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Zaubersommer in Friday Harbor

Zaubersommer in Friday Harbor

Titel: Zaubersommer in Friday Harbor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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stehen, sah sie in ratloser Verärgerung an. Ganz
offensichtlich waren ihm die Argumente ausgegangen.
    „Nein”,
sagte er schließlich.
    Sie zog die
Brauen hoch. „Ist das ein endgültiges Nein oder ein
Ich-muss-erst-darüber-nachdenken-Nein?”
    „Es ist ein
Kommt-unter-keinen-Umständen-infrage-Nein.”
    „Aber trotzdem gehst du morgen
mit meinen Eltern und mir essen?”
    „Ja, das
kann ich tun.”
    Perplex
schüttelte Lucy den Kopf. „Du gehst mit mir und meinen Eltern essen, aber du
schläfst nicht mit mir?”
    „Essen muss
ich schließlich.”
    „Es gibt
eine einfache
Regel, um Treppen auf Krücken zu bewältigen”, erklärte Sam später am Tag.
Er blieb dicht hinter Lucy, als sie sich den Stufen näherten, die zur Haustür
hinaufführten.
„Hoch mit dem guten, runter mit dem schlechten. Wenn du nach oben gehst, geht
immer das gesunde Bein voran. Wenn du nach unten gehst, machen das verletzte
Bein und die Krücken den ersten Schritt.”
    Sie waren
gerade vom Arzt zurück, wo man Lucy eine Orthese angemessen hatte. Da sie noch
nie Krücken benutzen musste, erlebte sie eine Überraschung: Der Umgang damit
war viel schwieriger als erwartet.
    „Versuch,
dein rechtes Bein nicht zu belasten”, sagte Sam, während er Lucys
unsichere Vorwärtsbewegung den Weg entlang beobachtete. „Einfach
durchschwingen und mit dem linken Bein hinterherhüpfen.”
    „Woher
weißt du so gut darüber Bescheid?”, fragte Lucy keuchend vor Anstrengung.
    „Mit
sechzehn habe ich mir den Knöchel gebrochen. Ein Sportunfall.”
    „Fußball?”
    „Vogelbeobachtung.”
    Lucy lachte
in sich hinein. „Vögel zu beobachten ist kein Sport.”
    „Ich war
sechs Meter hoch in einer Douglaskiefer und versuchte, einen Marmelalk zu
beobachten. Weißt du, diese kleinen braunweißen Vögel. Eine gefährdete Art,
die in naturbelassenen Wäldern nistet. Natürlich kletterte ich ohne Seil. Ich
hatte das Küken des Marmelalks entdeckt und war darüber so aufgeregt, dass ich
abgerutscht und abgestürzt bin. Auf dem Weg nach unten bin ich auf so ziemlich
jeden Ast geprallt, den der Baum hatte.”
    „Du
Ärmster”, bedauerte ihn Lucy. „Aber ich wette, du warst der Meinung, dass
es das wert sei.”
    „Natürlich
war es das.” Er beobachtete, wie sie mit den Krücken vorwärtshopste. „Den
Rest des Weges trage ich dich. Üben kannst du später immer noch.”
    „Nein, ich
schaffe die Treppe. Es ist so eine Erleichterung, sich wieder bewegen zu
können. Das bedeutet, ich kann morgen in meine Werkstatt zurück.”
    „Morgen
oder übermorgen”, meinte Sam. „Übertreib nicht gleich, sonst schadest du
deinem Bein.”
    Lucy
lächelte unsicher. Seine Laune war schwer zu durchschauen. Seit ihrem
Vorschlag begegnete er ihr wieder mit der unpersönlichen Freundlichkeit ihrer
ersten beiden Tage in seinem Haus. Trotzdem hatte sich etwas geändert. In
bestimmten Augenblicken erwischte sie ihn dabei, dass er sie gedankenverloren
und vertraulich zugleich beobachtete, und ihr war irgendwie klar, dass er
daran dachte, was am Morgen zwischen ihnen geschehen war. Beinah geschehen war.
Außerdem war sie sicher, dass er über ihre Behauptung nachdachte, eine
Beziehung ohne Verpflichtungen sei für sie in Ordnung. Sie wusste, dass er ihr
zwar nicht glaubte, aber doch zu gern geglaubt hätte.
    Als Lucy
endlich den Weg ins Haus zurückgelegt hatte, war sie verschwitzt und müde, aber
glücklich. Sie begleitete Sam in die Küche, wo Holly eine Zwischenmahlzeit nach
der Schule zu sich nahm und Mark neben Renfield auf dem Fußboden hockte.
    Mark
blickte auf und lächelte erfreut. „Ah, wieder auf den Beinen. Herzlichen
Glückwunsch.”
    „Danke”,
gab sie lachend zurück. „Es tut so gut, sich wieder selbstständig bewegen zu
können.”
    „Lucy!”
Holly schoss auf sie zu, um die Krücken zu bewundern. „Cool! Darf ich auch
mal?”
    „Das ist
kein Spielzeug, Schatz”, wehrte Sam ab und gab seiner Nichte einen Kuss.
Er half Lucy auf einen Stuhl am hölzernen Küchentisch und lehnte die Krücken
in ihrer Reichweite dagegen. Dann warf er einen Blick zu Mark hinüber, der
Renfield festhielt und versuchte, ihm das Maul zu öffnen, dicke
Gartenarbeitshandschuhe an den Händen. „Was machst du mit dem Hund?”
    „Ich
versuche, ihm die dritte Tablette gegen seine Krampfanfälle zu geben.”
    „Er soll
aber nur eine haben.”
    „Ich wollte
damit sagen: Das ist mein dritter Versuch.” Mark musterte
den eigensinnigen Hund böse. „Die erste hat er zerkaut

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