Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
Bingtown wird die Schuld dafür in die Schuhe geschoben werden. Sie werden uns in den Staub treten und dabei auch noch Beifall aus ganz Jamaillia bekommen. Bitte, Reyn, es muss jetzt sein. Geht und fordert sie zum Tanzen auf. Ich muss meine Mutter und meine Schwestern suchen und sie bitten, dafür zu sorgen, dass andere Händler uns draußen erwarten. Geht und fordert sie auf. Sie ist die Frau in dem schlichten cremefarbenen Gewand dort drüben am Podest. Bitte.«
Malta war verschwunden. Reyn bedachte Grag mit einem Blick, den dieser trotz des Schleiers wahrzunehmen schien. Er zuckte mit den Schultern und schüttelte dann wütend den Kopf. Grag hastete davon.
Langsam und mutlos drehte sich Reyn um und bahnte sich den Weg zu der Gefährtin des Satrapen. Sie hielt schon nach ihm Ausschau. Als er sich näherte, machte sie eine scherzhafte Bemerkung zu der Frau, mit der sie sich gerade unterhielt, und entfernte sich dann von ihr. Er trat ihr in den Weg und verbeugte sich knapp. »Würdet Ihr mir die Ehre erweisen und mit mir tanzen, Gefährtin?«
»Sicherlich. Es wäre mir ein großes Vergnügen«, antwortete sie formell. Sie hob die Hand, und er nahm sie in seine behandschuhten Finger. Die ersten Akkorde ertönten. Die Musiker spielten eine langsame Weise, einen Tanz für Liebende. Das gab den Paaren, ob jung oder alt, Gelegenheit, sich enger aneinander zu schmiegen, während sie sich langsam zu der traumhaften Musik bewegten. Jetzt könnte er Malta in den Armen halten, ihren und seinen Schmerz lindern. Stattdessen tanzte er mit einer Jamaillianerin, die beinahe so groß war wie er selbst. Sie erwies sich als exzellente Tanzpartnerin, war graziös und leichtfüßig. Irgendwie machte das alles nur noch schlimmer. Er wartete darauf, dass sie redete.
»Hat Euer Cousin Euch meine Warnung überbracht?«, fragte sie schließlich ohne lange Umschweife.
Ihre Direktheit schockierte ihn, und er rang einen Augenblick um seine Beherrschung. »Nicht wirklich. Er hat nur gesagt, dass Ihr mir etwas Interessantes mitzuteilen hattet, etwas, das ich mir sicher gern selbst anhören würde.« Er ließ seine Stimme fragend klingen, mehr nicht.
Sie atmete ungeduldig aus. »Ich fürchte, uns bleibt nicht mehr die Zeit, wie die Katze um den heißen Brei herumzuschleichen. Mir ist auf dem Weg hierher klar geworden, dass dieser Ball der perfekte Zeitpunkt für sie wäre, ihre Pläne umzusetzen. Ihr seid alle hier versammelt, Bingtown- und Regenwildhändler, und der Satrap befindet sich mitten unter Euch. Alle wissen, wie stark Eure Abneigung gegen die Neuen Händler und die Bingtown-Politik des Satrapen ist. Welcher Zeitpunkt würde sich besser dafür eignen, einen Aufstand anzuzetteln? In dieser allgemeinen Verwirrung würden der Satrap und seine Gefährtinnen getötet werden. Dann könnten die Chalcedeancr mit gerechtem Zorn reagieren und Euch bestrafen.«
»Eine widerliche kleine Szenerie. Aber wem nützt sie? Und warum?« Seine Stimme machte klar, dass er es eher unwahrscheinlich fand.
»Es nützt denen, die sich zusammengetan und es geplant haben. Die jamaillianischen Adligen, die es satt haben, einen selbstverliebten Jüngling auf dem Thron ertragen zu müssen, der vom Regieren gerade genug versteht, um den Staatsschatz verprassen zu können. Chalced gewinnt Bingtown als Provinz und kann es ausplündern, wie es ihm beliebt. Sie behaupten schon lange, dass die Gebiete der Verwunschenen Ufer rechtmäßig ihnen gehören.«
»Jamaillia wäre verrückt, wenn es Bingtown Chalced überlassen würde. Welche andere Provinz bringt dem Satrapen mehr Geld ein?«
»Vielleicht glauben sie, dass es besser ist, Bingtown in einem Handel als Unterpfand einzusetzen, als es einfach durch einen Krieg an Chalced zu verlieren. Chalced wird immer stärker und immer kriegerischer. Interne Streitereien und die NordlandKriege lähmen die Sechs Herzogtümer schon seit Jahren. Normalerweise hat dieses Königreich Chalced immer beschäftigt. In den Jahren seit den Roten-Schiffe-Kriegen jedoch sind die Sechs Herzogtümer mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Chalced ist eine mächtige Nation geworden, reich an Sklaven und an Ehrgeiz. Sie drängen nach Norden und führen dort Grenzkämpfe. Aber sie blicken auch nach Süden. Auf Bingtown und seinen reichen Handel. Und auf die Ländereien der Regenwildnis.«
»Ländereien?« Reyn schnaubte verächtlich. »Dort ist so wenig Land.« Er brach ab, als ihm wieder einfiel, mit wem er sprach. »Es sind Narren«, beendete
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