Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
mit der jungen Generation habt.«
»Für diese Hoffnung gibt Malta wenig Anlass«, gab Reyn bedauernd zu. »Aber wenn ich sie für mich gewinnen kann, ist jeder Kampf diesen Preis wert.«
Grag schüttelte den Kopf und wandte den Blick von dem anderen Mann ab. »Ich habe dasselbe für Althea empfunden. Ich empfinde sogar immer noch so. Irgendwie bezweifle ich jedoch, dass ich die Chance bekomme, es auszuprobieren.«
»Aber Ihr kehrt nach Bingtown zurück?«
»Leider werde ich mich dort nicht lange aufhalten können. Sobald wir in der Stadt sind, heißt es für mich, unter Deck zu verschwinden, bis wir wieder Anker lichten.«
»Und wohin fahrt Ihr dann?«
Grag lächelte freundlich, schüttelte aber nur stumm den Kopf.
»Richtig. Je weniger davon wissen, desto besser«, stimmte Reyn zu. Er sah wieder auf den Fluss.
»Ich wollte Euch persönlich sagen, wie dankbar die Teniras für Eure Unterstützung sind. Es ist eine Sache zu sagen, dass Ihr uns helft, und eine andere, Euer Familienvermögen dafür einzusetzen.«
Reyn zuckte mit den Schultern. »In dieser Zeit müssen das Regenwildnisvolk und die Menschen von Bingtown zusammenstehen. Sonst können wir gleich aufgeben, wer und was wir sind.«
Grag starrte in die Gischt des Kielwassers. »Glaubt Ihr, es werden sich genug von uns erheben, damit wir Aussicht auf Erfolg haben? Wir haben seit Generationen als Teil von Jamaillia funktioniert. Unser ganzes Leben ist so eng wie möglich an Jamaillia-Stadt ausgerichtet. Nicht nur durch unsere Sprache und unsere Vorfahren. Auch all unsere Sitten stammen daher: unser Essen, unsere Kleidung, sogar die Träume für unsere Zukunft. Wenn wir davon Abstand nehmen und sagen: Wir sind Bingtown, was sagen wir dann wirklich? Wer werden wir sein?«
Reyn ließ sich seine Ungeduld nicht anmerken. Was spielte das schon für eine Rolle? Er versuchte allerdings, seine Antwort höflicher zu formulieren. »Ich glaube, wir erkennen jetzt einfach nur die Realität, die uns die letzten drei oder vier Generationen umgeben hat. Wir sind das Volk der Verwunschenen Ufer. Wir sind die Nachfahren jener Mutigen, die es gewagt haben, hierher zu kommen. Sie haben Opfer gebracht, und wir erben ihre Bürde. Ich kann das nicht zurückweisen. Aber ich werde auch mein Geburtsrecht nicht mit denen teilen, die nicht dieselben Verpflichtungen auf sich nehmen. Ich werde meinen Platz nicht für Menschen räumen, die nicht begreifen, was uns das Erreichte gekostet hat.«
Er sah Grag an und erwartete, dass dieser sofort zustimmte. Stattdessen wirkte der Mann nachdenklich. Leise, als schäme er sich des Gedankens, fragte ihn Grag: »Habt Ihr jemals mit dem Gedanken gespielt, alles hinzuwerfen und wegzulaufen?«
Einen Moment starrte Reyn ihn durch seinen Schleier an. Dann bemerkte er sarkastisch: »Offenbar habt Ihr vergessen, mit wem Ihr redet.«
Grag zuckte mit den Schultern. »Ich habe gehört, dass Ihr unauffällig bleiben könntet. Wenn Ihr nur wolltet. Und was mich angeht. Manchmal, wenn ich eine Weile von meinem Schiff getrennt bin, gerate ich ins Grübeln. Was hält mich hier? Warum bleibe ich in Bingtown, warum muss ich all das sein, was ein Händlersohn sein muss? Einige Leute haben ihre Bindungen gekappt. Brashen Trell zum Beispiel.«
»Ich glaube nicht, dass ich ihn kenne.«
»Nein. Natürlich nicht. Ihr werdet ihn wohl auch niemals kennen lernen. Seine Familie hat ihn wegen seines Verhaltens während seiner Flegeljahre enterbt. Als ich das gehört habe, war ich davon überzeugt, dass er sterben müsste. Aber das ist nicht geschehen. Er kommt und geht, wie er will, und er lebt, wo er will, und segelt, wohin der Wind ihn bläst. Er ist frei.«
»Ist er denn auch glücklich?«
»Er ist mit Althea zusammen.« Grag schüttelte den Kopf. »Aus irgendeinem Grund hat die Familie ihn ausgewählt, um den Paragon für sie zu befehligen. Und sie haben ihm auch noch Althea anvertraut.«
»Nach allem, was ich von Althea Vestrit gehört habe, braucht sie keinen Mann, der auf sie aufpasst.«
»Dem würde sie sicher sofort zustimmen.« Grag seufzte. »Ich sehe das jedoch anders. Ich glaube, dass Trell sie in der Vergangenheit irregeführt hat und dass er es vielleicht erneut tut. Es frisst mich noch auf. Aber eile ich zu ihr und hole ich sie mir zurück? Springe ich in die Bresche und sage: >Ich gehe, ich werde Euer verrücktes Schiff für Euch befehligen, solange ich dafür in Eurer Nähe sein kann?< Nein. Das habe ich nicht getan. Trell hat es getan. Und
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