Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
einmal mehr wiedererkenne! Warum musste er die töten, die nur gekommen sind, um uns nach Hause zu holen? Das verstehe ich nicht, Etta, und das werde ich auch nicht verstehen!«
»Vielleicht weil du schon beschlossen hast, dass du es niemals verstehen wirst?« Sie erwiderte ruhig seinen Blick.
»Ich habe in einem Buch, das du mir gegeben hast, gelesen, dass unsere Worte unsere Wirklichkeit formen. Überprüfe, was deine Worte zu dem beigetragen haben, was ist. Dein Schiff? Du sagst, die Viviace gehört dir? Tut sie das wirklich? War sie jemals jemandes Schiff? Oder ist sie eine lebendige Kreatur, die in einem fremden Körper eingekerkert war und dann einfach in Besitz genommen wurde? Hat Kennit sie verändert, oder hat er sie einfach nur befreit, sodass sie zu dem geworden ist, was sie in Wahrheit war? Woher weißt du, dass er diejenigen getötet hat, die dich befreien wollten? Falls sie tatsächlich deshalb gekommen sind. Bis jetzt wissen wir nichts darüber. Und doch hast du bereits entschieden, dass dir in diesem Punkt Unrecht angetan wurde, damit du deinen Ärger nähren und dich gerecht fühlen kannst. Das ist kein bisschen besser, als sich in Selbstmitleid zu wälzen.« Ihre Stimme war immer schneidender und wütender geworden. Jetzt presste sie die Lippen zusammen und wandte sich von ihm ab. »Ich wollte dir etwas mitteilen, etwas, das ein Geheimnis zwischen uns bleiben soll. Jetzt frage ich mich, ob es wirklich klug von mir ist, das zu tun, oder ob du es zu etwas verdrehst, was es gar nicht ist.«
Er konnte Etta nur anschauen. Obwohl er bei ihrer Verwandlung auch seine Hand im Spiel gehabt hatte, erstaunten ihn ihre Veränderungen immer noch. Sie bearbeitete ihn nicht mehr mit den Fäusten, wenn er ihr in die Quere kam.
Das musste sie auch nicht: Ihre Zunge war genauso schneidend wie jede Klinge. Er hatte ihre Intelligenz entdeckt und ihre Klugheit und ihren Mut vom ersten Tag an respektiert. Jetzt war ihr Intellekt geschult, und ihr Mut wurde von Ethik gesteuert. Was ihre Schönheit nur noch verstärkte. Er legte die Hand auf den Tisch und drehte die Handfläche nach oben, um seine Aufgabe zu signalisieren. Zu seiner Überraschung beugte sie sich vor und nahm seine Hand in ihre. Als seine Finger die ihren umschlossen, lächelte sie. Wintrow hätte nicht gedacht, dass sie noch schöner werden könnte, aber ihr Gesicht schien plötzlich zu leuchten. Sie beugte sich vor, damit sie die Worte flüstern konnte. »Ich bin schwanger. Ich trage Kennits Kind in mir.«
Diese Worte warfen die Tür zwischen ihnen zu, schlossen ihn aus, von ihrem Leben und von ihrem Glanz. Sie gehörte Kennit, hatte ihm immer gehört und würde ihm immer gehören. Und Wintrow würde immer allein sein.
»Zuerst wusste ich es nicht genau. Doch dann, nach einer bestimmten Nacht, hatte ich so ein Gefühl. Und als er mich heute weggeschickt hat, was er sonst nie getan hatte, dachte ich, dass es vielleicht einen Grund dafür geben könnte. Also habe ich mich hierhin gesetzt und mich mit einer Nadel und einem Faden über meiner Hand ausgependelt. Die Nadel hat so stark ausgeschlagen, dass ich nicht mehr den geringsten Zweifel hege. Alles deutet darauf hin, dass ich einen Sohn bekomme, einen Mann, der seine Nachfolge antreten wird.«
Sie zog ihre Hand zurück und legte sie stolz auf ihren flachen Bauch.
Wintrow war beinahe betäubt vor Elend. »Du musst sehr glücklich sein.« Er rang sich diese Worte mühsam ab.
Ihr Lächeln wurde eine Spur matter. »Mehr hast du mir nicht zu sagen?«, fragte sie.
Mehr wagte er nicht zu sagen. Alle anderen Gedanken blieben besser unausgesprochen. Er biss sich auf die Zunge und sah sie hilflos an.
Sie seufzte und blickte zur Seite. »Ich hatte auf mehr gehofft. Das war vermutlich albern. Aber Kennit hat dich so oft seinen Propheten genannt, dass ich… Jetzt lache nicht!… Ich hatte gehofft, wenn ich dir sage, dass ich den Sohn des Königs der Piraten in mir trage, dass du dann… ach, ich weiß nicht, irgendwas sagen würdest, was seine Größe verkündet, oder vielleicht…« Sie verstummte und errötete leicht.
»Wie in den alten Erzählungen«, brachte Wintrow schließlich heraus. »Eine Weissagung von zukünftigen Wundertaten.«
Sie wandte sich von ihm ab. Offensichtlich war sie verlegen, weil sie solche großartigen Träume für ihr Kind geträumt hatte.
Wintrow machte einen heldenhaften Versuch, den verletzten Jungen in sich zu überwinden, und sowohl als Mann als auch als Priester zu ihr zu
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