Zaubersommer in Friday Harbor
an.
Kevins
Gesichtsausdruck zeigte, dass er sich in die Defensive gedrängt sah. „Ach,
Mann, das Herz lässt sich nun mal nichts vorschreiben.”
„Richtig.
Aber ich kümmere mich nicht um den Sondermüll, den du hinterlässt.”
„Sondermüll?”,
fragte Kevin verständnislos.
„Jede Frau
hätte nach so einer Erfahrung größere Probleme.
Wahrscheinlich
ist sie hochradioaktiv.” Geschickt wendete Sam die Sandwiches.
„Quatsch.
Es geht ihr gut. Und sie ist bereit für einen Neuanfang. Sie weiß es nur noch
nicht.”
„Warum
lässt du sie nicht selbst entscheiden, wann sie so weit ist? Warum ist es dir
so wichtig, einen neuen Kerl für sie zu finden?”
„Die
Geschichte hat für ein paar Probleme in der Familie gesorgt. Ich habe mich
gerade mit Alice verlobt.”
„Der
jüngeren Schwester? Gratuliere.”
„Danke.
Jedenfalls ... ihre Eltern sind stocksauer. Sie wollen die Hochzeit weder
bezahlen noch bei der Planung helfen. Nichts dergleichen. Und Alice möchte die
ganze Familie bei der Feier vereint sehen. Aber zu dieser großartigen
Versöhnung kann es nicht kommen, solange ihre Schwester nicht über mich hinweg
ist und mit jemand anderem geht.”
„Viel Glück
dabei.”
„Du
schuldest mir was, Nolan.”
Sam
runzelte die Stirn, stellte die Suppenschüssel in die Mikrowelle und schaltete
das Gerät ein. „Verdammt”, murmelte er. „Wusste ich doch, dass das
kommt.”
„All die
Erdarbeiten und die Fuhren, die ich für dich erledigt habe, ohne sie dir in
Rechnung zu stellen. Ganz zu schweigen von meiner Hilfe beim Umpflanzen des
wilden Weinstocks.”
Das stimmte
natürlich. Der alte Weinstock wäre einem Straßenbauprojekt zum Opfer gefallen,
wenn er nicht umgepflanzt worden wäre. Nicht nur hatte Kevin bei dem diffizilen
Projekt sehr gute Arbeit geleistet, er hatte Sam dafür obendrein nur einen
Bruchteil dessen berechnet, was jeder andere verlangt hätte.
So gesehen:
Ja, er schuldete Kevin etwas.
„Wie oft
soll ich mit ihr ausgehen?”, fragte Sam kurz angebunden.
„Nur ein
paarmal. Vielleicht einmal auf einen Drink und dann noch einmal zum
Essen.”
Sam legte
die dampfenden Sandwiches auf Teller und schnitt Hollys Sandwich in vier exakte
Dreiecke. „Wenn ich diese Frau ausgeführt habe – wenn ich es denn überhaupt
schaffe, sie dazu zu überreden, mit mir irgendwohin zu gehen –, sind wir quitt,
Pearson. Ich schulde dir keinen Gefallen mehr. Aus und erledigt.”
„Selbstverständlich”,
stimmte Kevin sofort zu.
„Wie willst
du uns miteinander bekannt machen?”
„Na ja, die
Sache ist die ...” Kevin schaute unbehaglich drein. „Du wirst dir was
einfallen lassen müssen, wie du sie allein kennenlernen kannst. Wenn sie
wüsste, dass ich meine Finger mit im Spiel habe, würde sie sich nie mit dir
einlassen.”
Sam starrte
ihn ungläubig an. „Du erwartest also, dass ich deine verbitterte,
männerhassende Ex-Freundin aufspüre und sie dazu überrede, mit mir
auszugehen?”
„Ja, so in
etwa.”
„Vergiss
es. Lieber bezahle ich dich für die Erdarbeiten.”
„Ich will
dein Geld nicht. Ich will, dass du meine Ex ausführst. Einmal auf einen Drink,
einmal zum Essen.”
„Da kommt
man sich ja vor wie ein Stricher”, gab Sam säuerlich zurück.
„Du musst
ja nicht mit ihr schlafen. Tatsächlich ...”
„Was ist
ein Stricher, Onkel Sam?”, erklang Hollys Stimme, die in dem Moment die
Küche betrat. Sie ging zu Sam, schlang ihm die Arme um die Taille und lächelte
zu ihm hoch.
„Streicher”,
korrigierte er hastig, nahm ihre Baseballkappe und setzte sie ihr verkehrt
herum auf. „Ein Anstreicher, ein Maler.” Er beugte sich gehorsam zu ihr
hinunter, als sie ihre Hände nach seinem Kopf reckte.
„Wer ist
das?”, fragte sie ihn flüsternd.
„Ein alter
Freund.” Sam gab ihr einen Teller mit ihrem Sandwich, setzte sie an den
Tisch und füllte ihr Suppe ein. Dann warf er Kevin einen verärgerten Blick zu
und fragte: „Hast du ein Bild von ihr?”
Kevin zog
sein Smartphone aus der Gesäßtasche seiner Shorts und scrollte durch ein paar
Fotos. „Hier ist eins. Ich schicke es
dir aufs Handy.”
Sam nahm
ihm das Telefon ab und betrachtete die Frau auf dem Display. Ihm stockte der
Atem, als er sie erkannte.
„Sie ist
Künstlerin”, hörte er Kevin sagen. „Sie heißt Lucy Marinn, wohnt zurzeit
im Artist's Point und hat ihr eigenes Atelier in der Stadt. Sie macht
Buntglassachen ... Fenster, Lampenschirme, Mosaiken. Hübsch, siehst du?”
Eine
interessante
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