Zaubersommer in Friday Harbor
Lippen.
„Wohin
gehst du?”
„Das
Gästebett wartet.”
„Bleib bei
mir.” Einladend schlug sie die Decke zurück. Sam schüttelte den Kopf. „Ich
könnte dir wehtun ... mich auf dein verletztes Bein wälzen oder so was
...”
„Spinnst
du?” Ein schläfriges Lächeln zuckte um ihre Lippen. „Diese Orthese ist
unzerstörbar. Man könnte mit einem Lkw drüberfahren.”
Sam ließ
sich sehr viel Zeit mit der Antwort. Der Umstand, dass er tatsächlich am
liebsten wieder zu ihr unter die Decke gekrochen wäre, ließ alle seine
Alarmglocken läuten. „Ich schlafe gern allein.”
„Oh.”
Lucy gab sich bewusst gelassen. „Du verbringst nie die ganze Nacht mit einer
Frau.”
„Nein.”
„Schön.
Geht in Ordnung.”
„Gut.”
Sam räusperte sich. Er kam sich unbeholfen und einfältig vor. „Du nimmst das
nicht persönlich, oder?”
Ihr sanftes
Lachen perlte durch die Luft. „Gute Nacht, Sam. Es war wunderbar mit dir. Danke.”
Sam dachte,
dass sich vermutlich zum ersten Mal eine Frau bei ihm dafür bedankt hatte, mit
ihr geschlafen zu haben. „Das Vergnügen war ganz meinerseits.” Damit begab
er sich ins Gästezimmer, noch genauso beunruhigt wie zuvor.
Irgendetwas
hatte sich in ihm verändert, und er wollte einfach nicht wissen, was es war.
Kapitel 19
ucys Mutter war Sam auf Anhieb verfallen. Ihr Mann reagierte
zurückhaltender, jedenfalls zuerst. Dann aber fanden sie während des Essens im Duck Soup ein gemeinsames Thema, als Sam nach der Raumsonde fragte, die
Lucys Vater mit entwickelt hatte. Als ihm klar wurde, dass Sam anders war, als
sein Äußeres erwarten ließ – vielseitig interessiert, wissbegierig und gebildet
–, fing Lucys Vater an zu plaudern.
„Wir haben
also erwartet”, erzählte Philipp, „dass die Kometen eine Mischung von
Partikeln sind – aus der Zeit vor der Entstehung unserer Sonne und dem Eis, das
sich am Rand des Sonnensystems beim absoluten Nullpunkt gebildet hatte.”
Er zögerte kurz. „Wenn du den Begriff nicht kennst: Der absolute Nullpunkt ist
...”
„Der
Nullpunkt jeder thermodynamischen Temperaturskala”, ergänzte Sam.
„Richtig.”
Lucys Vater strahlte Sam förmlich an. „Im Gegensatz zu unseren Annahmen
besteht der Komet überwiegend aus Gestein, das sich bei extrem hohen
Temperaturen in unserem Sonnensystem gebildet hat. Kometen entstehen also unter
Bedingungen, die von gewaltiger Hitze und Kälte geprägt sind.”
„Faszinierend”,
meinte Sam, und es war offensichtlich, dass er das nicht nur so sagte, sondern
ehrlich meinte.
Während die
Männer sich weiter unterhielten, beugte sich Cherise zu ihrer Tochter hinüber
und flüsterte ihr zu: „Er ist einfach wunderbar. So gut aussehend und charmant,
und dein Vater mag ihn sehr. Den musst du festhalten, mein Schatz.”
„An dem
gibt es nichts festzuhalten”, gab Lucy leise zurück. „Das habe ich dir
bereits gesagt. Er ist Junggeselle aus Überzeugung und will es bleiben.”
Ganz
offensichtlich reizte ihre Mutter die Herausforderung. „Du kannst ihn
umstimmen. Ein Mann wie er sollte nicht Single bleiben. Das wäre geradezu ein
Verbrechen.”
„Ich denke
gar nicht daran, einen überaus netten Mann damit zu quälen, dass ich versuche,
ihn umzumodeln.”
„Lucy”,
gab ihre Mutter ungeduldig zurück, „was glaubst du eigentlich, wozu die Ehe da
ist?”
Nach dem
Essen fuhren sie zu Sams Haus in der Rainshadow Road, um dort Kaffee zu
trinken. Ursprünglich hatten sie das nicht so geplant, aber nachdem Sam sein
Weingut und das renovierte viktorianische Haus beschrieben hatte, bestand
Lucys Mutter förmlich darauf, beides zu sehen. Mark und Holly waren übers
Wochenende verreist. Sie besuchten gemeinsam mit Maggie deren Eltern in
Bellingham. Bereitwillig bot Sam an, Cherise durchs Haus zu führen und ihr
alles zu zeigen.
„Ich
verzieh mich in die Küche und koche Kaffee”, erklärte Lucy. „Mom, fang
nicht an, Sam zu verhören, während er dir das Haus zeigt.”
Ihre Mutter
sah sie mit großen erstaunten Augen an. „Ich habe noch nie jemanden
verhört.”
„Du
solltest vielleicht wissen, dass ich nur auf vorher genehmigte Fragen
antworte”, sagte Sam. „Aber für dich, Cherise, mache ich eine großzügige
Ausnahme.”
Ihre Mutter
kicherte.
„Ich helfe
Lucy beim Kaffeekochen”, erklärte Philipp. „Bei Diskussionen über
Hausrenovierungen kann ich nicht mitreden. Ich kann einen Terrazzo nicht von
einer Terrasse unterscheiden.”
Lucy füllte
Kaffeebohnen in die
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