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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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aus.«
    Neben ihnen zuckte und zappelte Plug in einem Alptraum mit Armen und Beinen, seine Schreie weckten die übrigen Gefangenen, auch die Frauen auf der anderen Seite des Schotts. Alle fingen an zu schreien und an die Trennwand zu trommeln, überzeugt, dass da jemand umgebracht oder vergewaltigt wurde.
    »Ich sag Plug, rühr um Suppe ganz langsam«, sagte Lu. »Aber er nix hör. Er mach zu schnell und bös Ding passier.«
    Er seufzte, dann griff er hinüber und drückte Plug den Daumen in den Hals, bis er ohnmächtig wurde.
    Er wartete, bis sich die anderen wieder beruhigt hatten, dann sprach er weiter.
    »Brechen wir aus?«, fragte Zebulon. »Oder kochen wir Essen oder was?«
    »Erst Suppe.« Lu nickte zu Plug hin, der die Augen geöffnet hatte. »Dann Plug brech aus. Dann gesetzlos Mann, Chinamann, alle brech aus. Nix jetzt. Später. Jetzt nix. Sehr schwierig, nix.«
    Plug setzte sich auf. »Wenn du mich noch einmal mit deiner Dreckpfote anfasst, schneid ich sie dir ab und fütter die Fische damit.«
    Lu blickte über die Reihen der schlafenden Gefangenen und überlegte.
    »Gut Idee.«
    Er glitt zu seiner Koje zurück, so lautlos und geistergleich, wie er gekommen war.
    »Sag nichts über nichts zu niemand«, sagte Plug zu Zebulon. »Und bleib mir verdammt noch mal vom Leibe, bis die Suppe auf dem Ofen überkocht. Ich bin zu früh gesprungen. Dieser verdammte Chinese hat mir das falsche Signal gegeben.«
    Er drehte sich auf die andere Seite und schlief wieder ein.
    Als ob auch sie in Lus Plan eingeweiht wäre, drehte Large Marge drei Tage später völlig durch. Genauer gesagt, sie wurde zur Furie. Sie arbeitete im Haus des Direktors, wie schon seit über einem Jahr regelmäßig, als Abigail, die Frau des Direktors, sie anschrie, sie solle gefälligst die Koch- von der Buntwäsche trennen und alle Kleidungsstücke zusammenlegen – sie also nicht einfach in eine Schublade stopfen, sondern säuberlich stapeln, Socken und Unterwäsche hier, Pullover und Hemden da. Falls sie sich dieser Aufgabe nicht gewachsen sehe, könne man sie jederzeit austauschen.
    »Soll mir recht sein«, sagte Large Marge, packte das Bügelbrett, knallte es Abigail vor den Kopf und schlug ihr zwei Schneidezähne aus. Dann tobte sie durchs Haus, warf mehrere Fenster ein und zertrümmerte einen Chippendale-Tisch, bis man sie schließlich stellte – da schaukelte sie in einer Hängematte am Fluss und trank den hundert Jahre alten spanischen Brandy des Direktors aus der Flasche.
    Am nächsten Abend mussten die Gefangenen antreten, und der Direktor sah von der Poop auf sie hinab. Lu und Plug war es gelungen, sich rechts und links von Zebulon zu postieren.
    »Suppe ist am Kochen«, flüsterte Plug. »Jetzt muss ich mich um diesen kaltherzigen Hurensohn kümmern.«
    Noch bevor Large Marge über die Bordwand gehievt werden konnte, scherte Lu unversehens nach hinten aus und brach zusammen. Er trommelte mit den Händen aufs Deck, verlangte laut schreiend auf Chinesisch Gerechtigkeit, Erlösung und eine Schiffspassage nach Shanghai, bis zwei Wärter ihn packten und gewaltsam unter Deck bugsierten.
    »Jetzt geht alles Schlag auf Schlag«, sagte Plug. »Er muss nur noch seine Ketten abstreifen und den Korken ziehen.«
    Large Marges gewaltige Leibesfülle wurde Zentimeter für quietschenden Zentimeter an der Bordwand herabgelassen. Als sie auf halber Höhe war, zog Lu unter Deck den Stöpsel, Wasser strömte machtvoll in den Rumpf, und schon bald begann sich das Schiff nach Steuerbord zu neigen. Die Seile, mit denen Large Marge gefesselt war, gaben nach, und mit einem lauten Schrei stürzte sie senkrecht ab und landete in einem Dory, das am Heck festgemacht war.
    Von da an passierte alles auf einmal.
    Zebulon hielt sich an der Reling fest, während Bent an ihm vorbeirutschte, den Mund zu einem lautlosen Schrei aufgerissen, das Holzbein im rechten Winkel abgespreizt. Die Gefangenen fielen ebenfalls über Bord. Einige gingen unter, andere kletterten in das Dory oder schwammen ans Ufer. Plug stieg eine Leiter zur Poop hinauf und stürzte sich mit einem Schlachtermesser fuchtelnd auf den Direktor, der ihn jedoch ins Bein schoss. Das konnte ihn aber nicht aufhalten. Er packte den Direktor um die Taille, und zusammen vollführten sie einen grotesken Tanz, bis Plugs Bein einknickte und er über das Deck rollte und über Bord fiel.
    »Jetzt sterb oder rühr Suppe«, sagte Lu, der neben Zebulon aufgetaucht war. Er war völlig nackt und so klapperdürr, dass man

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