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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und bog immer in diejenigen ein, die am größten und abgenutztesten aussahen. Irgendwann wurde die Musik lauter, aber nachdem sie falsch abbog, entfernte sie sich mit jedem Schritt weiter davon. Schließlich kam sie zu einem breiten Flur, der sehr hell erleuchtet war. Ein merkwürdiges Muster an den Wänden sollte wohl geflügelte Kreaturen im Fluge darstellen.
    Der breite Korridor führte zu einem gewaltigen, geschwungenen Portal aus Metall, auf dem ein Relief dargestellt war. Malta blieb stehen und starrte es an. Sie kannte die Insignien, die darauf abgebildet waren. Es passte zu dem Wappen auf der Kutschentür der Khuprus. Es war ein gewaltiger Hahn mit einer Krone, der aussah, als wollte er kämpfen. Es war eigentlich ein komisches Motiv, aber es wirkte dennoch hochmütig und bedrohlich. Widerwillig bewunderte sie es.
    Hinter der Tür schien eine Feier in vollem Gange zu sein. Leute redeten miteinander und amüsierten sich. Fröhliche Musik spielte, und Malta hörte das Klatschen der Füße auf dem Boden. Sie betrachtete prüfend ihr Kleid. Daran konnte sie jetzt nichts mehr ändern. Sie wollte einfach nur noch hier raus und zurück in ihre Kammer. Mittlerweile sollte sie sich eigentlich an Demütigungen gewöhnt haben. Sie legte eine Hand an die Stirn, als würde sie gleich ohnmächtig werden, und schob mit der anderen die Tür auf.
    Malta taumelte in vollkommene Finsternis, als die Tür überraschend leicht unter dem Druck ihrer Hand nachgab. Kalte, feuchte Luft schlug ihr entgegen, und sie trat in eine Wasserpfütze. »Hilfe!«, rief sie albernerweise, aber die Musik und auch die Stimmen waren verstummt. Der Raum roch wie ein stehendes Gewässer. Entweder war sie blind geworden, oder es herrschte tatsächlich vollkommene Dunkelheit.
    »Hallo?« Sie ging mit ausgestreckten Händen weiter. Aber vor ihr befand sich eine Treppe, und ehe sie sich versah, stolperte sie und rollte hinunter. Die Stufen waren breit und flach. Und sie fiel auch nicht sehr tief. Malta stand zwar nicht auf, aber sie tastete sich mit ihren Händen weiter, während sie kroch. Am Fuß der Treppe krabbelte sie noch ein kurzes Stück weiter, stand dann aber auf und ging langsam weiter. Dabei tastete sie in der vollkommenen Finsternis unaufhörlich mit den Händen um sich. »Hallo?«, rief sie wieder. Ihre Stimme hallte in dem Raum wider. Er musste gewaltig sein.
    Plötzlich stießen ihre Hände auf ein hölzernes Hindernis.
    »Malta Vestrit« , begrüßte sie das Drachenweibchen. »Treffen wir uns also endlich wieder. Ich wusste, dass du zu mir kommen würdest.«
    »Sprich nicht so von deinem Bruder!«, fuhr Jani Khuprus hoch und warf ihre Strickarbeit auf den Tisch neben sich.
    Bendir seufzte. »Ich wiederhole nur, was die anderen so reden. Ich selbst sage das ja gar nicht. Wenn jemand ihn vergiftet, dann bin sicher nicht ich das.« Er lächelte gequält.
    Jani presste die Hände gegen ihre Brust. »Das ist nicht im Mindesten lustig! O Sa, warum haben wir uns nicht dieses Baumstammes entledigt, bevor er zurückkam?«
    »Er hatte schließlich vor, einige Wochen in Bingtown zu bleiben, nicht nur für eine Nacht. Ich dachte, ich hätte genug Zeit. Dieser Stamm ist weit größer und härter als jeder andere Hexenholzstamm, den wir bisher zersägt haben. Und nachdem die Tauben uns die neuen Nachrichten aus Bingtown gebracht haben, hatten wir anderes zu tun.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Seine Mutter wischte seine Ausflüchte mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite. »Wo ist er jetzt?«
    »Wo er jede Nacht ist. In seinem Zimmer. Er betrinkt sich. Und redet mit sich selbst. Über Drachen und Malta. Und darüber, dass er sich umbringen will.«
    »Was?« Sie starrte ihn an. Seine Worte hatten den Frieden zerstört, den sie sich in ihrer kleinen Oase in ihrem Wohnzimmer geschaffen hatte.
    »Das hat Geni jedenfalls durch die Tür gehört. Deshalb ist sie zu mir gekommen. Er lallt, dass er sich vielleicht umbringen will. Und das Malta auch sterben muss«, fügte er unwillig hinzu.
    »Malta? Er ist wütend auf Malta? Aber ich dachte, sie hätten sich heute versöhnt. Ich habe gehört.« Jani verstummte zögernd.
    Bendir hatte keine Scheu, ihren Satz fortzuführen. »Wir alle haben es gehört. Reyn war in ihrem Schlafzimmer, hatte sie auf dem Schoß und liebkoste sie. In Anbetracht seines sonstigen Verhaltens in letzter Zeit wäre ein gewöhnlicher Lustskandal beinahe eine Erleichterung.«
    »Sie haben eine Menge durchgemacht. Er dachte, sie würde

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