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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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das Schloss war stabil. Er blieb einen Moment zögernd stehen und eilte dann hinter Kennit her.
    Er hatte beinahe die Tür erreicht, als Etta in den Gang trat.
    Sie ging gerade und hoch aufgerichtet, und ihr Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Er hob den Blick und sah sie an.
    »Geht es dir gut?«, fragt er.
    »Natürlich nicht.« Ihre Stimme war leise und tonlos. »Sorcor hat ein Boot geschickt. Ich muss noch ein paar Dinge zusammensuchen.«
    »Etta, ich habe mit Kennit gesprochen. Ich habe ihn gebeten, dich nicht wegzuschicken.«
    Sie schien beinahe zu verschwinden, als sie erstarrte, und ihre Stimme kam von weit her. »Ich vermute, du hast es gut gemeint.«
    »Etta, du solltest ihm erzählen, dass du schwanger bist. Es könnte alles ändern.«
    »Alles ändern?« Sie lächelte eisig. »Oh, Kennit hat bereits alles geändert, Wintrow. Ich brauche da nichts mehr hinzuzufügen.«
    Sie wollte weggehen, aber er nahm allen Mut zusammen und packte ihren Arm, um sie zurückzuhalten. »Etta, bitte, sag es ihm.« Er biss die Zähne zusammen, damit er nicht mehr aussprach. Vielleicht würde Kennit sie nicht einfach für Althea sitzen lassen, wenn er wusste, dass Etta schwanger war. Sicher würde ihn das umstimmen. Welchen Mann würde so etwas unberührt lassen?
    Etta schüttelte langsam den Kopf, beinahe so, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Wintrow, Wintrow. Du verstehst immer noch nicht, hab ich Recht? Warum war ich wohl so erschüttert? Weil ich schwanger bin? Weil sie Kennit blutig geschlagen hat?«
    Wintrow zuckte hilflos mit den Schultern. Etta beugte sich dichter zu ihm. »Ich wollte sie töten, ich wollte alles tun, was nötig war, um sie zum Schweigen zu bringen. Weil sie die Wahrheit gesagt hat, und ich es nicht ertragen konnte. Deine Tante ist nicht verrückt, Wintrow. Jedenfalls nicht verrückter als jede Frau, die vergewaltigt worden ist. Sie hat die Wahrheit gesagt.«
    »Das kannst du nicht wissen.« Sein Mund war so trocken, dass er kaum sprechen konnte.
    Etta schloss einen Moment die Augen. »Es gibt eine Form von Außer-sich-sein bei Frauen, die auf keine andere Art und Weise hervorgerufen werden kann. Ich habe Althea Vestrit angesehen und es sofort erkannt. Dafür habe ich es schon zu oft erlebt und am eigenen Leib verspürt.«
    Wintrow schaute zu der verschlossenen Tür zurück. Dieser Verrat betäubte ihn förmlich. Und Etta zu glauben, tat zu weh.
    Er klammerte sich an den Zweifel. »Warum hast du ihn nicht zur Rede gestellt?«
    Etta sah ihm tief in die Augen und drehte dann den Kopf weg, als versuche sie zu verstehen, wie er so dumm sein konnte.
    »Wintrow, ich habe es dir doch gesagt. Es war schon schlimm genug, die Wahrheit zu hören. Ich wollte sie nicht auch noch durchleben müssen. Kennit hat Recht. Es ist besser, wenn ich eine Weile auf der Marietta bleibe.«
    »Wie lange?«, wollte Wintrow wissen.
    Sie zuckte steif mit den Schultern. Wieder glänzten Tränen verräterisch in ihren Augen. Ihre Stimme klang gepresst, als sie sehr leise antwortete: »Vielleicht wird er ihrer bald überdrüssig. Und will mich zurückhaben.« Sie drehte sich weg.
    »Ich muss meine Sachen packen«, flüsterte sie heiser.
    Als sie diesmal Anstalten machte, weiterzugehen, ließ Wintrow sie los.

    Sie sahen ihn an. Kennit konnte die Blicke aller Matrosen auf sich spüren, als er langsam über das Deck ging. Er wagte nicht, sich zu beeilen. Der Kampf zwischen den beiden Frauen war schon schlimm genug gewesen. Sie sollten nicht auch noch mit ansehen können, dass er vor dem Schiff kuschte, ganz gleich, wie dringend ihre Befehle sein mochten.
    »Kennit!« Die Galionsfigur warf den Kopf zurück und bellte das Wort geradezu. Im Zwielicht neben dem Schiff bogen sich die Seeschlangen im Wasser und tauchten mit peitschenden Schwänzen unter. Das Meer um das Schiff herum kochte förmlich. Kennit biss die Zähne zusammen und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, während er weiterging. Althea hatte ihm einige Prellungen hinterlassen, die jetzt anfingen zu schmerzen. Die Leiter zum Vordeck war, wie immer, ein Ärgernis, und während er sich damit abmühte, schrie das Schiff unablässig seinen Namen. Als er sie endlich erreichte, schwitzte er am ganzen Körper.
    Er atmete durch, um seine Stimme zu stählen. »Schiff. Ich bin hier. Was willst du?«
    Die Galionsfigur drehte sich zu ihm um, und er schnappte nach Luft. Ihre Augen waren grün, aber nicht von einem Schlangengrün, sondern von einem menschlichen Grün, und ihre

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