Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
werdet tatsächlich oben neben dem Kutscher fahren müssen, Händler Restate. Ansonsten wird es hier unverzeihlich eng. Ach ja, Kekki, du kannst dich hier hinsetzen, an meine andere Seite.«
Damit blieb für Maltas Großmutter, ihre Mutter und Selden die andere Sitzbank übrig. Malta drückte sich in die Ecke, denn der Satrap rückte ihr unangenehm nah. Sein Schenkel berührte beinahe den ihren. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, faltete die Hände sittsam im Schoß und sah zum Fenster hinaus. Plötzlich übermannte sie die Erschöpfung. Sie sehnte sich nur noch danach, allein zu sein. Die Kutsche schwankte, als Davad unbeholfen hinaufkletterte und sich neben dem Kutscher auf den Bock fallen ließ. Er brauchte eine Weile, bis er richtig saß, und dann gab der Kutscher den Pferden einen leisen Befehl. Die Kutsche fuhr langsam an, und rasch ließen sie die Lichter und die Musik hinter sich. Als sich die Dunkelheit um sie schloss und die Geräusche des Balles hinter ihnen verklangen, ließ der Kutscher die Pferde antraben. In der Karosse herrschte Schweigen, das in der Dunkelheit gespannt wirkte. Die überladene Kutsche knarrte dazu, während ihre Räder über die gepflasterte Straße rumpelten. Malta fühlte sich merkwürdig, fast wie betäubt. Der ganze Frohsinn des Lebens lag jetzt weit hinter ihnen. Sie fürchtete fast, dass sie einschlafen würde.
Gefährtin Kekki brach schließlich das Schweigen. »Dieses Sommerfest war sehr interessant für mich. Ich bin sehr froh, dass ich dabei sein durfte.«
Ihre langweiligen Worte klangen noch nach, als Ronica plötzlich ausrief: »Bei Sa! Seht doch, der Hafen!«
Eine Lücke klaffte zwischen den Bäumen, die die Straße säumten. Oben auf der Kutsche stießen sowohl der Kutscher als auch Davad ungläubig einen Fluch aus. Malta starrte aus dem Fenster. Es sah so aus, als stünde der ganze Hafen in Flammen, denn das Feuer wurde vom Wasser gespiegelt. Es hatte nicht nur ein oder zwei Lagerhäuser erwischt: Die ganze Wasserfront schien zu brennen, wie auch einige der Schiffe. Malta konnte vor Entsetzen den Blick nicht abwenden und nahm die Ausrufe und Spekulationen der anderen kaum wahr. Sie wusste sehr genau, dass Zauberschiffe nur durch Feuer vernichtet werden konnten. Hatten die Chalcedeaner das etwa auch gewusst? Waren die Schiffe, die draußen am Eingang des Hafens gegen die Flammen kämpften, Lebensschiffe oder die Flotte der Galeonen, mit denen der Satrap und sein Hofstaat hierher gesegelt waren? Sie hatten leider nur einen kurzen Blick auf die Szenerie werfen können. Außerdem war der Abstand zu groß gewesen, um zu erkennen, was genau dort vorg in g.
»Vielleicht sollten wir hinunterfahren und selbst nachsehen«, schlug der Satrap unerschrocken vor. Er hob die Stimme. »Kutscher! Bringt uns zum Hafen!«
»Seid Ihr verrückt geworden?«, rief Ronica, ohne zu bedenken, mit wem sie sprach. »Das ist nicht der richtige Ort für Selden oder Malta. Bringt uns erst nach Hause, dann könnt Ihr tun, was Euch beliebt.«
Noch bevor der Satrap antworten konnte, ruckte die Kutsche, als der Kutscher die Pferde mit der Peitsche antrieb. Es wurde wieder finster um sie herum. »Was denkt sich Davad, im Dunkeln so schnell zu fahren?«, rief Ronica. »Davad? Davad, was macht Ihr da?«
Aber niemand antwortete ihr. Sie hörten nur erstickte Rufe oben auf der Kutsche. Dann hörte Malta noch eine andere Stimme. Sie hielt sich an der Fensterbank fest und beugte sich hinaus. Hinter der Kutsche nahm sie undeutlich einige Gestalten wahr. »Anscheinend verfolgen uns einige Reiter. Sie holen schnell auf. Vielleicht versucht Davad nur, ihnen auszuweichen.«
»Sie müssen betrunken sein, wenn sie mitten in der Nacht auf dieser Straße so schnell galoppieren!«, rief Keffria missbilligend. Selden kletterte auf den Sitz, weil er ebenfalls aus dem Fenster blicken wollte. »Setz dich, Kind! Du trampelst auf meinem Kleid herum!«, rief sie verärgert. Als der Kutscher wiederum die Peitsche knallen ließ und die Pferde sich gegen das Zaumzeug stemmten, wurde Selden zu Boden geschleudert. Die Kutsche schwankte jetzt heftig, und sie stießen gegeneinander. Hätten sie nicht so eng aneinander gesessen, wären sie hilflos hin und her gerutscht.
»Lehnt Euch nicht gegen die Türen!«, befahl Keffria schrill, während Ronica schrie: »Davad! Er soll die Pferde zügeln! Davad!«
Als Malta sich verzweifelt an der Fensterbank festhielt, damit sie nicht herumgeschleudert wurde, sah sie
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