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ZECKENALARM IM KARPFENLAND

ZECKENALARM IM KARPFENLAND

Titel: ZECKENALARM IM KARPFENLAND Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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Sapper tauchte nicht mehr auf. Dann machte sich der späte Besucher auf die Suche. Im Flur musste er nur den schnarchenden Geräuschen nachgehen. Johannes Sapper lag angezogen auf dem Rücken in seinem Bett und sägte, was das Zeug hielt. Seine Jacke lag am Boden. Eine Tür des Kleiderschrankes stand offen. Der Schlafende grunzte wie ein Schwein, wälzte sich in seinem Bett herum und drehte sich, ohne aufzuwachen, auf den Bauch. Das Schlafzimmer stank nach Bier und Schnaps.
    Der dunkel gekleidete Mann, der neben Johannes Sappers Bett stand und auf den Schlafenden herabsah, konnte sein Glück kaum fassen. Den ganzen Abend hatte er erfolglos versucht, unbeobachtet an sein Opfer heranzukommen, um ihm seine kleinen Lieblinge unterzuschieben. Wochenlang zermarterte er sich das Gehirn, wie er es anstellen sollte, diesem stinkenden Schmarotzer seine kleinen Blutsauger nahe zu bringen, und nun machte ihm Johannes Sapper das Leben so einfach. Er griff in seine Hosentasche und holte das kleine Glasbehältnis hervor, in dem drei seiner winzigen Zecken munter herumkrabbelten. Der Zeckenmörder zog sich dünne Latexhandschuhe über und schraubte das Glas auf. Dann schob er den Zeige-, und Mittelfinger der linken Hand in den Hosenbund des Schlafenden und hob sowohl den Bund der Unterhose, als auch den Bund der Jeans wenige Zentimeter an. In der rechten Hand hielt er das offene Schraubglas und kippte langsam und vorsichtig die drei Hyalomma-Zecken zwischen den Ansatz der mächtigen Arschbacken des Schnarchenden. Er schraubte das Glas wieder zu und ließ es in seiner Hosentasche verschwinden. Dann nahm er die am Boden liegende Jacke vom Fußboden auf, hängte sie ordentlich über einen Kleiderbügel und verstaute sie im Kleiderschrank. Daraufhin schloss er die Türe des Möbelstückes, verließ das Schlafzimmer und knipste noch das Licht aus. Im Wohnzimmer nahm er die beiden Schnapsgläser, sowie die halbleere Williams-Christbirne-Flasche und brachte sie an ihren Ursprungsort zurück. Er sah sich nochmals in der Küche und im Wohnzimmer um, betätigte die beiden Lichtschalter, und trat in den nun dunklen Flur. Dumpfe, gleichmäßig wiederkehrende Schnarchgeräusche drangen aus dem geschlossenen Schlafzimmer. Vorsichtig tastete er sich in der Dunkelheit des Flurs zur Haustüre, öffnete sie und trat ins Freie. Kein Mensch war zu sehen, kein Geräusch war zu vernehmen. Leise drückte er die Haustüre ins Schloss. Der dunkle Nachthimmel war wolkenlos. Tausende Sterne glitzerten über ihm. Der fahle Halbmond hatte einen Hof. Das Wetter würde sich bald ändern. Regen war angesagt, doch das war ihm egal. Er hatte seinen Plan ausgeführt. Es lief alles besser, als gedacht. Nahezu perfekt. Nein nicht nahezu perfekt. Alles war perfekt gelaufen. Nun mussten seine kleinen Lieblinge nur noch ihre Arbeit verrichten. Sie waren sicherlich schon dabei, sich die Servietten umzubinden. Er musste bei diesem Gedanken lächeln. Das Wochenende hatte einen guten Anfang genommen. Morgen würde er seinen Erfolg fortsetzen. Morgen würde ihn niemand stören, wenn er beim Galopprennen in Bad Doberan auf seine Geheimfavoriten setzen würde. Die Eventualquoten für seinen Geheimtipp lagen hoch. Das hatte er schon geprüft. Morgen würde er endlich mal wieder abkassieren. Mit diesen Gedanken löste er sich aus der dunklen Hofeinfahrt, trat auf die Amselstraße hinaus und verschwand lautlos in der Nacht.
Röttenbach, am Tag nach der Geburtstagsfeier, Samstag, 18. August 2012
    Um vierzehn Uhr weckten Johannes Sapper die Sonnenstrahlen, die ab und zu zwischen dunklen Regenwolken bis in sein Schlafzimmer durchdrangen. Er stöhnte. Sein Kopf fühlte sich an wie eine tickende Zeitbombe kurz vor der Explosion. Heftige Schmerzwellen jagten mit der Geschwindigkeit eines unterseeischen Tsunamis von einer Schläfe zur anderen und wieder zurück, um sich schließlich in seinem Hinterkopf festzusetzen. Er öffnete zuerst das linke Auge, um es sofort wieder zu schließen. „Nie mehr Schnabbs!“, gelobte er sich in seinem Elend. Nach weiteren fünf Minuten unternahm er den ersten Versuch aufzustehen. Sein Kreislauf spielte verrückt und er blieb noch eine weitere Viertelstunde auf seinem Bett sitzen, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, den malträtierten Kopf in den Händen haltend. Er konnte sich ab dem Zeitpunkt, da er in den Röttenbach gepinkelt hatte, an absolut nichts mehr erinnern. Filmriss. Wie war er bloß nach Hause gekommen? Wie hatte er das Schlüsselloch

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