Zaubersommer in Friday Harbor
fröhlich zurück. „Deshalb haben wir ja
die Kirche gegründet. Und es klingt ganz so, als könnte dein Ex einen
rechtschaffenen Tritt in den Arsch vertragen.” Grinsend zitierte er: „Du
wirst feurige Kohlen auf sein Haupt häufen, und der Herr wird dir 's vergelten. Sprüche 25, Vers 22.”
„Mir
reicht's, wenn mein Wagen wieder in Ordnung kommt”, meinte Lucy. Auf
Duanes Drängen sagte sie ihm, wo das Auto stand, und gab ihm die Schlüssel.
„In ein
oder zwei Tagen bringen wir ihn zur Pension zurück”, versprach Duane,
„repariert und fahrbereit.”
„Danke,
Duane. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich darüber freue.”
„Sicher,
dass du keinen Drink mit uns nehmen möchtest?”
„Danke, aber ja, ich bin
mir ganz sicher.”
„Okay. Aber
ich und die Jungs behalten dich im Auge.” Er deutete in die Ecke der Bar,
in der sich gerade eine kleine Band auf ihren Auftritt vorbereitete. „Hier wird
es nämlich bald richtig voll.”
„Ist denn
was Besonderes?”, fragte Lucy.
„Pig War
Day.”
Ihre Augen
weiteten sich. „Etwa heute?”
„Am
fünfzehnten Juni, wie jedes Jahr.” Er klopfte ihr leicht auf die Schulter
und ging wieder hinüber zu seinen Freunden.
„Ich muss
hier raus”, murmelte Lucy, griff nach ihrem zweiten Drink und nahm einen
Schluck davon. Sie war ganz und gar nicht in Stimmung für eine Pig War Party.
Die
Tradition ging auf ein Ereignis von 1859 zurück. Damals war ein Schwein, das
zum Handelsposten der Hudson Bay Company auf britischer Seite gehörte, in das
Kartoffelfeld des amerikanischen Farmers Lyman Cutler eingedrungen. Als
der Farmer das große Schwein dabei erwischte, wie es seinen Acker durchwühlte
und seine Ernte fraß, erschoss er das Tier. Daraus ging ein dreizehn Jahre
währender Krieg zwischen den Briten und den Amerikanern hervor, in dessen Verlauf
beide Seiten auf der Insel Feldlager errichteten. Der Krieg endete schließlich
mit einem Schlichterspruch, die Insel wurde den Amerikanern zugesprochen. Das
einzige Todesopfer des langen Krieges blieb bis zuletzt das Schwein.
Ungefähr hundertfünfzig Jahre später wurde der Gedenktag an den Pig War das
erste Mal begangen – mit gegrilltem Schweinefleisch, Musik und genug Bier, um
eine ganze Flotte Dreimaster darauf schwimmen zu lassen.
Bis Lucy
ihren Lemon Drop ausgetrunken hatte, spielte die Band bereits, und an der Theke
wurden kostenlos Schweinerippchen verteilt. Inzwischen war die Bar gerammelt
voll. Lucy gab der Kellnerin ein Zeichen, dass sie zahlen wollte, und die
nickte.
„Darf ich
Ihnen noch einen Drink spendieren?”, fragte ein Mann, der auf dem
Barhocker neben ihr Platz genommen hatte. „Danke, aber ich habe genug”,
lehnte Lucy ab.
„Wie wäre
es dann damit?” Er bot ihr einen Teller mit Schweinerippchen an.
„Ich habe
keinen Hunger.”
„Die gibt
es gratis”, sagte der Typ.
Lucy warf
ihm einen finsteren Blick zu. Sie kannte ihn. Er war einer von Kevins
Landschaftsgärtnern, aber sein Name fiel ihr nicht ein. Paul Irgendwas. Seine
glasigen Augen und sein säuerlicher Atem verrieten ihr, dass er schon früher am
Tag angefangen hatte zu feiern. Offenbar hatte er sie jetzt auch erkannt und
fühlte sich plötzlich nicht mehr wohl in seiner Haut. „Oh, Sie sind Pearsons
Freundin”, sagte er.
„Nicht
mehr.”
„Stimmt.
Sie sind die alte.”
„Die alte?”, wiederholte Lucy empört.
„Ich meine
die alte Freundin ... ähm ... trinken Sie ein Bier. Auf meine Rechnung.”
Er nahm einen großen Plastikbecher von einem Tablett auf der Theke.
„Nein
danke.” Sie zuckte zurück, als er ihr den Becher unter die Nase hielt.
„Kostet Sie
nichts. Nehmen Sie schon.”
„Ich will
kein Bier.” Sie schob den Becher weg, als er versuchte, ihn ihr in die
Hand zu drücken. Gleichzeitig rempelte ihn jemand von hinten an. Wie in
Zeitlupe kollidierte der volle Becher mit Lucys Brust, und der Inhalt ergoss
sich über sie. Sie schnappte erschrocken nach Luft, als die eiskalte
Flüssigkeit ihr Shirt und ihren BH durchnässte.
Für einen
Moment wurde es still, als die Leute ringsum begriffen, was passiert war.
Zahlreiche Blicke wandten sich ihr zu. Manche drückten Mitgefühl aus, manche
kühle Missbilligung. Zweifellos glaubten mehr als nur ein paar Gäste, dass Lucy
ihr Bier selbst verschüttet habe.
Gedemütigt
und wütend zerrte sie an ihrem biergetränkten Shirt, das ihr auf der Haut
klebte.
Die Kellnerin
sah, was geschehen war, und reichte Lucy eine Rolle Küchenpapier über
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