Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
plötzlich eine Bewegung. Ein Reiter war neben sie geritten. »Ergebt Euch!«, schrie er. »Haltet an und ergebt Euch, dann geschieht niemandem etwas!«
    »Wegelagerer!«, schrie Kekki entsetzt.
    »In Bingtown?«, konterte Ronica. »Nie und nimmer!«
    Doch dann tauchte ein zweiter Reiter auf der anderen Seite der Kutsche auf. Malta sah ihn und hörte, wie der Fahrer etwas rief. Ein Rad stieß gegen ein Hindernis, und sie wurde gegen die Kutschwand geschleudert, als sich das Gefährt zur Seite neigte. Einen Moment schien es, als würde die Karosse sich wieder aufrichten. Alles wird gut, dachte Malta, als die andere Seite der Kutsche mit einen plötzlichen Ruck einbrach. Sie wurde gegen den Satrapen geschleudert, der halb auf seiner Gefährtin Kekki lag. Dann geschah das Unglaubliche: Sie stürzten auf die Seite, und dann schien sich das Dach der Kutsche sogar unter ihr zu befinden. Eine Tür flog auf. Sie hörte einen Schrei, einen schrecklichen Schrei, und dann blendete sie ein gewaltiger weißer Blitz.
    »Davad ist tot.« Ronica Vestrit sprach die Worte so ruhig aus, dass sie kaum glauben mochte, dass es ihre Stimme war. Sie war im Dunkeln auf seine Leiche gestoßen, als sie die steile Böschung zur Straße hinaufgeklettert war. Sie hatte Davad an den schweren Stickereien auf seiner Jacke erkannt. Glücklicherweise war es zu dunkel, als dass sie seinen Leichnam genau hätte sehen können. Sein regloser Körper und das klebrige Blut überall waren schon überwältigend genug. Ronica konnte keinen Pulsschlag mehr an seiner Kehle ertasten, kein noch so schwacher Atemzug drang aus seinem Mund. Aus dem Blut am Rücken seiner Jacke schloss sie, dass sein Schädel zermalmt worden war, aber sie brachte es nicht über sich, ihn noch einmal zu berühren. Sie kroch von ihm weg.
    »Keffria! Malta! Selden!« Sie rief die Namen aus, aber ihre Stimme klang kraftlos. Es hatte keinen Sinn. Sie sah die schwarze Masse der Kutsche weiter oben zwischen sich und dem unregelmäßigen Flackern der Fackeln. Dort oben ertönten Stimmen von Leuten, die in der Dunkelheit hin und her gingen. Vielleicht waren ihre Kinder ja da oben.
    Die Böschung war steil und voller Gestrüpp. Ronica konnte sich nicht genau erinnern, wie sie aus der Kutsche gekommen war. Und sie wusste auch nicht, wieso sie sich so weit von ihr entfernt hatte. War sie hinausgeschleudert worden?
    Dann drang Keffrias Stimme an ihr Ohr. Sie jammerte: »Mama, Mama!« Genau wie damals in ihrer Kindheit, wenn sie von Alpträumen verfolgt wurde.
    »Ich komme!«, rief Ronica. Dornige Büsche hielten sie auf, und sie stürzte. Die ganze linke Seite ihres Körpers schmerzte, als hätte sie dort keine Haut mehr. Aber das war nicht so schlimm, das konnte sie ignorieren, wenn sie nur ihre Kinder fand! Sie stürzte erneut.
    Ronica brauchte lange, um nach oben zu kommen. War sie ohnmächtig geworden? Sie konnte jetzt nichts mehr sehen, weder die Kutsche noch die Fackeln. Hatte sie es sich nur eingebildet, dass sich dort oben Menschen bewegt hatten? Sie lauschte. Da. Ein Geräusch, ein Weinen oder Hecheln. Sie kroch darauf zu.
    Es war so dunkel, dass sie nach Keffria tasten musste. Diese schrie auf, als Ronica sie berührte, und umklammerte sie dann wortlos. Selden lag in ihrem Schoß. Der Junge hatte sich zusammengerollt. Seine verkrampften Muskeln verrieten Ronica, dass er noch lebte. »Ist er verletzt?«, fragte sie sofort.
    »Das weiß ich nicht. Er redet nicht mit mir. Und ich kann kein Blut finden.«
    »Selden, komm her. Komm zu Großmutter!« Er leistete keinen Widerstand, half ihr aber auch nicht, als sie ihn hochhob. Sie tastete den Jungen ab. Er blutete nicht und zuckte auch unter ihren Berührungen nicht zusammen. Er blieb einfach zusammengekauert und zitternd liegen. Sie drückte ihn wieder Keffria in die Arme. Es schien ein Wunder, dass keiner von ihnen ernstlich verletzt war. Keffria hatte einige gebrochene Finger, aber mehr konnte sie nicht feststellen. Ronica sah ebenfalls keine anderen Verletzungen. Die Bäume standen hier zu dicht. Weder Mondlicht noch das Licht der Sterne halfen ihnen bei der Untersuchung.
    »Malta?«, fragte Ronica schließlich. Sie wollte Davads Tod in Seldens Gegenwart nicht erwähnen.
    »Ich habe sie noch nicht gefunden. Zuerst habe ich die anderen gehört. Dann habe ich gerufen. Ich dachte, ich hätte dich erkannt, aber du bist nicht gekommen. Malta hat bis jetzt nicht geantwortet.«
    »Komm. Gehen wir hoch zur Straße. Vielleicht ist sie da.«
    In der

Weitere Kostenlose Bücher