Zebulon
abzunehmen, wie er brauchte, um selbst auf die Goldfelder abzuhauen.
Die Zeit verging, und Plug fiel immer tiefer in eine dunkle Lethargie. Unfähig, die nötige Energie zur Ausführung seines Plans aufzubringen, zog er sich in einen abgesperrten Bereich seines Verstandes und in ein trotziges Schweigen zurück, das er nur durch wahnsinnige Lachkrämpfe und weitere Drohungen an die Adresse seiner wahren Geliebten Lucy Goosey brach.
Der Direktor blieb auf distanzierte und doch bedrohliche Weise ständig präsent. Gelegentlich reiste er mit seiner Frau für ein paar Wochen nach San Francisco, um der Eröffnung einer Oper oder einer Music Hall beizuwohnen oder sich den Geschäftsleuten aus dem Osten zu empfehlen, die nach und nach die Stadt unter sich aufteilten. Nach seiner Rückkehr sahen die Gefangenen ihn oft bei Tagesanbruch im Nachtgewand vor dem Haus stehen und sie durch ein Fernglas beobachten, wie sie über den Fluss ruderten. Einmal, als sie mit erhobenen Rudern am Ufer anlegten, trieben sie an dem Direktor vorbei, der bis zur Hüfte im Wasser stehend badete. Er schüttete sich mit beiden Händen Wasser über den Kopf, lächelte und winkte ihnen zu.
Plug fasste Zebulon am Arm. »Schau dir diesen schleimigen Bastard an. Er weiß, was ich im Schild führe. Und dich hat er auch im Visier, als Komplizen. Er wird uns die Köpfe abhacken, daran denkt er gerade. Und sie vor dem Gerichtsgebäude auf Stangen stecken. Als Warnung an alle Unzufriedenen.«
Als sie an dem Abend zurückruderten, sahen sie den Direktor und seine Familie in einer Hängematte schaukeln, die unter einer Eiche ausgespannt war. Large Marge stand diensteifrig vor ihnen und wartete darauf, dass sie mit dem Schaukeln aufhörten, damit sie ihnen Kekse und Limonade auf einem Silbertablett anbieten konnte. Der Direktor trug cremefarbene Leinenhosen und einen langärmeligen, blau und weiß gestreiften französischen Pullover, seine Frau ein knöchellanges weißes Kleid. Ihr Sohn saß sichtlich missvergnügt zwischen ihnen, als sei ein Ameisenheer dabei, in seinen Matrosenanzug zu kriechen.
An Feiertagen veranstaltete der Direktor verschwenderische Picknicks, an denen die Elite der Stadt teilnahm. Man ließ längs des Flussufers Drachen steigen, und eine Kapelle aus Sacramento oder Sonoma spielte muntere Marschmusik und schottische und irische Jigs. Bei der Feier zum fünfzigsten Geburtstag des Direktors lief sein Sohn als kleiner George Washington mit langer weißer Perücke und Generalsmütze am Flussufer entlang und warf mit Steinen nach den Gefangenen, die langsam zum Gefängnisschiff zurückruderten. Als Zebulon von einem Stein an der Stirn getroffen wurde, feierte die Kapelle die Treffsicherheit des Knaben mit einem triumphierenden Trommelwirbel und einer Hornfanfare, und die Gäste klatschten dem Jungen für seinen Mut und seine Spontaneität Beifall.
Plug lachte hysterisch, dann schrie er:
»Vorwärts, Christi Streiter,
in den heiligen Krieg.
Denn die Kreuzesfahne
führet uns zum …«
Weiter kam er nicht, denn ein Wärter schlug ihm mit dem Schaft seines Gewehrs auf den Hinterkopf.
Kleinere Vergehen wie die von Plug wurden mit einer rituellen Auspeitschung oder einem einwöchigen Aufenthalt im Kerker bestraft, einem stickigen, mit Wasser und Exkrementen gefüllten schwarzen Kabuff in den tiefsten Eingeweiden des Schiffs.
Fluchtversuche wurden wie aufrührerisches Handeln bestraft. Als ein Wärter einen entflohenen Miwok-Pferdedieb aufspürte, der sich außerhalb der Stadt am Boden eines Plumpsklos versteckt hatte, wurde der unbelehrbare Heide an Händen und Füßen gefesselt und gezwungen, für den Rest des Tages auf Deck zu stehen und über sein Schicksal nachzudenken.
Wenige Minuten vor Sonnenuntergang erklang dann ein Trommelwirbel, während der Direktor, gefolgt von Bent, auf der Poop erschien. Unter ihnen waren die Gefangenen angetreten – die Männer vor den Frauen, die Wärter hinter ihnen in Paradeuniform mit präsentiertem Gewehr –, und der Miwok wurde mit Hilfe mehrerer quietschender Blöcke an der Bordwand herabgelassen. Zehn Minuten später befahl der Direktor, den Gefangenen an Bord zu hieven, stellte jedoch fest, dass er noch atmete.
Erschüttert wandte sich der Direktor an Bent. »Wir sind Zeuge einer Intervention Gottes oder, der Himmel bewahre uns, Luzifers geworden. Die einzige moralische Lösung für diesen elenden Heiden besteht darin, ihn noch einmal unterzutauchen. Überlebt er das auch, ist es der Wille
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