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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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brach erneut in Tränen aus. Das war so untypisch für Etta, dass er das Gefühl hatte, eine völlig Fremde zu trösten. Ihr Benehmen war genauso unverständlich wie das von Althea.
    Die Szene mit Althea war entsetzlich gewesen. Etwas stimmte mit seiner Tante ganz und gar nicht, und er musste mit ihr sprechen, ganz gleich, was Kennit befohlen hatte. Ihre wüsten Anschuldigungen wegen einer Vergewaltigung und ihr merkwürdiges Gerede von einem begrabenen Schiff ließen ihn ernstlich um ihre geistige Gesundheit fürchten. Er hätte sich niemals von Kennit davon abhalten lassen dürfen, sie zu sehen.
    Die Isolation hatte sie nicht beruhigt, sondern sie mit ihrem Leid allein gelassen. Wie hatte er so dumm sein können?
    Aber Etta weinte weiter, und er konnte sie nicht verlassen.
    Warum hatten Altheas unverständliche Worte die Frau so mitgenommen? Dann wurde ihm klar, warum: Sie war schwanger. Frauen benahmen sich immer merkwürdig, wenn sie schwanger waren. Ihm wurde beinahe schwindlig vor Erleichterung. Er legte seinen Arm um sie und sprach dicht an ihrem Ohr.
    »Es ist schon gut, Etta. Wein dich einfach aus. Diese Gefühlsaufwallungen sind ganz normal, in deinem Zustand.«
    Sie setzte sich unvermittelt auf. Ihr Gesicht war fleckig und gerötet, und ihre Wangen glänzten feucht. Dann holte sie aus.
    Wintrow sah ihre geballte Faust kommen. Fast hätte er dem Schlag ausweichen können. Die Faust streifte nur sein Kinn.
    Seine Zähne schlugen mit einem vernehmlichen Klacken zusammen, und er sah Sterne. Dann zuckte er zurück, sprang auf und hielt sich die Wangen. »Wofür war das denn?«, fragte er erschrocken.
    »Dafür, dass du blöd bist! Und blind, so blind, wie angeblich nur Frauen blind sein können! Du bist wirklich ein Idiot, Wintrow Vestrit! Ich weiß nicht, warum ich jemals meine Zeit mit dir verschwendet habe! Du weißt so viel, aber du lernst überhaupt nichts. Gar nichts!« Sie brach erneut zusammen, ließ ihr Gesicht auf die Knie sinken und wiegte sich vor und zurück wie ein untröstliches Kind. »Wie konnte ich jemals so dumm sein?«, stöhnte sie. Dann richtete sie sich auf und griff nach ihm.
    Zögernd setzte er sich auf die Bettkante neben sie. Als er ihr auf die Schulter klopfen wollte, warf sie sich stattdessen in seine Arme. Sie legte den Kopf gegen seine Schulter und schluchzte. Ihr ganzer Körper erbebte. Er hielt sie fest, zuerst vorsichtig, dann fester. Er hatte noch nie eine Frau so in den Armen gehalten. »Etta«, sagte er leise. »Etta, meine Liebe.« Er wagte sogar, ihr glänzendes Haar zu streicheln.
    Die Tür ging auf. Wintrow zuckte zusammen, ließ Etta aber nicht los. Er hatte nichts getan, weswegen er sich schämen oder ein schlechtes Gewissen haben müsste. »Etta ist nicht mehr sie selbst«, erklärte er Kennit hastig.
    »Tatsächlich. Das könnte eine Erleichterung sein, denn wer auch immer sie jetzt ist, sie kann sich gewiss besser benehmen als die echte Etta«, erwiderte er bissig. »Die sich vorhin wie eine ordinäre Schlampe aufgeführt hat.« Als Etta ihren Kopf nicht von Wintrows Schulter nahm, fuhr er sarkastisch fort;
    »Ich hoffe, dass ich Euch beide nicht störe. Eine unbedeutende Angelegenheit wie das Blut auf meinem Gesicht oder der Schmutz auf meiner Kleidung muss keinen von Euch interessieren.«
    Zu Wintrows Überraschung hob Etta langsam den Kopf und sah Kennit an, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen. Bei diesem Blick ging etwas zwischen ihnen hin und her, etwas, mit dem Wintrow nichts zu tun hatte. Es schien die Frau zu zerbrechen, aber sie hörte auf zu weinen. »Ich bin fertig«, sagte sie spröde. »Ich stehe auf und suche…«
    »Mach dir keine Mühe«, knurrte Kennit, als sie stand. »Ich kann mich um mich selbst kümmern. Hol mir lieber Jola. Er soll Kapitän Sorcor benachrichtigen, damit er dir ein Boot schickt. Ich glaube, es ist besser, wenn du eine Weile auf der Marietta bleibst.«
    Wintrow erwartete einen Ausbruch aufgrund dieser Worte, aber Etta schwieg. Sie sah anders aus, und er begriff langsam die Veränderung in ihr. Normalerweise strahlten ihre Augen, wenn sie Kennit ansah, und ihr Blick war voller Liebe. Doch jetzt starrte sie Kennit einfach nur an, und es sah so aus, als würde das Leben aus ihr herausfließen. Ihre folgenden Worte machten ihre vollkommene Unterwerfung deutlich. »Ihr habt Recht. Ja. Das wäre das Beste.« Sie hob die Hände und rieb sich das Gesicht, als erwache sie aus einem langen Traum.
    Dann verließ sie den Raum, ohne

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