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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Komplimente prasselten auf sie herab und strapazierten ihre Nerven. Sie konnte es kaum ertragen, in dieses ernste und doch so jungenhafte Gesicht zu blicken. Alles Leben, alle Schönheit schien verschwunden zu sein. Der ganze Ball schien durch Reyns Weggang verloren zu haben. Plötzlich kam es ihr so vor, als wären weniger Paare auf der Tanzfläche, als würde weniger gelacht und als gäbe es weniger Gespräche im Saal.
    Trostlosigkeit packte sie und überschwemmte sie aufs Neue. Sie konnte sich daran erinnern, dass sie früher am Tag einmal kurz glücklich gewesen war, aber die Erinnerung kam ihr schal und falsch vor. Als die Musik verstummte, sah sie beinahe erleichtert ihre Mutter am Rand der Tanzfläche stehen. Sie gab Malta verstohlen ein Zeichen, zu ihr zu kommen.
    »Meine Mutter ruft mich. Ich fürchte, ich muss gehen.«
    Cerwin trat einen Schritt zurück, nahm aber ihre Hände in seine. »Dann lasse ich Euch gehen, aber nur, weil ich muss. Ich flehe Euch an, lasst mich nicht zu lange warten.« Er verbeugte sich feierlich.
    »Cerwin Trell«, sagte sie zum Abschied, drehte sich um und ließ ihn stehen.
    Als Malta sich ihrer Mutter näherte, bemerkte sie Keffrias ernste Miene. Ihr sorgenvoller Blick änderte sich nicht, auch als sie sich ein Lächeln abrang. »Hast du dich gut amüsiert, Malta?«
    Was sollte sie darauf antworten? »Es war nicht so, wie ich es erwartet habe«, erwiderte sie wahrheitsgemäß.
    »Ich glaube, dass für niemanden der Präsentationsball das ist, was er erwartet.« Sie griff nach Maltas Hand. »Ich sage dir das nicht gern, aber ich glaube, wir sollten gehen.«
    »Gehen?«, fragte Malta verwirrt. »Aber warum denn? Wir müssen noch das gemeinsame Abendessen einnehmen und die Geschenke übergeben.«
    »Still«, bat Keffria sie. »Malta, sieh dich um. Sag mir, was du siehst.«
    Sie folgte der Aufforderung ihrer Mutter und ließ den Blick sorgfältig durch den Raum gleiten. »Wo sind die ganzen Regenwildhändler hin?«, fragte sie leise.
    »Ich weiß es nicht. Eine ganze Anzahl von Bingtowner Händlern ist ebenfalls verschwunden, und zwar ohne jede Erklärung oder einen Gruß. Großmutter und ich fürchten, dass es Schwierigkeiten geben könnte. Ich bin kurz nach draußen gegangen, um frische Luft zu schnappen. Es riecht nach Rauch. Die Hafenblockade hat die gereizte Stimmung in der Stadt weiter geschürt. Wir befürchten einen Aufstand oder einen ähnlichen Gewaltausbruch.« Keffria sah sich im Saal um. Sie lächelte weiterhin gelassen, als spräche sie mit Malta über den Ball. »Wir haben jedenfalls das Gefühl, dass wir zu Hause sicherer aufgehoben sind.«
    »Aber.« Malta verstummte. Es war hoffnungslos. Alle Freude und aller Glanz waren an diesem Abend ohnehin verschwunden. Wenn sie hier blieb, würde das nur den Todeskampf ihres Traums verlängern. »Ich tue das, was du für das Beste hältst«, erklärte sie unvermittelt. »Aber ich sollte mich wohl wenigstens noch von Delo verabschieden.«
    »Ich glaube, ihre Mutter hat sie bereits nach Hause gebracht. Vor einem Moment sah ich, wie Händler Trell mit seinem Sohn gesprochen hat, und jetzt kann ich auch Cerwin nirgendwo mehr entdecken. Sie werden Verständnis dafür haben.«
    »Ich verstehe das alles nicht!«, erwiderte Malta gereizt.
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Es tut mir sehr Leid für dich. Ich kann wirklich kaum mit ansehen, wie du in so schwierigen Zeiten aufwächst. Ich habe das Gefühl, dass du um all die Dinge betrogen wirst, die wir für dich erträumt haben. Aber ich kann nichts dagegen tun.«
    »Das Gefühl kenne ich«, sagte Malta nachdenklich, wie zu sich selbst. »Manchmal komme ich mir auch vollkommen hilflos vor. Als wenn ich nichts tun könnte, um all das Schlechte zu ändern, was geschieht. Bei anderen Gelegenheiten bin ich leider einfach nur zu feige, um es überhaupt zu versuchen.«
    Keffria lächelte sie herzlich an. »Feigheit ist so ziemlich die letzte Eigenschaft, die ich dir zuschreiben würde«, erklärte sie liebevoll.
    »Und wie kommen wir jetzt nach Hause? Die Mietdroschke holt uns erst in einigen Stunden ab.«
    »Großmutter spricht gerade mit Davad Restate. Sie wird ihn bitten, uns für den Heimweg seine Kutsche zur Verfügung zu stellen. Es wird nicht lange dauern. Sie ist längst wieder zurück, bevor der Ball zu Ende geht.«
    Ihre Großmutter eilte auf sie zu. »Davad lässt uns zwar nicht gern fahren, aber er hat zugestimmt, dass wir seine Kutsche benutzen können.« Sie runzelte

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