Zebulon
wo ein kleiner, kahlköpfiger Mann in einem blutbefleckten weißen Kittel auf einem Billardtisch stand. Er war an Händen und Beinen mit Gürteln gefesselt, und um seinen Hals lag ein Strick, dessen anderes Ende Elijah sich um den Bauch gebunden hatte.
»Deine Zähne sind durch und durch verfault«, schrie der Doc, »jeder einzelne. Ich sag dir, lass mich gehen, und du kriegst neue Beißer von mir, umsonst.«
Elijah riss an dem Strick, sodass der Doc heulend in die Knie brach.
»Mach dir keine Gedanken um den kleinen Kieferbrecher«, sagte er. »Der hat bloß Schiss, dass er hier nicht mehr lebend rauskommt.«
»Ma ist unter der Erde«, sagte Zebulon.
»Unter der Erde?« Elijah setzte sich auf und schüttelte den Kopf.
»Erschossen, als ich und Hatchet zu ihr rauf sind, um ihr mit den Fellen vom Winter zu helfen. Du warst ja weg, also sind wir nach Broken Elbow geritten. Da war plötzlich die Hölle los, wie so ein Bürohengst sie über’n Tisch ziehen wollte und sie einen fairen Preis verlangt hat.«
»Geschäftstüchtig war sie noch nie.«
Er stöhnte und biss sich auf die Unterlippe. »Hatchet wollte es mir sagen, aber er ist nicht dazugekommen: Ich hab ihn weggejagt, weil er mich mit einem Pferd bescheißen wollte. Der hat doch tatsächlich den Nerv gehabt wiederzukommen, aber ich hab mitten in einer Pechsträhne gesteckt, ein schlechtes Blatt nach dem andern … dann hab ich ein Full House, und irgend so ein wolfsäugiger Wilder teilt eine Karte von der Unterseite aus und hat einen Straight Flush gegen mein Full House. Ich bin mit ihm rausgegangen, und dann weiß ich nur noch, dass ich in einem stinkenden Graben aufgewacht bin.«
Elijah fiel der Kopf auf die Brust, und Zebulon dachte, er sei tot.
»Deine Ma und ich hatten auch unsere guten Zeiten«, flüsterte Elijah schließlich. »Die Wahrheit ist, dass sie mich lieber heute als gestern aus dem Haus hatte … und als aufrechter Mann, der ich immer gewesen bin, hab ich ihr den Gefallen getan.«
Er sah auf. »Hat sie wenigstens noch den einen oder anderen von diesen Ladenschwengeln umgenietet?«
»Ja, sie hat sieben oder acht erledigt«, log er. »Vielleicht sogar noch mehr.«
»Sie hat schon immer besser geschossen als du oder ich.«
Zebulon gab Elijah den Whiskey und den Tabak, und der freute sich und trank und kaute gleichzeitig.
»Ich hab mir immer vorgestellt, dass ich noch ein letztes Mal nach Hause zurückgehen würde«, sagte Elijah. »Und ihr zur Versöhnung einen großen Sack Goldstaub mitbringen. So viel, dass sie sich ein paar schöne Sachen davon hätte kaufen können. Gott segne sie. Jetzt werde ich sie ja bald wiedersehen.«
Vom anderen Ende des Raums ließ sich eine Stimme vernehmen. »Also, wenn das nicht Zebulon Shook ist. Das letzte Mal hab ich dich gesehen, wie du von dem Teufelsschiff gesprungen bist, und dann hab ich mich nach San Francisco durchgeschlagen.«
Plug saß zusammengesackt am Tresen und hielt sich mit beiden Händen einen Schlangenbiss am Knöchel. Eine Klapperschlange ringelte sich kaum einen halben Meter von ihm und schwenkte aufgeregt den Kopf hin und her.
Plug zeigte auf ein Wandbild, das sich auf ganzer Länge hinter dem Tresen erstreckte. »Wie gefällt dir denn das Gemälde, Zebulon?«
Das Bild zeigte mehrere Szenen: Man sah Zebulon, der mühsam von einem verschneiten Berg herabgeritten kam, dann ritt er über ein Hochplateau, verfolgt von einem Trupp galoppierender Reiter. Das letzte Bild zeigte einen Schoner unter vollen Segeln in einem aufgewühlten Meer. Auf anderen Szenen sah man San Francisco nach der Brandkatastrophe, einen in großen Lettern gedruckten Steckbrief für Zebulon Shook und schließlich Zebulon beim Sprung von einem sinkenden Gefängnisschiff in ein Flammenmeer.
»Die haben mich gut bezahlt für das Kunstwerk«, sagte Plug. »Wenn ich hier raus bin, male ich deine Geschichte von Hangtown bis Mariposa, und, wer weiß, vielleicht sogar bis heim in den Osten.«
Elijah lud das Sharps-Gewehr, spannte den Hahn und legte auf Plug an.
»Halt, nicht!«, schrie Plug. »Ich muss noch die Szene mit euch beiden malen. Dann werden die Leute von überallher kommen. Diese Stadt wird nie mehr dieselbe sein. Mein Wort drauf.«
Er schrie auf, als die Schlange ihm die Zähne in den Fuß grub.
Elijah richtete das Gewehr auf die Schlange, dann auf den Doc. Da er sich nicht entscheiden konnte, ließ er es auf den Boden fallen.
Zebulon hob es auf. »Ich finde das Sharps nicht besonders. Der Schaft
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