Er schaffte es etwa drei Sekunden, den Mund zu halten. »Du möchtest nicht, dass er weiß, was du tust, hab ich Recht?«
    Malta eilte hinter ihm her und versuchte, nicht auf das widerliche Schwanken der Brücke zu achten. Selden schien den Bogen rauszuhaben, seine Schritte dem Schaukeln anzupassen. Sie hatte das Gefühl, dass sie über die Seite der Brücke fallen würde, wenn sie stolperte. »Selden«, sagte sie ruhig, »willst du, dass Mama von dir und den Dickbooten erfährt?«
    Er antwortete nicht. Sie mussten den Handel nicht noch mit Worten besiegeln.
    Das Einzige, was noch schlimmer war als die Brücken, war der Zugwagen. Er bestand aus Weidengeflecht. Selden stand aufrecht, während er an den Seilen zog. Sie saß auf dem aufgeweichten Boden und fragte sich, ob er nicht jede Sekunde nachgeben würde. Sie hielt sich am Rand des Korbes fest und versuchte, nicht daran zu denken, was passieren würde, wenn das Tau riss.
    Die Fahrt endete in den Ästen eines gewaltigen Baumes. Ein Steg wand sich um seinen Stamm bis zum Boden. Als sie schließlich wieder auf der Erde standen, fühlten sich ihre Beine wie Gelee an. Sie sah sich verwundert in der Dunkelheit um. »Das ist die Stadt?«
    »Nicht wirklich. Die meisten dieser Gebäude haben die Regenwildleute gebaut, um darin zu arbeiten. Wir stehen über der alten Stadt. Komm mit, folge mir. Ich zeige dir einen der Wege, die hineinführen.«
    Die Blockhütten standen dicht zusammen. Selden führte sie hindurch, als wäre es ein Gartenlabyrinth. Einmal kreuzten sie eine breitere Straße mit Fackeln. Sie schloss daraus, dass es vermutlich auch einfachere Wege gab, die versunkene Stadt zu erreichen. Sie waren den Weg gegangen, den die Kinder

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