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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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glühte förmlich, und seine goldenen Augen erstrahlten über die gesamte Länge seines Körpers.
    Allerdings hatten sie aufgrund ihrer großen Zahl auch keine Privatsphäre mehr. Sie trösteten sich gegenseitig mit den Erinnerungen, die jeder hatte, und oft weckte ein Wort oder ein Name bei einer anderen Schlange eine neue Erinnerung.
    Trotz ihrer großen Zahl fanden sie immer noch nicht den wahren Pfad der Wanderung. Ihre gemeinsamen Erinnerungen machten alles nur umso frustrierender. Heute Nacht konnte Shreeva keine Ruhe finden. Sie löste sich von ihren schlafenden Kameraden und ließ sich hinauftreiben, starrte auf den lebenden Wald von Seeschlangen hinab. Diese Stelle hatte etwas quälend Bekanntes, etwas, das sich nur knapp außerhalb der Reichweite ihres Gedächtnisses befand. War sie schon einmal hier gewesen?
    Sessurea stieg ebenfalls hoch. Er war nach ihrer langen gemeinsamen Reise empfänglich für ihre Stimmungen. Schweigend leistete er ihr bei der Betrachtung des Meeresgrunds Gesellschaft. Sie öffneten weit die Augen, während das Mondlicht den Boden schimmern ließ. Shreeva musterte den Boden im schwachen Schein der Seeschlangen und der winzigen Meereslebewesen. Irgendetwas war da.
    »Du hast Recht.« Es waren die ersten Worte, die Sessurea sprach. Er ließ sich zu einer besonders unebenen Stelle auf dem Meeresgrund gleiten und wandte langsam den Kopf hin und her. Plötzlich schnappte er zu ihrer Verblüffung nach einem gewaltigen Büschel Tang und riss es los. Dann stürzte er sich auf das nächste. »Sessurea?«, trompetete sie fragend, aber er ignorierte sie. Stattdessen riss er weiter Büschel um Büschel Seetang aus und schleuderte ihn fort. Gerade als sie davon überzeugt war, dass er verrückt geworden war, sank er auf den Boden und fegte mit dem Schwanz hin und her. Dabei wirbelte er den Schlamm von Jahrhunderten auf.
    Ihr Ruf und Sessureas merkwürdiges Benehmen hatten einige andere Schlangen geweckt. Sie kamen heran und starrten ihn ebenfalls an. Er riss noch mehr Tang aus und fegte dann wieder den Meeresboden. »Was macht er denn da?«, erkundigte sich eine schlanke blaue Schlange.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Shreeva traurig.
    So plötzlich, wie er angefangen hatte, beendete Sessurea sein verrücktes Verhalten auch wieder. Er reinigte sich, indem er sich durch einen Knoten schlang, bevor er sie aufgeregt umklammerte. »Sieh doch. Du hattest Recht. Na ja, warte einen Moment, bis sich der Schlamm wieder gelegt hat. Da, siehst du?«
    Eine Weile sah sie nur treibendes Sediment. Sessurea war atemlos, und seine Kiemen pumpten aufgeregt. Doch dann trompetete der Blaue neben ihm plötzlich laut. »Es ist ein Wächter! Aber das kann nicht sein, nicht hier in der Fülle! Es ist nicht richtig!«
    Shreeva glotzte vor Verwirrung. Die Worte des Blauen waren so unzusammenhängend, dass sie sie nicht verstand. Wächter waren Wächterdrachen. Lagen da etwa tote Drachen am Boden des Meeres? Doch während sie noch hinstarrte, nahmen die Umrisse in dem treibenden Schlamm plötzlich klarere Formen an. Jetzt sah auch sie, dass es ein Wächter war, und zwar offensichtlich eine Drachenkönigin. Sie lag auf der Seite, einen Flügel erhoben, während der andere noch im Schlamm steckte.
    Von der Klaue ihres erhobenen Vorderbeins waren drei Krallen abgebrochen. Und ein Teil ihres Schwanzes ragte merkwürdig neben ihr hoch. Die Statue war bei einem Sturz zerbrochen.
    Aber wie war sie hierher gekommen, auf den Meeresboden?
    Sie hatte auf dem Stadttor von Yruran gestanden. Dann bemerkte sie eine umgestürzte Säule. Und da drüben, da war das Gewächshaus, das Desmolo der Eifrige gebaut hatte, um all die exotischen Pflanzen zu beherbergen, die ihm seine Drachenfreunde aus allen vier Ecken der Erde mitbrachten. Und darüber befand sich die eingestürzte Kuppel des Tempels des Wassers.
    »Die ganze Stadt liegt hier«, trompetete sie leise.
    Plötzlich befand sich Maulkin in ihrer Mitte. »Eine ganze Provinz liegt hier«, verbesserte er sie. Alle Blicke folgten ihm hinunter zu den freigelegten Monumenten der Welt, die sie beinahe erinnern konnten. Er schlängelte sich hindurch und berührte die freigelegten Wahrzeichen. »Wir schwimmen jetzt dort, wo wir einstmals geflogen sind.« Dann stieg er langsam wieder zu ihnen empor. Mittlerweile war das ganze Knäuel wach und sah zu, wie er mit seinen sanften, wellenförmigen Bewegungen dahinschwebte. Es formte eine lebendige, bewegliche Kugel, in deren Mitte sich Maulkin

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