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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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geeigneteren Zeitpunkt warten müssen.«
    Zebulon nickte und sah auf eine Rassel, die auf dem Schreibtisch des Direktors lag.
    »Sergeant Bent sagt mir, sie ist Blackfoot«, sagte der Direktor. »Andere tippen auf Ute oder Crow.«
    »Lakota Sioux«, erwiderte Zebulon. »Sie verwenden sie, um zu Wakan Tanka zu beten, ihrem Großvatergeist. Wenn sie ein Problem zu lösen haben, nehmen sie sie mit in eine Visionsgrube.«
    »Ich habe von derlei Dingen gehört. Haben Sie eine Vorstellung, wie lange diese Visionssuchen dauern?«
    »Ein paar Tage. Manchmal eine Woche. Manchmal noch länger.«
    »Primitiv, doch lobenswert«, sagte der Direktor. »Und wenn wir glauben wollen, was wir über das Verhalten der Ureinwohner hören, auch ziemlich mystisch. Ihre Suche, Mister Shook, wird jedoch, so leid es mir tut, von ganz anderer Art sein. Ihre Visionsgrube wird eine finstere Stätte der Schuld und des Elends sein, ein Ort des Kummers und der Buße, gemäß den Geboten unseres Herrn Jesus Christus, ein Ort, an dem die Zeit, wie ich bereits angedeutet habe, irgendwann endgültig zum Stillstand kommt, wenn Sie fleißig genug sind.«
    Er machte Bent ein Zeichen, und dieser zitierte aus dem Gedächtnis: »›Da nahm ihn sein Herr, und legte ihn ins Gefängnis, da des Königs Gefangene innen lagen; und er lag allda im Gefängnis. Aber der Herr war mit ihm, und neigte seine Huld zu ihm, und ließ ihn Gnade finden vor dem Amtmann über das Gefängnis. Denn der Herr war mit Joseph, und was er tat, da gab der Herr Glück zu.‹ Erster Mose 39, Vers 20 bis 23.«
    Der Direktor nahm seine Brille ab und massierte den Rücken seiner Adlernase. »Es ist meine Überzeugung, dass selbst die Labilsten und Bösesten unter uns Erlösung erlangen können, Mister Shook.«
    Er machte Bent ein Zeichen, und dieser riss mit beiden Händen an Zebulons Fußfesseln, sodass dieser mit dem Gesicht voran hinstürzte.
    »Haben Sie irgendetwas zu gestehen, bevor Sie in Ihre Unterkunft gebracht werden?«
    Zebulon schüttelte den Kopf.
    »Gut. Schweigen ist nicht nur Gold, es ist auf diesem Schiff auch zweckmäßig.«
    Der Direktor zog seine Stiefel an. »Halten Sie sich an die Vorschriften, wenn Sie überleben wollen. Auch nicht die geringste Äußerung von Unmut, Egoismus oder Feindseligkeit wird geduldet. Die leiseste Neigung zu Chaos oder Anarchie oder jeder Art von Trickserei wird bemerkt und geahndet. Ich verweise Sie erneut auf das Alte Testament. Jede Falschaussage und jede säuerliche Miene wird mit Zwangsjacke und Knebel bestraft. Wenn Sie sich in Diebstahl, Gewalttätigkeit oder Insubordination ergehen, werden Sie ausgepeitscht und für unbestimmte Zeit an eine Wand gekettet. Jeder Fluchtversuch oder auch nur die kleinste Abweichung von Ihrem vorgeschriebenen Tagesablauf hat zur Folge, dass Sie an einem Block aufgehängt werden, dergestalt, dass nur die Fußspitzen leicht den Boden berühren. Beim zweiten Versuch werden Sie so über die Bordwand des Schiffs gehängt, dass nur noch die Nasenlöcher über Wasser sind.«
    Der Direktor stand auf und klatschte in die Hände. »Ordnung. Fleiß. Reinlichkeit. Das ist die Trilogie, der wir dienen, Mister Shook. Andernfalls stünden wir vor dem Abgrund. Wie es im Buch der Bücher heißt: ›Was der Mensch sät, das wird er ernten.‹ «
    Bent nahm eine Flasche Brandy von einem Beistelltisch, füllte zwei Gläschen und reichte eines Zebulon, das andere dem Direktor.
    »Das Schicksal hat uns nach Sacramento verbannt, Mister Shook. Übrigens ein Name, der ›Sakrament‹ bedeutet, ein Bekenntnis zu einem heiligen Eid oder, wenn Sie so wollen, einem Bund zwischen Gott und dem Menschen. Dies ist Ihr letztes Trankopfer für zwanzig Jahre oder jedenfalls so lange, bis Ihr Aufenthalt bei uns zu Ende geht.«
    Er hob das Glas: »Auf die Erlösung.«
    Als sie getrunken hatten, nahm der Direktor seine Spielkarten aus dem Elfenbeinkästchen und legte eine Patience. Bent und einem Wärter, der an der Tür gestanden hatte, blieb es überlassen, Zebulon auf das Gefängnisschiff zu bringen.
    Der Wärter, den Bent Snake Eyes nannte, war ein bleichgesichtiger junger Mann mit einem nur zögernd sprießenden Schnurrbart. Am Fluss angelangt, bekräftigte Snake Eyes seine Autorität, indem er mit seinem Gewehr gegen Zebulons Beine schlug und ihn mit dem Gesicht voran in das kleine, flachkielige Boot stieß, das als Fähre zum Gefängnisschiff diente.
    Zebulon musste rudern, Bent und Snake Eyes saßen ihm gegenüber.
    »Du bist also

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