Zebraland
schärfste Frau der Welt. Was muss ich machen, um sie ins Bett zu kriegen?« Ich zerknülle das Papier. »Pubertierende Penner. Was steht auf deinem Zettel, Phil?«
»Eine Nummer.« Er runzelt die Stirn. »Die kommt mir irgendwie bekannt vor.«
Für Sekundenbruchteile zuckt etwas über sein Gesicht wie ein Blitz. Dann zerknüllt er den Zettel so fest, dass seine Knöchel weiß hervortreten.
»Was ist?«, fragt Kathrin lauernd.
»Müll«, entgegnet Phil und zuckt beiläufig die Achseln. Er wirft den Zettel in Richtung Papierkorb, verfehlt ihn aber.
Wir machen weiter, der Reihe nach. Ich muss mich bemühen, nicht auf den zerknüllten Zettel auf dem Fußboden zu starren.
Kaum ist Kathrin nach der Sitzung aus dem Raum, halte ich Philipp am Arm fest. »Was war das eben, Phil? Was stand auf deinem Zettel?«
Er atmet langsam aus und sieht mich an, dann Anouk, die neben mir steht. »Das Kennzeichen des Mercedes.«
Ziggy
E: »Du meinst, jemand wusste davon? Aber woher?«
Z: »Wir hatten keine Ahnung, Elmar!«
E: »Tja, wie sang Old Bob so schön: You can fool some people sometimes,
But you can’t fool all the people all the time.«
Hoch über mir spannte sich ein wolkenloser Augusthimmel. Ich lag auf Elmars quietschgelber Schwimminsel, ein leichter Wind trieb mich in die Mitte des Baggersees hinaus. Wieder blätterte ich in Yasmins Tagebuch. Vorsichtig ließ ich meine Blicke über ihre Skizzen, die eng beschriebenen Seiten wandern. Yasmin hatte eine schöne Schrift gehabt, leicht geschwungen, aber gut lesbar. An einem ihrer Sätze blieb ich kleben:
Ich glaube, K. ahnt etwas. Wir müssen in Zukunft noch vorsichtiger sein.
K. Ob das für Kerim, Yasmins Bruder, stand? Und wer war mit »wir« gemeint?
Zuerst sträubte ich mich noch. Schließlich waren das hier die Gedanken unseres Opfers, des Mädchens, das wir auf dem Gewissen hatten. Wie viele Tabus wollte ich denn noch brechen? Doch meine Neugier war stärker.
Also las ich weiter.
Ich hasse es, vor meiner Familie Geheimnisse zu haben, aber es muss sein.
K. ist ein verbohrter Dickkopf. Nur das, was er für richtig hält, zählt. Bestimmt würde er sich in alles einmischen. Nie, NIEMALS werde ich mir das hier von ihm kaputt machen lassen.
In diesem Augenblick platschte es dicht neben mir. Als ich aufblickte, bemerkte ich zu meiner Verblüffung Anouk. Wasser tretend hielt sie sich an meiner Schwimminsel fest.
»Hey, Ziggy«, begrüßte sie mich.
»Hey.« Rasch ließ ich das Tagebuch in die Tasche meiner abgeschnittenen Jeans verschwinden.
»Coole Insel hast du da. Sogar mit Palme.« Anouks Lächeln schien zwischen Scheu und Zutrauen zu schwanken. Wollte sie sich mit mir anfreunden, oder was?
»Das ist Jamaika. Eigentlich gehört sie meinem Cousin.« Ich zeigte zum Ufer, wo sich Elmar in der Sonne braten ließ. Anouk wurde ein wenig blass bei seinem Anblick. Aber sie ließ sich nicht abschrecken. »Darf ich zu dir raufkommen?«, fragte sie tapfer.
»Warum nicht.« Ich zog sie hoch. »Sind die anderen auch hier?«
»Sie schwimmen da drüben.« Von Judith und Philipp waren nur die Köpfe zu sehen, ein blonder und ein dunkler Schopf. »Wir brauchten mal ein bisschen Ablenkung«, erklärte Anouk. Ehe ich michs versah, hatte sie den beiden schon zugerufen: »Hey, guckt mal, wer auch hier ist!«
Philipp schien kurz zu zögern, doch dann kam er zu uns herübergeschwommen. Judith folgte ihm. Ohne Anouk hätten sie mich bestimmt ignoriert.
»Da bist du ja, Schatz«, sagte Philipp etwas säuerlich. Er nickte mir knapp zu.
Auch Judith hatte uns inzwischen erreicht. Wie Philipp hielt sie sich am Rand der Schwimminsel fest und strampelte mit den Beinen.
Um uns herum glitzerte die Oberfläche des Sees, wie mit tausend winzigen Spiegeln besetzt.
Für alle anderen Menschen mochte es ein ganz normaler, friedlicher Sommertag sein. Doch irgendwo tief unter uns auf dem Grund verrottete langsam Yasmins Tasche. Und hier oben, über diesem Abgrund aus Wasser musterten wir vier uns gegenseitig.
»Was meint ihr, was der von uns will? Diese r … Mitwisser?«, fragte ich schließlich in die trügerische Mittagsstille hinein. Das war schließlich das Einzige, was uns alle hier interessierte.
Philipp warf mir einen bösen Blick zu. »Nicht so laut! Was, wenn dich jemand hört?!«
Doch nur wenige Schwimmer waren im Wasser, die meisten Leute hatten sich in den Schatten des Kiefernwäldchens zurückgezogen. »Ist doch eh keiner in der Nähe«, brummte ich.
»Keine Ahnung.
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