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Zebraland

Zebraland

Titel: Zebraland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Roeder
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das passt ja. Ich schätze, wir haben in letzter Zeit ein paar übertreten.«
    »Aber was will dieser Mose von uns?«, piepst Anouk und kaut ängstlich auf einer ihrer Haarsträhnen herum.
    »Keine Ahnung.« Phil zuckt die Schultern. »Das Einzige, was wir im Moment tun können, ist abzuwarten. Solange vernichtet die Nummern und versucht die Sache ansonsten zu ignorieren.«
    Aber lange lässt sich die Sache nicht ignorieren. Zum Glück hat Phil den Schlüssel zu unserem Kummerkasten an sich genommen, seit der erste Zettel darin aufgetaucht ist. Nur zur Vorsicht. Nur zur Vorsicht hat er auch dafür gesorgt, dass wir allein sind, als er den Kasten das nächste Mal aufschließt.
    Anouk stößt einen erstickten Laut des Entsetzens aus, als Hunderte von kleinen Zetteln hervorquellen. Auf jedem einzelnen steht die Nummer des Unfallwagens.
    Und dazwischen liegt ein Brief.

Ziggy
    Z: »Eines Tages berief Philipp ein Treffen ein. Bei zugezogenen Vorhängen saßen wir im Wohnzimmer seines Opas und schlürften Goldwasser. Das ist so ein Schnaps mit Blattgoldstückchen drin.«
E: »Bonzensöhnchen.«
Z: »Da hockte ich also wieder mit diesen Leuten, die ich kaum kannte, mit denen mich nichts verband außer einem beschissenen Autounfall.«
    »Wie ihr alle wisst, haben wir Post bekommen«, sagte Philipp in die Runde und warf ein gefaltetes Blatt Papier auf den Tisch.
    Der Brief blieb liegen und wartete geduldig, lauernd. Er war mit dem Computer geschrieben. Das Papier war sehr weiß. Wir zögerten, es anzufassen.
    Schließlich griff Judith danach und las den Brief noch mal vor.
    »Das wichtigste Gebot lautet: Du sollst nicht töten. Ein anderes: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
Ihr habt getötet.
Ihr habt gelogen.
Ihr opfert bereitwillig alles, was eurem mickrigen, kleinen Leben gefährlich werden könnte.
Doch wie weit seid ihr bereit zu gehen? Wie viel ist es euch wert? Wie viel seid ihr euch wert?
    Mose sagt: Du sollst die Qualifikation für die Jugendmeisterschaften verlieren, Judith. Du sollst deinen Traum mit eigenen Händen begraben.
    Willkommen in Zebraland.«
    Zebraland. Woher kannte der Erpresser Yasmins Spitznamen? Oder wusste er über die geheime Leidenschaft Bescheid, die sie für Zebras gehegt hatte? Wieso hatte er sich ausgerechnet Judith ausgesucht? Und woher wusste er, welches das größte Opfer war, das man ihr hätte abverlangen können?
    »Wir werden erpresst! Wir werden wirklich erpresst«, murmelte Anouk ungläubig. »Was sollen wir denn jetzt bloß machen?«
    »Was wir jetzt machen! Als ob uns irgendeine Wahl bliebe!« Philipp hielt ihr den Brief vor die Nase und tippte mit dem Zeigefinger darauf: »Hier steht’s doch! Judith hat es uns gerade vorgelesen! Wir müssen seine Aufgabe erfüllen, sonst lässt er uns auffliegen.«
    Anouk kaute an einer Haarsträhne wie ein kleines Mädchen. »Vielleicht ist das alles ja gar nicht ernst gemeint?« Ihre Stimme klang fragend und ängstlich.
    Niemand antwortete ihr.
    Trübsinnig starrte ich in mein Glas, in dem winzige Blattgoldstückchen flimmerten.
    Schließlich stand Philipp bedächtig auf und stützte die Hände auf den Tisch. Fehlte nur noch der Schlips, aber auch so gab er einen ziemlich überzeugenden Redner ab. »Keine Ahnung, was als Nächstes passieren wird«, gab er zu. »Das Einzige, was uns übrig bleibt, ist, Ruhe zu bewahren. Wenn wir zusammenhalten, können wir es schaffen!« Er hob sein Glas. Mit einem klirrenden Geräusch stießen unsere Gläser aneinander, als wir uns zuprosteten.
    Es herrschte eine seltsame, verschwörerische Stimmung. Als wäre die Welt auf den hellen Lichtkegel zusammengeschrumpft, den die Deckenlampe auf unseren Tisch warf. Außerhalb war Dunkelheit. Es gab nur noch uns.
    Licht und Schatten huschten über die Gesichter von Philipp, Judith und Anouk, ließen ihre Züge ungleich schärfer hervortreten.
    Der Alkohol glühte in meinem Magen.
    Ich wusste plötzlich, dass wir durch das, was wir zusammen durchgemacht hatten, für immer aneinandergekettet sein würden. Auf Gedeih und Verder b – wir waren jetzt aufeinander angewiesen.
    »Also, Judith«, sagte Philipp und stellte sorgsam sein Glas ab. »Wirst du die Aufgabe erfüllen?«
    »Für die Gruppe? Oder für dich?«, fragte sie und als er nicht antwortete: »Sind die anderen auch dafür?«
    »Ja«, flüsterte Anouk.
    Ich nickte zögernd.
    »Es ist einfach, die Träume anderer zu opfern«, sagte Judith und sah uns an.
    »Wirst du es tun,

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