Zaubersommer in Friday Harbor
begegnet?”
Lucy
stellte die Weingläser auf die Anrichte. „Ich war mit dem Fahrrad unterwegs und
habe ... für ein paar Minuten angehalten. Wir haben ein paar Worte gewechselt.
Das war alles.”
„Justine,
warum gehst du nicht mit ihm?”, fragte Zoë.
„Ich bin
mit ihm gegangen. In der Mittelstufe, nachdem du mit deinen Eltern nach Everett
gezogen bist. Es war eine typische Sommerromanze. Als das neue Schuljahr
begann, hat sie sich sozusagen in Luft aufgelöst. Aber seitdem sind Sam und ich
befreundet.” Justine hielt einen Moment inne. „Es gibt ein Problem: Er ist
nicht der Typ für eine dauerhafte Beziehung. An etwas Ernsthaftem ist er nicht
interessiert. Sam ist ein freier Geist und gibt offen zu, dass er niemals
heiraten will.” Wieder schwieg sie einen Moment bedeutungsvoll. „Frag
Denise Rausman.”
Der Name
war Lucy geläufig. Denise war eine toll aussehende blonde Fernsehreporterin,
die erst kürzlich zur heißesten Nachrichtensprecherin von Seattle gewählt
worden war. „Mit der ist er gegangen?”
„Ja. Sie
hat ein Ferienhaus in der Nähe von Roche Harbor. Sie und Sam waren fast ein
Jahr zusammen. War eine ziemlich heftige Affäre. Sie war absolut heiß auf ihn.
Aber auch sie hat es nicht geschafft, ihn zu halten, und schließlich hat sie
aufgegeben. Und dann war da noch Laura Delfrancia.”
„Wer ist
das?”, fragte Zoë.
„Die Chefin
von Pacific Mountain Capital ... Sie investiert in junge Unternehmen, vor allem
Hi-Tech und Erneuerbare Energie. Eine Klasse-Frau, sehr elegant und stinkreich.
Aber auch sie konnte Sam nicht dazu bringen, sich dauerhaft an sie zu
binden.”
„Schwer
vorstellbar, dass eine solche Frau es auf Sam Nolan abgesehen haben soll”,
meinte Zoë. „Auf diesen Streber? Da muss er sich schon ganz gewaltig entwickelt
haben.”
„Streber
haben auch ihre Vorteile”, erwiderte Justine. „Sie sind toll im Bett. Sie
haben eine Menge Fantasie und sind ausgesprochen kreativ. Und sie spielen gern
mit diversen Gerätschaften herum.”
Als die
anderen beiden losprusteten, reichte sie ihnen ein Glas Wein. „Hier. Was immer
man auch über Sam sagen mag, er produziert einen fantastischen Wein.”
„Das ist
einer seiner Weine?”, fragte Lucy und schwenkte die leicht ölig wirkende
tiefrote Flüssigkeit in ihrem Glas.
„Der heißt Kielholen und ist ein Verschnitt aus Shiraz und Cabernet.”
Lucy nippte
davon. Der Wein war erstaunlich weich, die Frucht kräftig, aber harmonisch, ein
Hauch von Mokka im Abgang. „Der ist gut”, sagte sie. „Es würde sich
lohnen, mit ihm auszugehen, wenn man dafür kostenlos ein paar Flaschen von
diesem Wein bekäme.”
„Hast du
Sam deine Telefonnummer gegeben?”, wollte Justine wissen.
Lucy
schüttelte den Kopf. „Kevin hatte mich gerade sitzen gelassen.”
„Kein
Problem. Ich kann dich mit Sam zusammenbringen. Sofern Zoë keine Einwände
hat.”
„Nein”,
erklärte Zoë mit Nachdruck. „Ich habe kein Interesse.”
Leicht
gereizt lachte Justine auf. „Selbst schuld. Dann ist Lucy die Glückliche.”
„Ich habe
auch kein Interesse”, wehrte Lucy ab. „Es ist erst zwei Monate her, dass
meine Beziehung in die Brüche gegangen ist. Und in der Regel sollte man genau
halb so lange warten, wie die Beziehung gehalten hat, bevor man sich auf etwas
Neues einlässt ... Für mich hieße das: ungefähr ein Jahr.”
„Die Regel
lautet ganz anders!”, rief Justine. „Die Anzahl der Jahre, die die
Beziehung gehalten hat, in Monaten. Das wäre die Wartezeit.”
„Ich halte
all diese Regeln für albern”, warf Zoë ein. „Lucy, du solltest dich von
deinen Instinkten leiten lassen. Du wirst einfach wissen, wann du bereit für
einen Neuanfang bist.”
„In Sachen
Männer traue ich meinen Instinkten nicht”, erwiderte Lucy. „Das ist bei
mir wie mit den Glühwürmchen. Ich habe neulich einen Artikel darüber gelesen,
warum es immer weniger Glühwürmchen gibt. Einer der Gründe liegt in der
künstlichen Beleuchtung. Sie bemerken die Signale ihrer Partner nicht mehr,
weil es überall hell ist: Hausbeleuchtungen, Straßenlaternen, Leuchtreklamen
...”
„Die armen
Dinger”, meinte Zoë.
„Genau”,
stimmte Lucy zu. „Da denken sie, den perfekten Partner gefunden zu haben,
fliegen darauf zu und blinken so schnell, wie sie können, und dann ist es ein
Feuerzeug. So geht es mir ständig, und ich kann und mag einfach nicht
mehr.”
Justine
schüttelte langsam den Kopf und musterte die Freundinnen. „Das Leben ist
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