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Zebraland

Zebraland

Titel: Zebraland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Roeder
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klopft es erneut. Diesmal lehnt Yasmins älterer Bruder in der Tür.
    »Hallo, Kerim.« Nihal steht auf, um ihm den Platz zu räumen.
    Er nickt ihr kurz zu: »Nihal.« Die beiden scheinen nicht gerade das herzlichste Verhältnis zueinander zu haben. Als Nihal den Raum verlässt, drängt sie sich provozierend dicht an ihm vorbei.
    »Tschüss. Und danke!«, rufe ich ihr noch nach. Doch sie blickt nicht zurück.
    »Ich komme direkt von der Arbeit. Habe mir den Nachmittag extra freigenommen«, sagt Kerim. Wie als Beweis dafür trägt er noch seinen Anzug.
    Ich entscheide mich, ihn zu siezen, obwohl wir altersmäßig wahrscheinlich keine drei, vier Jahre auseinander sind: »Danke, dass Sie kommen konnten.«
    »Ist doch selbstverständlich. Wenn man selbst was tun kan n …«
    Ich muss kurz an die erste Begegnung mit den Brüdern denken. Als Kerim damals mit Phil sprach, konnte ich die Wellen von Bitterkeit und Wut spüren, die uns entgegenschlugen. Das ist jetzt alles versteckt, irgendwo unter dem dunklen Anzug. Kerim hält sich darin sehr gerade, er trägt ihn wie eine Rüstung.
    Aber Journalisten sind dazu da, hinter Rüstungen zu blicken und auch mal unbequeme Fragen zu stellen.
    »Es wird nicht lange dauern, nur ein paar Fragen, die den Lesern näherbringen sollen, was Yasmin anderen Menschen bedeutet hat. Hatten Sie ein enges Verhältnis zu Ihrer Schwester?«, frage ich direkt und denke an das, was Nihal mir erzählt hat.
    Ein kurzes Zögern. »Ich habe sie sehr geliebt«, sagt Kerim dann. »Natürlich hatten wir auch mal unsere Meinungsverschiedenheite n …«
    »Was für Meinungsverschiedenheiten?«, hake ich nach.
    »Ach, das Übliche«, winkt Kerim ab. »Unter Geschwistern gibt es immer eine gewiss e … Konkurrenz. Du kennst das sicher.«
    »Ich bin Einzelkind.«
    »Oh.«
    »Was würden Sie sagen, welche Eigenschaft hat Yasmin besonders ausgezeichnet?«
    »Zielstrebigkeit«, antwortet Kerim sofort. »Es war immer ihr Traum, Ärztin zu werden, anderen Menschen zu helfen.«
    Eine Heilige also, denke ich. Aber du mochtest sie nicht, oder? Warum? Leider kann ich ihn das nicht fragen.
    »Können Sie mir von einem besonderen Erlebnis erzählen, das Sie mit Yasmin hatten?«
    »Ja, als ich die Abschlussprüfung zum Bürokaufmann bestanden habe, da hat sie ein Vier-Gänge-Menü für mich gekocht. Den ganzen Tag hat sie deswegen in der Küche gestanden.«
    Ich wette, du hast dich nie richtig dafür bedankt, denke ich. Hast du deshalb solche Schuldgefühle? Du kannst mir ja nicht mal in die Augen sehen, während du über sie sprichst.
    »Was würden Sie Yasmin sagen wollen, wenn Sie die Möglichkeit hätten, noch einmal mit ihr zu sprechen?«, frage ich gespannt.
    Kerim fixiert mich. Endlich ist da eine Lücke in seiner Rüstung. Einen Moment fühle ich mich ihm seltsam verwandt: Ich kann den Schmerz und die Schuld und die Wut in seinen Augen sehen. Ihre Intensität trifft mich mit voller Wucht, wie ein Faustschlag gegen das Brustbein.
    »Ich verspreche dir, Yasmin«, sagt Kerim langsam, »ich finde deinen Mörder.«

Ziggy
    E: »Siehst du, Mohn . – Das ist genau das, was Old Bob mit Babylon meinte: Streit, Misstrauen und Angst. Die Menschen sind unfähig, einander zu verstehen. Als würden sie nicht dieselbe Sprache sprechen.«
Z: »Dabei sind wir doch alle Brüder und Schwestern. Eine Gemeinschaft. Und ein Zebra, das von seiner Herde getrennt wurde, stirbt in der Wildnis. Ja, ja, lass die Sprüche stecken, Elmar.«
    Nach dem Streit am Baggersee schnitten die anderen mich. Wenn Philipp mir in der Schule über den Weg lief, schaute er durch mich hindurch, als wäre ich Luft. Die beiden Mädchen nickten mir zwar grüßend zu, aber sie redeten nicht mehr mit mir. Vielleicht hatten sie Angst, dass mein merkwürdiges Verhalten ansteckend sein könnte.
    Nach dem Unfall hatte ich gedacht, nichts könnte schlimmer sein als dieses Erlebnis. Aber ich hatte mich geirrt: Mit diesem Erlebnis allein zu sein, war noch schlimmer.
    Ich kam mir vor wie ein Ausgestoßener.
    Es war schlimm, mit niemandem mehr über den Unfall sprechen oder die Angst wegen Mose teilen zu können. Aber am meisten machten mich die Blicke fertig, die Philipp, Judith und Anouk sich zuwarfen, wenn sie glaubten, ich würde es nicht merken. Als wäre ich der heimliche Erpresser! Als trauten sie mir zu, bei der nächstbesten Gelegenheit mit einem Plakat über den Schulhof zu rennen, auf dem stand: Ich bin einer von Yasmins Mördern.
    Bei Old Bob, ich wünschte,

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