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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nicht tun?«
    »Paragon, es gibt da einen gewaltigen Unterschied. Bei Ophelia habe ich nur zerstörtes Holz erneuert. Du jedoch sprichst davon, Stücke herauszuschneiden, um neue Augen für dich daraus zu machen. Wie ich bereits sagte, ich verstehe die Natur von Hexenholz nicht. Wären diese angepflockten Stücke dann genauso lebendig wie du? Oder bleiben es einfach nur Stücke aus angepflocktem Holz?«
    »Mach dasselbe für mich wie für sie!«, brach es aus Paragon statt einer Antwort hervor. »Hobel mir mein altes, ruiniertes Gesicht weg. Und schnitze mir ein neues!«
    Amber stieß einige Worte in einer fremden Sprache hervor. Paragon hatte keine Ahnung, ob sie betete oder fluchte. Er spürte nur ihr Entsetzen über seinen Vorschlag. »Weißt du, worum du da bittest? Ich müsste dein Gesicht vollkommen umgestalten. Im schlimmsten Fall sogar deinen ganzen Körper, damit ich die richtigen Proportionen beibehalte. Ich habe noch nie ein Projekt von solcher Größe begonnen. Ich bin eine Holzschnitzerin, Paragon, keine Bildhauerin.« Sie seufzte schwer. »Ich könnte dich ruinieren. Und deine Schönheit für immer zerstören. Wie könntest du damit leben?«
    Paragon hob die Hände vors Gesicht und grub seine Finger in die leeren Augenhöhlen. Dann lachte er laut und verbittert auf. »Amber, ich wäre lieber hässlich als blind. Denn jetzt bin ich beides. Wie könntest du es also noch schlimmer machen?«
    »Es ist genau die Antwort auf diese Frage, die ich gar nicht wissen will«, wich sie geschickt aus und fügte unwillig hinzu: »Aber ich werde mir darüber Gedanken machen. Gib mir etwas Zeit, darüber nachzudenken, Paragon. Lass dir selbst Zeit, es genau zu durchdenken.«
    »Zeit ist so ziemlich das Einzige, worüber ich verfüge«, erwiderte er nachdrücklich. »Mehr als genug Zeit.«

4. Die Gründung des Königreichs

    Die Viviace lag tief im Wasser. Ihre Frachträume waren angefüllt mit Kennits Beute. Es ist sicher ein Gefühl wie das, welches ein Mann nach einem ausgiebigen, sättigenden Mahl empfindet, dachte sie schläfrig. Sie war zufrieden mit sich und der Welt, obwohl die Ladung nur sehr wenig mit ihren eigenen Bemühungen zu tun hatte. Kennits Gerissenheit hatte diesen Schatz angehäuft. Nein, seine Weisheit, verbesserte sie sich. Jeder dahergelaufene Pirat konnte von seiner Gerissenheit leben. Kennits Klugheit jedoch stand weit darüber. Er war ein Mann mit einer Bestimmung, einer Vision. Es erfüllte sie mit Stolz, sein Schiff sein zu dürfen. Dieser letzte Törn hatte sich sogar nicht einmal besonders von den Reisen als Handelsschiff unter Ephron Vestrit unterschieden. Ihr erster Anlaufpunkt war Divvytown gewesen. Dort hatten sie die Sklaven ausgeschifft. Dann hatte es eine Zusammenkunft gegeben, ein geheimnisvolles Treffen mit einem anderen Schiff, das nordwärts segelte. Dem hatte Kennit eine Lösegeldforderung an die Besitzer der Brummbär und an die Familie von Kapitän Avery mitgegeben. Danach hatte Kennit systematisch seiner »Flotte« und ihren Heimathäfen einen Besuch abgestattet. Die Marietta leistete ihnen dabei Gesellschaft. In jedem Hafen waren Kennit und Sorcor von Bord gegangen. Manchmal hatten sie sich von Wintrow und Etta begleiten lassen. Viviace mochte es, wenn Wintrow Kennit begleitete. Wenn der Junge zurückkam und von seinen Erlebnissen berichtete, war es für sie fast so, als wäre sie selbst dabei gewesen. Mittlerweile war ihr Verhältnis ganz anders wie früher, als sie es kaum hatte ertragen können, auch nur wenige Stunden von Wintrow getrennt zu sein. Vermutlich war ihr Selbstbewusstsein gestärkt, da sie ja nun schon einige Zeit erwacht war. Oder vielleicht war auch ihr Bedürfnis, jede noch so kleine Einzelheit aus Kennits Leben zu erfahren, stärker als ihr Wunsch nach Wintrows Gesellschaft. Sie hatte Kennit gebeten, seine Geschäfte bei ihr an Bord abzuwickeln, damit sie mehr davon begriff, aber er hatte ihr das rundweg abgeschlagen.
    »Du gehörst mir«, erklärte er eifersüchtig. »All deine Geheimnisse und deine Schönheit bewahre ich für mich selbst, meine Seelady. Es freut mich, wenn man dich voller Ehrfurcht und Staunen betrachtet. Wir wollen dieses Geheimnis unberührt lassen. Mir ist es lieber, wenn man dich von weitem beneidet und bewundert, als dass sie an Bord kommen und vergeblich versuchen, dich mir mit Charme oder mit Gewalt wegzunehmen. Du bist meine Burg und mein Stützpunkt, Viviace. Ich werde keinen Fremden an Bord dulden.«
    Viviace erinnerte sich

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